Für die Werte unserer Demokratie Gesicht und Flagge zeigen

14.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:40 Uhr

Zu "Wir sind Eichstätt" am Residenzplatz (EK vom 14. September):Anstand ist ein Begriff, dem oft der Ruch des Altmodischen anhängt.

Dabei beinhaltet er sehr vieles, was für den Umgang miteinander in einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich ist. In den vergangenen Jahren ist gerade in der politischen Debatte - und insbesondere in den sogenannten sozialen Medien - deutlich geworden, dass dieser Anstand an vielen Ecken bröckelt. Ein Indiz dafür ist, dass es inzwischen Politiker selbst im Bundestag wagen, das früher Undenkbare zu tun: offen gegen Menschen ausschließlich wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer Behinderung oder ihrer sexuellen Orientierung zu agitieren oder die Gräuel des Nationalsozialismus zu verharmlosen.
Umso erfreulicher ist es, dass sich in Eichstätt binnen weniger Tage ein breites Bündnis gefunden hat, das am Montag machtvoll zeigen will, dass die überwältigende Mehrheit der Menschen in unserer Stadt für etwas anderes steht: für Toleranz, für ein friedliches Miteinander, für einen respektvollen Umgang mit anderen Menschen.
Die Geschwindigkeit und die Dynamik, mit der sich dieses Bündnis gefunden hat und immer noch findet, ist ein Beleg dafür, dass es vielen Eichstättern ein dringendes Anliegen ist, als starke Zivilgesellschaft für etwas einzustehen. Egal ob Trachtler oder Jugendfeuerwehren oder Pfadfinder, ob politisch sonst Grüne, Rote, Schwarze, Gelbe: Am Montag wollen sie gemeinsam zusammenstehen. Die sonst heftig geführten Auseinandersetzungen des Wahlkampfes und die unterschiedlichsten Meinungen zur Tagespolitik (die für eine Demokratie unerlässlich sind) stehen zurück, wenn es um grundlegende Werte geht. Ich kann mir gut vorstellen, dass der eine oder andere dabei erst einmal einen inneren Schweinehund überwinden musste: Was, mit denen gemeinsam? Dass so viele Menschen dennoch bereit sind, solche Hürden zu überspringen, zeigt, dass sie verstanden haben, wo-rum es geht: um das Leben in unserer Stadt.
Mein größter Respekt gilt deswegen den Organisatorinnen und Organisatoren von "Wir sind Eichstätt", die dieses bisher einmalige Bündnis geschmiedet haben. Ich kann mir nur wünschen, dass am Montag möglichst viele Eichstätter auf den Residenzplatz kommen und friedlich miteinander für die Werte unserer Demokratie Gesicht und Flagge zeigen. Sehr gerne auch mit den Flaggen unserer bayerischen Heimat und der Bundesrepublik Deutschland. Denn diese sind unsere sichtbarsten Symbole für Freiheit, Gemeinsamkeit und Offenheit, die man sich nicht von Rassisten und Volksverhetzern wegnehmen lassen sollte.

Umgekehrt wünsche ich mir als Eichstätter Bürger, dass Parteien und Politiker, die offen rassistisch agieren und gegen unser demokratisches Miteinander agitieren, irgendwann als Fliegenschiss in die deutsche Geschichte eingehen.

Stephan Lina

Eichstätt