Nürnberg
Friede, Freude, Eierkuchen

Frank Behnke inszeniert Shakespeares Komödie "Wie es euch gefällt" am Staatstheater Nürnberg

26.04.2018 | Stand 23.09.2023, 3:02 Uhr
Wie frei sind wir wirklich? Frank Behnkes Ensemble formiert sich zum Happy End. −Foto: Foto: Bührle

Nürnberg (DK) Revolution im Zeichen der Liebe: Frank Behnke schickt Orlando und Rosalinde bei der Premiere von Shakespeares "Wie es euch gefällt" zur Liebesdemonstration in den Ardenner Wald.

Mit der Parole "Make Love Great Again" will sich die Neuinszenierung am Staatstheater Nürnberg gegen gefühlskalte Populisten à la Trump wehren. Die lustigen Liebesrebellen feiern das glückliche Ende mit einem Selfie im Forst. Das Premierenpublikum hat besonders die Leistungen des spielfreudigen Ensembles mit Beifall bedacht. Extra-Applaus haben die Titelhelden Rosalinde (Josephine Köhler) und Orlando (Julian Keck) bekommen.

Mehr als ein bisschen Aufrütteln will Regisseur Behnke leider nicht. Eine komödiantische Lunte legen für einen tatsächlichen Umsturz will seine Version von Shakespeares Utopie für das freie Leben nicht. Stattdessen setzt Behnke auf eine Welt aus Sex und Fun, die er mit Kuschelrock aus dem verstaubten CD-Regal untermalt.

Den amourösen Ringelreigen lässt Behnke mit einer Demonstration beginnen. Orlando fordert auf einem Transparent Gerechtigkeit. Der Despot auf dem Königsthron schickt Orlando in den Ringkampf. Während in dem Unrechtsreich alle rote Fahnen schwenken, fliegt Orlando, den Julian Keck zunächst als Softie im roten Strickpulli präsentiert, unter dem Bühnenhimmel als Underdog zum Sieg. Angefeuert wird Orlando von den heißen Blicken der Rosalinde, die sich selbstredend Hals über Kopf in den Champion verknallt. Letzterem geht es nicht anders. Eigentlich hätte Shakespeare jetzt die Komödie beenden können. Tut er natürlich nicht und lässt die frisch Verschossenen getrennt voneinander in den Wald fliehen. Diesen lässt Peter Scior (Bühne) aus Absperrgittern, wie sie die Polizei gegen Demonstranten einsetzt, in den Himmel wachsen. Auf diesem wackligen Gerüstwald treffen die Verbannten aufeinander.

Um die Verwirrung perfekt zu machen, steckt der Dichter seine fliehende Heldin in Männerklamotten. Rosalinde nennt sich fortan Ganymed und betätigt sich als Paartherapeutin und Heiratsvermittlerin. Orlando schreibt derweil voller Liebeskummer den Namen seiner Herzdame mit Pinsel und Farbe an jeden Baum. Shakespeare hat in seiner berühmten Vorlage aus dem Jahr 1599 den Ardenner Wald als arkadischen Schauplatz der Utopie vorgestellt, in der Narren, Philosophen und Verliebte in freier Natur aufeinandertreffen. Regisseur Frank Behnke inszeniert die Suche nach alternativem Leben und Lieben als Kuschelrockparty mit einem bisschen Hippie-Romantik. Zum öffentlichen Love-in mit Haschisch und Gruppensex kommt es aber nicht. Der 1962 geborene Behnke ist schließlich ein geistiges Kind der 80er. Deshalb plätschert wohl auch Chris Isaak aus den Boxen.

Zur Kultschmonzette "Wicked Game" dreht sich "Make Love Great Again" in Verballhornung des Trump'schen Wahlslogans um den utopischen Gerüstwald. Auf dem klettern die Schauspieler derart wild umher, dass sich so mancher Zuschauer um die Sicherheit der Mimen auf der Bühne ernsthafte Sorgen machte. Mittendrin schwenkt Frank Damerius als Ex-Hofnarr Touchdown die Nebelmaschine. Dazu darf Jacques (hervorragend Heimo Essl) die berühmten Worte des Autors - "Die ganze Welt ist eine Bühne, und alle sind bloß Spieler" - vortragen. Später hat auch noch die Heldin ihren glamourösen Pop-Moment. Rosalinde im weißen Glitzergewand darf Madonna a cappella zum Besten geben. Mehr Verbeugung vor der Hochglanzwelt des Pop geht kaum. Das Motiv dahinter verschwindet allerdings im Rauch der Nebelmaschine.

Frank Behnke war von 2000 bis 2010 leitender Schauspieldramaturg und Stellvertreter von Schauspieldirektor Klaus Kusenberg, der sich zum Ende der Spielzeit nach Regensburg verabschiedet. Insofern ist diese Neuinszenierung sicher auch als ein melancholisches Geschenk an die Vergangenheit der Kusenberg-Ära zu verstehen, die Behnke entscheidend mitgeprägt hat.

Termine bis 18. Juli. Karten unter (0180) 1344276. .

Nikolas Pelke