Frustsaufen endet vor dem Amtsgericht

24.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:24 Uhr

Hilpoltstein (luf) Sie trinken schon öfters mal, ne" Die Frage von Amtsrichterin Birgit Eckenberger wollte der Angeklagte nicht ganz ablehnend beantworten: "Ab und zu ja, aber nicht jeden Tag." Am fraglichen Augustnachmittag hatte der Gelegenheitstrinker dafür umso tiefer ins Glas geschaut. 3,28 Promille ergab die Blutprobe, "das macht Ihnen so schnell keiner nach", attestierte die Richterin in der gestrigen Verhandlung vor dem Schwabacher Amtsgericht. Vor allem würden sich wohl die wenigsten in diesem berauschten Zustand noch aufs Mofa wagen, vermutete die Staatsanwältin Kerstin Rachinger. "Andere wären mit diesem Wert nicht einmal in der Lage, überhaupt zum Auto zu laufen."

Zum Auto wollte der 47-jährige Hilpoltsteiner aber auch nicht, nachdem er in seiner Heimatstadt kräftig gezecht hatte. Nur aufs Mofa, um zu seiner Großmutter ins 500 Meter entfernte Altenheim zu fahren. In der Zwingerstraße stoppte ihn jedoch die Polizei: allgemeine Verkehrskontrolle. Wegen seiner Fahrweise war der Mann nicht aufgefallen. Auch sonst hatte er quasi keine Ausfallerscheinungen, wie der spätere Arztbericht bestätigte.

Dabei trank der Mann an diesem unglückseligen Tag doch eigentlich um zu vergessen. "Das war der Frust", sagte der Angeklagte, "normalerweise trinke ich nicht so viel." Es hatte sich eine ganze Menge Frust angestaut. Erst stritt er mit seiner Freundin, dann ging er ins Gasthaus, um dort zu essen. Dort wurde er vom Grund des Streits mit seiner Lebensgefährtin auf- und heimgesucht: Der Liebhaber der Freundin kam herein – und verabreichte ihm eine kräftige Watschen. Das nahm der Mann zum Anlass, sich dem Schnaps hinzugeben, bevor er zur pflegebedürftigen Oma, um die er sich vor deren Zeit im Altenheim gekümmert hatte, aufbrach.

Inzwischen habe sein Mandant das Mofa verkauft, sagte Rechtsanwalt Wolfgang Meier. "Er will gar nicht erst wieder in Versuchung kommen." Außerdem sei ein Termin mit dem Blauen Kreuz bereits ausgemacht. "Er schlägt den richtigen Weg ein". Seitdem er sich wegen der Freundin sogar Selbstmord begehen wollte und deshalb im Krankenhaus auf der Intensivstation landete, habe er seine Situation überdacht und sei dabei, einiges im Leben zu ändern.

Dieser Hoffnung schlossen sich auch Staatsanwältin und Richterin an. Eckenberger folgte dem Plädoyer der Staatsanwältin, die eine viermonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert hatte. Der Angeklagte hatte acht Eintragungen im Bundeszentralregister, vornehmlich wegen Trunkenheit im Verkehr und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Allerdings reichten diese bis in die 70er Jahre zurück. Nach der Jahrtausendwende trat er nur noch zweimal in Erscheinung.

"Es ist löblich zu hören, dass er den Weg zum Blauen Kreuz eingeschlagen hat", gab die Richterin dem Angeklagten eine Chance auf Besserung. Da er trotz seines Alkoholpegels mit dem Mofa gefahren war, habe er sich selbst am meisten gefährdet. Als Bewährungsauflage muss der arbeitslose Maurer 70 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, seinen Führerschein, der ihm noch drei Monate entzogen wird, erhält er frühestens nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren wieder. "Sie müssen an sich arbeiten", sagte Eckenberger dem Angeklagten, "das wird ein langer Weg."