Ingolstadt
"Früher waren wir wie eine große Familie"

Reaktionen auf die Ankündigung eines massiven Sparprogramms in der Ingolstädter Zentrale von MediaMarktSaturn

30.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:50 Uhr
Bild aus früheren Zeiten: Zur Eröffnung des neuen Marktes in der Eriagstraße 2014 kamen hunderte Kunden, gleichzeitig wurden in der Zentrale hunderte Stellen gestrichen. −Foto: Rössle/Archiv

Ingolstadt (DK) Die Nachricht, dass in der Ingolstädter Zentrale von MediaMarktSaturn hunderte Stellen gestrichen werden, sorgte am Dienstag für erhebliches Aufsehen. Die Reaktionen im Überblick:

Das sagt die Belegschaft: Gerappelt voll war dem Vernehmen nach am Dienstagmorgen die Kantine auf dem Campus an der Eriagstraße in Ingolstadt. Die Unternehmensführung hatte alle Mitarbeiter eingeladen - und die Belegschaft kam in Scharen. "So still war es auf einer Mitarbeiterversammlung noch nie", berichtet ein Teilnehmer. "Die Stimmung war ernst, überall hat man betretene Gesichter gesehen." Dass die Lage mehr als kritisch ist, das sei schon vorher klar gewesen. "Aber weil intern kaum Kommunikation stattfindet, gab es bisher nur Flurgespräche und Gerüchte. Jetzt herrscht immerhin Gewissheit." Für manche Kollegen sei die Situation nun schlimmstenfalls existenzbedrohend. Vor allem, weil es dem anderen großen Arbeitgeber in Ingolstadt, Audi, derzeit auch nicht so gut gehe. Für die Zukunft hält der langjährige Mitarbeiter den CEO Ferran Reverter für den richtigen Mann. "Er hat alte Zöpfe abgeschnitten, der Weg ist frei für Veränderungen. Und er hat als Spanien-Chef schon bewiesen, dass er es kann. Die dortige Landesgesellschaft hat er kurz vor der Insolvenz so vehement umgebaut, dass sie jetzt sehr gut läuft." Reverter habe in Spanien klar den Kunden in den Mittelpunkt gerückt. Bei der Versammlung habe es auch einen Frage-und-Antwort-Teil gegeben. "Bei dem haben wir zum Teil Phrasen gehört, die wir schon aus der Vergangenheit kennen." Jetzt könne man nur hoffen, dass es nicht weitere Sparprogramme gebe. Die Einschnitte träfen die Kollegen auch deshalb so hart, weil sehr viele schon Jahrzehnte an Bord sind. "Die Loyalität zum Unternehmen ist extrem hoch. Früher waren wir wie eine große Familie."

Das sagt die

Betriebsratsvorsitzende: Sylvia Woelke, Vorsitzende des Betriebsrats der Media-Saturn-Holding und Mitglied im Aufsichtsrat, wollte sich am Dienstag gegenüber unserer Zeitung nicht ausführlich äußern. Schriftlich teilte sie mit: "Da die Situation für unsere Mitarbeiter sehr herausfordernd ist, erbitten wir uns die notwendige Ruhe, um vertrauensvoll und im Sinne unserer Kollegen mit dem Arbeitgeber zu verhandeln." Seit gestern befinde sich der Betriebsrat in intensiven Gesprächen mit dem Arbeitgeber, wie der angekündigte Sparplan sozialverträglich umgesetzt werden könne.

Das sagt Ingolstadts

OB Christian Lösel (CSU): Für ihn sind die Stellenstreichungen keine Überraschung: "Das hat sich in den letzten Wochen abgezeichnet", sagte Lösel. "Meine Gedanken sind bei den Familien. So etwas ist nicht leicht zu schultern. Wir hoffen, dass der Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich abgeht." Dennoch habe man aktuell sozusagen Glück im Unglück: "Der Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig", so Lösel. Aktuell sei man dabei, in Ingolstadt einen neuen Typus von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen anzusiedeln, etwa in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Biosensorik und Urbane Mobilität.

DK

Verena Belzer, Sebastian Oppenheimer