Bamberg
Freisprüche im Prozess um Todesfälle in Seniorenresidenz

13.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:45 Uhr
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in ihrer Hand. −Foto: David Ebener/dpa/Symbolbild

In einem Altenheim sind Bewohner unter dubiosen Umständen gestorben. Angehörige machten sich Vorwürfe, die Angeklagten verloren ihren Ruf und ihre Arbeit. Nun steht fest: Die Vorwürfe waren aus der Luft gegriffen.

Freisprüche im Prozess um die rätselhaften Todesfälle in der Seniorenresidenz Gleusdorf: Der ehemaligen Heimleiterin, dem Pflegedienstleiter und einem Arzt sei keine Schuld nachzuweisen, urteilte das Landgericht Bamberg am Freitag. „Der Rechtsstaat lebt nicht davon, dass er auf Biegen und Brechen verurteilt“, sagte der Vorsitzende Richter.

In dem Altenheim im unterfränkischen Landkreis Haßberge starben von 2011 bis 2016 mehrere Bewohner unter dubiosen Umständen. In mehr als 50 Fällen wurde ermittelt, fünf Fälle umfasste am Ende die Anklage. Die drei Heimmitarbeiter standen unter anderem wegen Totschlag durch Unterlassen in einem Fall, versuchter Totschlag durch Unterlassen in zwei Fällen und Misshandlung von Schutzbefohlenen vor Gericht.

„Es war nicht Aufgabe des Gerichts, Missstände in der Seniorenresidenz Gleusdorf aufzudecken“, sagte der Vorsitzende Richter. „Ich möchte aber behaupten, dass wir die Fälle aus der Anklage sehr gründlich aufgeklärt haben.“

Hauptanklagepunkt war der Tod eines Heimbewohners nach einem Sturz aus seinem Bett: Er hätte ein Hämatom im Gesicht gehabt, hohes Fieber bekommen und kaum mehr getrunken. Die Pflegekräfte hätten aber ohne Erlaubnis keinen Arzt rufen dürfen. „Dafür hat es keinen Beweis gegeben“, sagte der Vorsitzende Richter. Als der angeklagte Arzt laut Anklage dann doch zur Visite gekommen sei, habe er den Patienten trotz des Verdachts einer Lungenentzündung nicht in ein Krankenhaus überwiesen. „Es war klar gewesen, dass er stirbt“, schlussfolgerte der Vorsitzende Richter.

Auch die anderen Anklagepunkte waren aus Sicht des Gerichts nicht zutreffend: Demnach starb ein anderer Bewohner nicht durch eine Insulinspritze, ein weiterer Heimbewohner mit Wunden an den Händen bekam Schmerzmittel und die Schreie einer dementen Bewohnerin seien kein eindeutiger Hinweis auf eine Fehlbehandlung gewesen.

Der Vorsitzende Richter sprach auch den Pflegedienstleiter frei, der laut Anklage einen Heimbewohner mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll. „Nachweisbar ist es für uns nicht.“ Der Arzt habe in keinem der Fälle absichtlich einen falschen Todesschein ausgestellt, hieß es weiter.

„Von den Tatvorwürfen bleibt nichts übrig“, erklärte der Vorsitzende Richter. Die drei Angeklagten seien für ihren „Leidensweg“ zu entschädigen. In einem eigenen Verfahren wird nun geklärt, wie hoch die Entschädigung ausfällt. Die Verteidiger kündigten außerdem an, zivilrechtliche Schritte zu prüfen. Das Urteil vor dem Landgericht Bamberg ist rechtskräftig. (Aktenzeichen 1107 Js 10194/16)

dpa