Freudiges Wiedersehen nach 64 Jahren

03.06.2009 | Stand 03.12.2020, 4:55 Uhr

Nach 64 Jahren trafen sich Georg Ascher (li.) aus Pierheim und Günter Rehbein (re.) wieder. Während des II. Weltkriegs waren sie eine Zeit zusammen und erlebten miteinander die Not und das Elend des Kriegs. Viele Geschichten gab es nach so vielen Jahren zu erzählen. - Foto: Hamperl

Pierheim (hpo) Ein freudiges Wiedersehen gab es am Pfingstsonntag für Georg Ascher aus Pierheim und seinen Freund Günter Rehbein aus Herten. Nach 64 Jahren standen sich beide wieder persönlich gegenüber. Nach dem Krieg hatte Georg Ascher über den Suchdienst von der Adresse seines Freundes erfahren. Nach schriftlichen Kontakten war es nun Zeit für einen persönlichen Besuch. Mit Bildern und Geschichten ließen sie die damals nicht einfache Zeit Revue passieren.

Georg Ascher hat seine Erlebnisse während des zweiten Weltkriegs in einem kleinen Buch niedergeschrieben. Darin beschreibt er auch, wie er seinen Freund Günter Rehbein und dessen Geschwister und Mutter kennen gelernt hat. Georg Ascher war als Soldat in das jetzige Polen gelangt.

Als die Rote Armee die deutschen Treppen überrannt hatte, gab sich der 18-jährige Soldat als 15-jähriger Junge aus Bayern aus, um der russischen Gefangenschaft zu entgehen. Immer wieder wurde er von russischen Soldaten aufgegriffen und nur durch viel Glück entkam er der Gefangenschaft.

Während der Zeit im Winter und Frühjahr 1945, in Falkenwalde, jetzt Polen, musste Georg Ascher für die russische Armee arbeiten. Hauptsächlich wurden Schützengräben und Bunker ausgehoben. Bei dieser Tätigkeit traf er erstmals auf seinen Leidensgenossen Günter Rehbein.

Wegen einer Schießerei musste er seine Arbeit unterbrechen und Deckung suchen. Als alles vorbei war, war seine Arbeitsgruppe und auch sein Freund verschwunden. Durch glückliche Umstände fand Ascher bei einer Familie Unterschlupf. Laut eines Befehls der Russen mussten alle Deutschen die Ortschaft verlassen.

Auch Georg Ascher machte sich auf den Weg. In dieser Karawane waren meist Frauen, Kinder und alte Männer unterwegs. In diesem Flüchtlingstreck traf er wieder auf Günter Rehbein mit seinen zwei Geschwistern und seiner Mutter. Ascher schloss sich ihnen an. Die kleine Familie Rehbein und Georg Ascher setzten sich von dem Treck ab und wanderten auf Feldwegen zurück nach Frankenwalde.

In leeren Häusern fanden sie ausreichend Platz zum Übernachten. Da die Lebensmittelversorgung sehr schlecht war, kümmerten sich die Menschen selbst um die Beschaffung. Da durch Frankenwalde eine Nachschubstrecke verlief, kam es dazu, dass einmal ein Lkw anhalten musste. Dies nutzten Georg Ascher und Günter Rehbein aus, kletterten auf die Ladefläche und deckten sich mit gutem Speck ein. Doch das Glück währte nicht lange. Durch russische Soldaten wurden Rehbeins Mutter und Georg Ascher zum Arbeiten in ein anderes Dorf gebracht. Am Abend durfte nur Rehbeins Mutter nach Frankenwalde zurückkehren. Die anderen und so auch Georg Ascher mussten in dem anderen Dorf bleiben. Ab hier trennten sich die Wege von Georg Ascher und Günter Rehbein. Die beiden hatten wohl nicht damit gerechnet, dass es Jahrzehnte dauern würde, bis sie sich wiedersehen würden. Es ist sicherlich gut vorstellbar, dass sie sich nach 64 Jahren viel zu erzählen hatten.