New York
Front gegen den "Deal-Maker"

Die bayerische Wirtschaft kritisiert Donald Trump und wirbt in New York für den freien Handel

14.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr

Im altehrwürdigen New Yorker University Club gegenüber dem Trump-Tower stellte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt eine Studie vor, wonach Hunderttausende US-Jobs vom freien Handel alleine mit Bayern abhingen. - Foto: Paul/vbw

New York/München (DK) US-Präsident Donald Trump setzt auf Strafzölle und Protektionismus, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Dass er damit auf dem Holzweg ist, versuchten nun Vertreter der bayerischen Wirtschaft in New York amerikanischen Unternehmern und Politikern klar zu machen.

Immerhin damit hat Donald Trump Recht: Wer durch New York flaniert, sieht auf den Prachtstraßen der Metropole tatsächlich viele Fahrzeuge deutscher Hersteller: Limousinen und SUVs von Mercedes, BMW und Audi sind bei den Wohlhabenden rund um die Fifth Avenue offensichtlich außerordentlich beliebt. Der US-Präsident will das ändern. Schon im Wahlkampf versprach er: "Amerikanische Autos werden auf den Straßen fahren und amerikanischer Stahl wird neue Wolkenkratzer hochziehen."

Derlei ist kein Appell an die Bewohner seiner Heimatstadt - die New Yorker sind im Zweifel eher weltoffen, liberal und wähá †len die Demokraten. Trumps Klientel sitzt im Mittleren Westen und musste in den vergangenen Jahrzehnten miterleben, wie es mit dem eigenen Wohlstand stetig bergab ging. "Früher wurde auf dem Land das Haus jedes Jahr gestrichen, und vor der Garage stand immer ein neuer Chevrolet", erzählt ein US-Unternehmer mit deutschen Wurzeln, der Trump und seiner Politik grundsätzlich viel abgewinnen kann. "Heute bröckelt der Putz", fügt er hinzu. Ganze Landstriche verarmten.

Dabei sind die USA die größte Volkswirtschaft der Welt. Doch Experten ist klar: Die USA sind auch wirtschaftlich krank. Auf der einen Seite Unternehmen von Weltrang wie Apple oder Microsoft. Auf der anderen Seite: Marode Infrastruktur und Unternehmen, die auf dem Niveau vergangener Jahrzehnte produzieren - Produkte, die längst nicht mehr weltmarktfähig sind. Die USA leben auf Pump, verschulden sich Jahr für Jahr um enorme Summen.

Als Deutschland zu Anfang des Jahrtausends wirtschaftlich die rote Laterne in Europa drohte, haben Unternehmen und Politik begonnen, ihre Hausaufgaben zu machen. Heute ist Deutschland Europas Wirtschaftslokomotive, vielerorts herrscht Vollbeschäftigung. Trump macht seine Wähler glauben, dass in den USA eine solche Rosskur nicht nötig sei - im Gegenteil, die USA würden lediglich von ihren Partnern ungerecht behandelt, so Trump. Besonders auf die Deutschen hat er sich eingeschossen, zuletzt drohte er Unternehmen wie BMW oder Mercedes-Benz hohe Strafzölle an. Das müsse sich ändern, dann sei alles wieder gut.

Doch so einfach, wie Trump sich das vorstellt, dürfte es nicht werden. Entfacht er durch Maßnahmen wie jetzt durch die Strafzölle auf Stahl und Aluminium tatsächlich einen Handelskrieg, werden auch die USA selbst zu den Verlierern gehören. Das geht aus einer Studie hervor, die der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Wirtschaft (vbw), Bertram Brossardt, zusammen mit dem Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Michael Hüther, diese Woche in New York vor dortigen Unternehmern, Finanzexperten und Politikern präsentierte.

Für Bayerns Wirtschaft sind die USA immerhin der wichtigste Handelspartner: 2017 exportierten die Unternehmen aus dem Freistaat Waren und Dienstleistungen im Wert von 21,5 Milliarden Euro, dagegen kamen lediglich Waren für 11,6 Milliarden Euro aus den USA. Zudem haben bayerische Unternehmen in keiner anderen Volkswirtschaft der Welt mehr investiert als in den USA: mehr als 62 Milliarden Euro. So sichern die Firmen aus dem Freistaat in den Vereinigten Staaten mehr als eine halbe Million Jobs und stehen für 0,5 Prozent der gesamten US-Wertschöpfung.

"Ich verstehe die Politik hinter America first", sagte Brossardt. "Jeder Politiker ist dafür gewählt, zunächst das Beste für sein Land zu wollen. Aber Handelsbeziehungen zu gefährden, dafür fehlt mir das Verständnis". Derlei richte sich nicht gegen die USA, so Brossardt, "wir müssen vielmehr die notwendigen Dinge zusammen tun". Ungleichgewichte bei Stahl etwa, die durch China verursacht würden, müssten durch gemeinsame Maßá †nahmen gegen China reguliert werden - nicht durch das Anstoßen eines Handelskrieges zwischen den USA und der EU.

Der bayerische Aufschlag in New York fand dort große Zustimmung. Selbst Unternehmer und Experten, die der Politik Trumps nahestehen, reagierten positiv auf die Untersuchung. "Wir brauchen Studien wir ihre, geben Sie nicht auf", befand einer. Ein anderer indes zeigte sich skeptisch, dass es möglich sei, Trump von seinen Ideen abzubringen: "Erwarten Sie nicht, dass er auf Berater hört, dass er Zeitung liest oder Papiere - und seien es nur fünf Seiten. Genau das macht ihn so mächtig."

Auch den Republikanern nahestehende Unternehmer zeigten sich über Trumps Strafzölle entsetzt: "Die Republikaner sind eigentlich die Freihandels-Jungs." Trump könne all dies nur tun, weil ihm der von den Republikanern dominierte US-Kongress das gestatte. Und er gebe halt den "Deal-Maker". "Trumps Art ist: Dem anderen ins Gesicht schlagen, sich hinsetzen, verhandeln."

Dass die restliche westliche Welt sich derlei nicht gefallen lassen werde, machte Brossardt deutlich: Bayerns Wohlstand etwa speise sich in erster Linie aus dem Handel mit den USA, an zweiter Stelle stünde aber bereits China. "Politisch verstehe ich Trump", befand auch Wirtschaftsforscher Michael Hüther, "ökonomisch nicht". Seine Warnung an die Amerikaner war dann auch glasklar: "Die Welt nach Trump wird eine andere sein als zuvor." Will heißen: Trump stoße zwar viele strukturelle Veränderungen an, die jetzt in den USA vielleicht Beifall bekämen. Doch irgendwann müssten die Amerikaner mit den Folgen ihres Tuns zurecht kommen.