"Frühreif" eine rundum reife Leistung

15.05.2007 | Stand 03.12.2020, 6:45 Uhr

Bergheim (DK) Eine überzeugende und überaus amüsante Vorstellung lieferte die Bergheimer Theatergruppe mit ihrem Stück "Frühreif".

Ihre ungläubigen Blicke sprechen Bände. Was Papa jetzt schon wieder hat? Omas Pullunder und einen Schlamperrock bis zu den Knöcheln soll Sonja tragen, wenn sie zum Baden gehen will. Was Debütantin Lisa Riedl (15) als 14-jähriges Töchterchen Sonja Mühlbach auf der Bühne des Bergheimer Komödienstadels in der Dorfhalle zeigt, ist eine rundum reife Leistung, die am Ende mit begeisterten Pfiffen des ohnehin bestens mitgehenden Publikums belohnt wird. Ob Staunen, Verwirrung, Schalk oder gespielte Lüsternheit aus ihren Augen blitzt – Riedls Mimik und Gestik sind einfach köstlich.

Kameras und Wanzen

Kaum weniger Applaus erhält Papa Georg Mühlbach, in dessen Hippiekostüm inklusive Hawaiihemd Hans Liepold geschlüpft ist. Was tut ein geplagter Vater nicht alles, um seine vermeintlich "frühreife, alkohol- und nikotinsüchtige, kriminelle" Tochter zu schützen! Nachdem ihn eine Zeitungsmeldung über die 14-jährige Mutter Ute L. in ein Wechselbad der Gefühle gestürzt hat, legt Mühlbach los, verkleidet sich, wird damit unfreiwillig zum Stiefbruder seiner Frau und verbündet sich sogar mit der "größten Unruhestifterin und Tratschtante des Ortes", dem Fräulein Leonore Buchmeier (Monika Böhm). Was Mama Gisela Mühlbach – Nicola Vogelsang überzeugt als bodenständige, resolute Hausfrau mit reichlich trockenem Humor – sich nur in den schlimmsten Träumen ausmalt, ist für die Buchmeierin Standardausrüstung: Überwachungskameras, Abhörgeräte, Nachtsichtgerät und Insekten, pardon Wanzen.

Auch Teenie Sonja zieht alle Register, nachdem sie in dem zudringlichen Hippie, den sie im Schwimmbad vermöbelte, ihren Vater erkannt hat. Von wechselnden Liebschaften, Rauchen, Trinken, freier Liebe bis hin zum positiven Schwangerschaftstest mit mehreren in Frage kommenden Vätern, spielt sie ihrem Vater den Supergau vor. Zwischen die Fronten gerät Regisseur Hans Bauer, der als gutmütiger Nachbar Ulf Klein doch nur die Waschmaschine repariert hat, dabei aber in Haifisch verzierten Boxershorts über die Bühne und durchs Fenster hüpft, was ihm Sonder-applaus einbringt.

Neben der Buchmeierin landet auch Lilo Klein (Martina Seitle) unterm Tisch, der wie Vorhang und Sofa zum Versteckspiel herhalten muss, was von den übrigen Akteuren mitunter durchschaut und ins Spiel einbezogen wird. Wohltuend unaufgeregt steht Debütant Dominik Gerstner als Sonjas Freund Manuel zwischendrin in diesem heiteren Verwirrspiel. Dafür gebührt dem Ensemble samt Regisseur und Souffleuse Nicole Würzburger höchstes Lob und Manuel das Schlusswort: "Das Wichtigste ist die Liebe".