Wolnzach
Für die Zukunft planen, damit der Dorfcharakter bleibt

Fachplanerin Barbara Hummel stellt Details aus der Geroldshausener Dorfanalyse vor

23.06.2021 | Stand 23.09.2023, 19:20 Uhr
Wolfgang Kollmeyer
Gebäude wie dieses prägen das Dorf Geroldshausen, aber auch die alte Mühle wird jedoch schon längst nicht mehr als solche genutzt. −Foto: Kollmeyer

Geroldshausen - Ergebnisse zur vom Markt Wolnzach beauftragten Dorfanalyse hat das Stadtplanungsbüro Hummel/Kraus am Samstag in Geroldshausen präsentiert - und das vor großem Publikum: Rund 100 Dorfbewohner hörten zu, im zweiten Schritt sind nun sie selbst gefragt: Sie sollen Ideen, Anregungen und Wünsche sammeln und sich einbringen, damit ihr Dorf sich entwickelt und gleichzeitig seine Identität bewahrt.

In sechs Blöcke hatte Stadtplanerin Barbara Hummel ihren Bericht aufgeteilt, nämlich in Siedlungsentwicklung und Siedlungsstruktur, Bauleitplanung und Innenentwicklung, Gebäudetypologie und Baustile, Freiräume und Grünstrukturen, Mobilität und Gemeinschaftsleben und auch um die Frage, wozu es überhaupt so eine Dorfanalyse braucht. Sie stelle keine Planung vor, "sondern die Sicht der Planer von außen auf das Dorf ". Es gehe darum, mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen, um deren Meinung zu erfahren, damit sie in die gemeinsame Planung mit einfließen könne.

Das Dorf sei im Umbruch durch demografischen und gesellschaftlichen Wandel; die Lebensweise, das Miteinander, Wohnen und Arbeiten, der Alltag, die Landwirtschaft, Natur, Landschaft und die Mobilität würden sich verändern und dadurch auch das Dorf. Und die Bevölkerung solle die Möglichkeit bekommen, die zukünftige Entwicklung mit zu planen. Die Analyse versuche, herauszuarbeiten, was ortstypisch ist, hinterfrage den Umgang mit ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesen, untersuche das flächensparende Vorgehen mit Grund und Boden auch im Hinblick auf nachhaltiges Wirtschaften, schaue, ob Einfamilienhäuser die zukünftig einzige Nutzung seien und wie zukünftig Generationen leben werden.

Geroldshausen sei historisch aus drei Orten (Nieder-, Mitter-, Obergeroldshausen) zusammengewachsen und geprägt als Haufen- und Straßendorf ohne echte Ortsmitte, die gefühlt allenfalls bei den beiden Kirchen spürbar sei. Als Stärken des Dorfes erkannten die Planer eine maßvolle Entwicklung, eine wenig ausufernde Einfamilienhaus-Bebauung und die Innerortsverdichtung; als Schwächen eine teilweise zusammenhanglose Ausdehnung des Ortes, den drohenden Verlust ortsprägender landwirtschaftlicher Anwesen, untypische Einfamilien- oder Doppelhäuser, den Rückgang dörflicher Nutzungsmischung und den Verlust dörflicher Gärten und Wiesen.

Der Flächennutzungsplan definiert Geroldshausen als "Dorfgebiet" mit einem typischen Miteinander landwirtschaftlicher Betriebe, Wohnen und nicht-störenden Handwerks, mit Einzelhandel und Gastronomie. Bebauungspläne und Satzungen zur baulichen Entwicklung für Geroldshausen hätten allerdings bislang kein gesamtheitliches Konzept gehabt, Baurecht sei nur zum Teil realisiert, so dass innerörtliche Baulücken bestehen. Eher auch auf der Minusseite notieren die Planer die immer deutlicher werdende Trennung von Wohnen und Arbeiten und die Gefahr, dass sich dadurch der Gebäudecharakter im Ort verändert.

Der Ort sei ursprünglich geprägt durch ein- bis zweigeschossige Häuser mit Satteldach, die giebel- oder traufseitig zur Straße stehen, was charaktervolle, ortsprägende Gebäude und stattliche Hofstellen ergibt. Neubauten jedoch würden häufig keinen Bezug mehr zum regionalen Baustil haben, während ortsprägende Gebäude abgerissen werden. Geroldshausen ist begrenzt durch freie Bachauen, die laut Hummel "wichtig für das Kleinklima sind". Der Übergang am Ortsrand in die Landschaft sei locker gestaltet durch Nebengebäude, Bäume und Gehölze, doch es drohe ein Verlust von Wiesen, Gärten und Streuobstwiesen. Neue Gärten würden oft so gebaut, dass die Häuser durch hohe Hecken oder Zäune abgeschottet werden und die Kommunikation beeinträchtigt sei.

Beim Thema Mobilität sei inzwischen das Auto das wichtigste Verkehrsmittel, der öffentliche Personennahverkehr sowie Fuß- und Radwege würden vernachlässigt, so dass Kinder, Jugendliche und Senioren verkehrstechnisch abgehängt seien. Und da ein Dorf Gemeinschaftsleben braucht, aber die Möglichkeiten dafür immer mehr zurückgingen, müsse auch hier entgegengewirkt werden: "Ein Dorf ohne Dorfleben ist kein Dorf mehr."

WZ

Wolfgang Kollmeyer