Freiräume für Studenten und Professoren

25.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

Mit wehendem Mantel durch den Hofgarten zum "Dies": Die Gäste warteten schon auf Bischof Gregor Maria Hanke.

Eichstätt (DK) Die Fahnen an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt mit den Forderungen der Studierenden waren zwar verbannt, aber im großen Hörsaal wurden dennoch deutliche Worte gesprochen. Ganzheitliche Bildung mit einem hohen Maß an Wertevermittlung wurde beim Dies academicus gefordert.

"Studium muss mehr sein als das Sammeln von Credit-Points. Studium ist nicht Schule!" In seiner Festansprache bekundete Staatsminister Siegfried Schneider seine Solidarität mit den Studierenden. Der Bologna-Prozess müsse genau evaluiert und gegebenenfalls korrigiert werden. Das sei die Aufgabe des Staates und der Hochschulen. Er dankte den Studierenden, dass sie sich bei ihren Protesten intensiv mit Studieninhalten auseinandergesetzt hätten.

Der Leiter der bayerischen Staatskanzlei hat selbst an der KU noch in der Vorläuferform als pädagogische Hochschule studiert. Der universitäre Bildungsanspruch müsse seiner Meinung nach ganzheitlich und allumfassend sein. Nicht nur der Erwerb von Wissen und Kompetenzen, sondern insbesondere die Entwicklung der Persönlichkeit und das identitätsstiftende Moment spielten in der heutigen Zeit, im Zuge von Globalisierung und Kris, eine bedeutsame Rolle, so Schneider.

Die Frage sei nur: Ist dies im Rahmen eines weitgehend verschulten Bachelor-Studiums überhaupt möglich? Ein Studium müsse so gestaltet sein, dass Studenten Zeit haben, nachdenken zu können, über das, was sie hören. Und es müsse den Professoren Freiraum für solide Forschung lassen, damit sie ihren Studenten auch etwas zu sagen haben.

Wertevermittlung sei in Eichstätt mehr als ein Lippenbekenntnis. Es sei integraler Bestandteil des Selbstverständnisses dieser Hochschule. Dass dies hier unter christlichen Vorzeichen geschehe, sei für eine katholische Universität selbstverständlich. "Und das macht das Profil dieser Hochschule aus", so Schneider.
 
Kultur der Hochschule
 
"Eigentlich bin ich froh, dass das Katholische ins Gerede gekommen ist", erklärte Präsident Prof. Andreas Lob-Hüdepohl in seiner Ansprache. Von einer katholischen Universität dürfte man wohl erwarten, dass sie sich bei allen ihren Mitgliedern wenigstens um einen Hauch von Intellektualität bemühen wird. Auch der Bildungsstreik der Studierenden gehöre nach Meinung des Präsidenten unzweifelhaft zur Kultur einer Hochschule. Und ebenso unzweifelhaft zur Kultur einer katholischen Universität.

Nach schwierigen Zeiten um das Disaster bei zwei missglückten Präsidentenwahlen stehe die Uni jetzt vor großen Herausforderungen: die Schärfung des Forschungsprofils, die Überarbeitung der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge und das Arbeiten an einer neuen Grundordnung. "Aber heute nutzen wir den Festtag unserer Schutzpatronin, der Heiligen Katharina von Alexandrien, um unsere Universität zu feiern", so Lob-Hüdepohl.

Bischof Gregor Maria Hanke, Magnus Cancellarius der KU, betonte, dass es in Kürze auf seine Initiative hin einen Wechsel im Stiftungsrat der KU geben wird. Im Lauf des nächsten Jahres wird der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz, Erzbischof Reinhard Marx, den Vorsitz übernehmen. Hanke: "Wenn die KU Eichstätt-Ingolstadt eine überregionale Bedeutung haben soll, dann muss sie innerkatholisch anders aufgestellt sein. Es wird nicht gelingen, von Eichstätt aus eine Brücke zur deutschen Bischofskonferenz zu schlagen. Wir brauchen diese Unterstützung, damit die KU aus der bloßen regionalen Verantwortlichkeit in eine gesamtdeutsche Verantwortlichkeit hineinwächst. Vielleicht tut sich dann ein Horizont auf, der zum Staunen führen könnte."

"Wir alle sind die Universität. Und die Eichstätter Universität kann mehr als eine reine Ausbildungsstätte sein, wenn sie sich als Gemeinschaft betrachtet", meinte Christopher Knoll, Vorsitzender des Studentischen Konvents, in seiner Rede. Mit der neuen Studienstruktur würde eine Selbstentfaltung im Keim erstickt. Das Ganze erinnere an eine Fabrik mit permanent überprüfter Wissensware.
 
Mut zu neuen Wegen
 
Knolls Stellvertreterin, Tanja Müller, erklärte: "Auf Worte müssen jetzt Taten folgen." Sie forderte mehr Mitbestimmung von Studierenden in Gremien. "Wir haben so viel Potenzial, um als katholische Universität neue Wege zu gehen. Wir müssen nur den Mut dazu haben." Und Christopher Knoll füget schmunzelnd hinzu: "Der Weg in die Internationalität ist ja schon beschritten. Ein Berliner ist nach Bayern gekommen", machte er einen Seitenwink auf den neuen Präsidenten, der von Berlin nach Eichstätt gewechselt ist.

Studierende waren gestern nur vereinzelt im Auditorium zu sehen. "Die Zeit war sehr ungünstig," kritisierte ein Student. Obwohl die Professoren aufgefordert waren, den Studierenden den "Dies" zu ermöglichen, hätten sich nicht alle daran gehalten. "Aber vielleicht ruhen sich einige Studenten auch von dem ganzen Bachelor-Stress einfach aus", meinte ein anderer.