Ingolstadt
Frischzellenkur für alte Songs

Wieder auf Tour: Haindling spielen im Ingolstädter Theaterfestsaal so dynamisch wie perfekt auf

19.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:45 Uhr

Heiterkeit, Witz, Melancholie: Hans-Jürgen Buchner (Mitte) und seine Haindling-Kollegen. - Foto: Löser

Ingolstadt (DK) „Ich kenne das Lied zwar nicht, aber dem Klang nach muss es von Haindling sein.“ – Wer mit einem eigenen, unverwechselbaren Sound bei seinem Publikum einen derartigen Status erreicht hat, hat wahrlich Großes vollbracht. Hans-Jürgen Buchner und seine Band Haindling sind mit Songs wie „Paula“ oder „Lang scho nimmer gsehn“ über mehr als drei Jahrzehnte permanent medial präsent, und es vergeht fast kein Fernsehabend, an dem nicht irgendeine Melodie Buchners beteiligt ist.

Das ist toll, kann aber auch irgendwann zum Problem werden. Dann nämlich, wenn die Frage auftaucht, ob eine Steigerung noch möglich ist oder man besser beraten ist, das Erreichte fürderhin ohne Gesichtsverlust lediglich noch zu verwalten.

Haindling gehen beim Konzert im ausverkauften Theaterfestsaal einen Mittelweg und liegen damit goldrichtig. Ein paar für das breite Publikum unverzichtbare Nummern werden in kurzformatigen Mitklatsch-Versionen abgehandelt und somit abgehakt, die meiste Zeit über jedoch ruht sich die Band keinesfalls auf den erreichten Lorbeeren aus. „Der Depp“, der textlich schon immer allererste Sahne war, erfährt per zeitlich ausgedehnter Coverversion eine exzellente Frischzellenkur und ist das Highlight des gesamten Abends, die Ausflüge in die Abteilung Filmmusik entführen das Auditorium in den Bereich „Sound & Vision“, das um den Hit „Spinn i“ herum konstruierte Medley entfaltet eine Dynamik, die man den alten Songs gar nicht mehr zugetraut hätte. Und wenn Buchner den Mond ansingt, übers Hutzlmandlverstecken und die Modelleisenbahn sinniert, das Rezept für einen im Labor gefertigten Chemie-Kuchen vertont oder bei kollektiver Fingerschnipserei über den Inhalt eines Weinkellers rappt – dann ist das in höchstem Maße amüsant, witzig und vor allem abwechslungsreich.

Die Dramaturgie des Abends ist überragend. Vermeintliche Regieanweisungen Buchners bieten einen herrlichen Kontrast zu den perfekt gespielten Musikstücken, in denen das für Haindling unverzichtbare und deswegen auch stets präsente bayerische Element kombiniert wird mit allem, was sonst noch irgendwo tönt auf unserem Planeten. Die lockere Präsentation Buchners, die Nachdenklichkeit, die Melancholie, die Heiterkeit, der Witz, die positive Grundstimmung und – ganz wichtig – die optische Präsentation ergeben ein durchwegs hervorragend konzipiertes und für das Publikum kurzweiliges Konzertereignis, das, nimmt man den Beifall als Maßstab, auch bestens ankommt.

Ja, man bekommt schon was geboten für sein Eintrittsgeld, nicht nur Qualität, sondern auch Quantität. Nach dem regulären Zweistundenprogramm, das stilvoll mit dem Weckruf der Tenorhörner startet und mit Buchners ganz eigener Fassung einer Bayerhymne endet, folgt noch ein 40-minütiger Zugabenblock. Das alles bedeutet für Buchner nicht nur psychische, sondern auch höchste physische Anstrengung, was aber anscheinend für ihn überhaupt kein Problem darstellt.

Der Mann ist immerhin 70. Auch dafür: Alle Achtung!