Ingolstadt
Freiheit als "Megathema"

Rede zum Tag der Einheit: Landesbischof übt Kritik am Umgang miteinander in den sozialen Medien

04.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:24 Uhr
Reformationsgedanken im Lechner-Museum: Heinrich Bedford-Strohm, der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche, sprach am Montagabend zum Tag der Deutschen Einheit in Ingolstadt. −Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Zum Tag der Deutschen Einheit sprach der EKD-Ratsvorsitzende und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Vor zahlreichen Gästen aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft machte er sich Gedanken zum Thema "Verantwortete Freiheit. Zur Aktualität der Reformation".

In den Augen des Theologen ein "Megathema unserer Zeit", das zudem in der Bibel und der Reformation einen zentralen Platz einnehme, wie er feststellte. Bedford-Strohm zitierte als Beispiel aus der Heiligen Schrift: "Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit." Ein Bibelvers, den der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sich als Leitmotiv erwählt habe, erfuhren die Zuhörer im Lechner-Museum, das für den Anlass im zweckentfremdeten Untergeschoss einen außergewöhnlichen und zugleich überraschend feierlichen Rahmen bot. Bedford-Strohm zitierte aber auch berühmte Freiheitsverfechter der jüngeren Vergangenheit wie Nelson Mandela und Martin Luther King, um letztlich zu einer zentralen Aussage in seiner Rede zu gelangen: "Freiheit und Verantwortung gehören zusammen." Für Martin Luther sei die Reformation die "Befreiung von der Angst vor Gott, der uns bestraft" gewesen. "Die Menschen wollten ein inneres Gefängnis abwerfen", so Bedford-Strohm.

Freiheit könne aber nicht wirklich Freiheit sein, wenn sie auf Kosten des Nächsten geschehe, so der Geistliche. Vielmehr bedeute Freiheit stets auch den Dienst am anderen und der Gemeinschaft. In dem Zusammenhang erwähnte Bedford-Strohm auch die Begriffe Buße, Sünde und Vergebung und erinnerte an die erste von Luthers 95 Thesen: "Tue Buße". Die Botschaft verband der Landesbischof wiederum mit einem Blick auf die gegenwärtige Situation und nahm sich dabei vor allem den herrschenden Zeitgeist in den sozialen Medien sowie in der Politik vor und rief zu mehr Selbstdistanz und Selbstkritik auf - aus seiner Sicht der passende Gegenentwurf zur derzeit oft gängigen Methode, andere mit Schuldzuweisungen zu konfrontieren. Bedford-Strohm kritisierte in dem Zusammenhang stark den öffentlichen Zuspruch durch Beleidigungen in den sozialen Netzwerken und die "politische Unkultur", eigene Fehler nicht öffentlich einzuräumen. Dafür erhielt er immer wieder kräftigen Zwischenapplaus. Der Theologe war sich sicher: Wer zu seinen Fehlern stehe, der würde nicht medial hingerichtet, sondern erfahre Respekt. Den aufkeimenden Nationalismus bezeichnete er als "Erscheinungsform von Sünde", vom Wohlstand in der Gesellschaft erwarte er, dass auch die schwächsten Glieder von ihm profitierten.

Zum Ende seiner Rede ging Bedford-Strohm auf die Erneuerung der Kirche ein. Diese sei für ihn vor allem eine geistliche. Dabei gehe es darum, die Botschaft des Evangeliums neu zu entdecken. Anknüpfungspunkte hierzu fand der Theologe in der modernen Glücksforschung. Diese sage, der Mensch solle dankbar leben, vergeben und auf seine sozialen Beziehungen achten. Vieles davon finde sich auch in der Bibel wieder, so der Landesbischof.