Nürnberg
Fraunhofer will die Shoppingwelt verändern

Mit awiloc zum Sonderangebot – In Nürnberg entwickelt

28.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:53 Uhr

Karin Loidl. - Foto: Pelke

Nürnberg (HK) Karin Loidl arbeitet im Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS im Nordost-Park in Nürnberg an der Vermarktung der WLAN-Lokalisierung awiloc. Überall dort, wo GPS nicht funktioniert, von Einkaufszentren über Museen bis zu Tiefgaragen, soll awiloc die Navigation ermöglichen. Als Kunde braucht man nur ein einfaches Smartphone. Das System soll auch im „Josephs“, dem neuen interaktiven Showroom der Fraunhofer-Gesellschaft, der im Mai in der Karl-Grillenberger-Straße in Nürnberg eröffnet, getestet werden können. Karin Loidl erzählt, wie die Technik das Einkaufen verändern könnte.

 

Wie verändert das Lokalisierungs- und Positionierungssystem awiloc das Shoppingerlebnis? Gehört der herkömmliche Einkaufsbummel bald der Vergangenheit an?

Loidl: Nein, eher umgekehrt wird ein Schuh daraus. Das Einkaufen wird durch awiloc einfacher und entspannter. Denn die Warenhäuser und Einkaufszentren werden immer größer und dadurch unübersichtlicher. Awiloc macht es einfacher, sich in diesen Megashops zu orientieren. Der schöne Einkaufsbummel kommt trotzdem nicht zu kurz.

 

Sie sind auf der Suche nach dem richtigen Rock und der besonderen Bluse: Wie kann awiloc helfen?

Loidl: Auf zwei unterschiedliche Arten. Erstens: Ich suche eine Bluse, bitte sag mir, wo ich Blusen bekomme. Zweitens: Ich suche einen bestimmten Laden, bitte sag mir, wie ich dort am schnellsten hinkomme. Außerdem kann ich mich noch informieren lassen, welcher Shop in der Nähe die schönsten oder günstigsten Blusen hat. Die meisten Menschen brauchen in großen geschlossenen Räumen eine Grundorientierung. Zum Beispiel: In welcher Etage ist das Geschäft XY. Das funktioniert natürlich alles nur mit einer Anwendung auf dem Smartphone, einer App, für die awiloc die Position liefert.

 

Wie genau ist das System?

Loidl: Awiloc berechnet die Position auf drei bis vier Meter genau. Das System führt mich also nicht zur Bluse in Größe 38. Aber der Mensch ist ja ein Augentier. Das heißt, viel genauer muss das System in der Praxis gar nicht funktionieren. Theoretisch sind höhere Genauigkeiten möglich, aber das ist deutlich aufwendiger.

 

Wie funktioniert die Technik?

Loidl: Für unsere Positionsbestimmung in geschlossenen Räumen nutzen wir die unterschiedlichen Feldstärken von vorhandenen Funknetzwerken wie WLAN-Geräten aus. Awiloc funktioniert dabei ohne einen zentralen Server, der die Position des Nutzers auswertet. Damit ist der Kunde bei awiloc in seiner Privatsphäre geschützt. Nürnberg ist die Testregion für awiloc: Warum wurde ausgerechnet die Frankenmetropole ausgewählt?

Loidl: Natürlich, weil wir vom Fraunhofer-Institut in Nürnberg sind (lacht). Nein, Spaß beiseite. Aber Nürnberg hat wirklich einen besonderen Charme mit seinem schönen Innenstadtkern. In Nürnberg ist alles vereint, was auch in sehr viel größeren und sehr viel kleineren Städten vorhanden ist.

 

Welche Anwendungsmöglichkeiten bietet awiloc noch?

Loidl: Die Anwendungsmöglichkeiten sind prinzipiell unbegrenzt. Der öffentliche Verkehr mit der Bahn und dem Nahverkehr ist ein Schwerpunkt. Der Mensch wird praktisch an der Haustür abgeholt und vom Anfang bis zum Ende seiner Reise durch unser System begleitet. Auch für touristische Zwecke bietet sich awiloc an. Beispielsweise im Museum. Ich stehe vor einem Bild und bekomme die passende Information. Generell eignet sich awiloc in allen geschlossenen Räumen, wo eine Orientierung und Positionsbestimmung sinnvoll ist.

 

Welche Anwendung kann man in Nürnberg schon nutzen?

Loidl: Im Museum Industriekultur kann man unser System schon nutzen. Weitere Museen werden heuer hinzu kommen. Auch im Nürnberger Bahnhof wird es im nächsten Jahr eine Möglichkeit zur Lokalisierung geben. Für Senioren gibt es bald auch eine App, mit deren Hilfe man gezielt über barrierefreie Wege navigieren kann. Und zum Jahresende gibt es auch eine Shopping-App mit awiloc für Nürnberg.

 

Stichwort mp3: Haben Sie nicht Angst, dass das Fraunhofer-Institut wieder die ganze Vorarbeit leistet, aber andere Unternehmen damit dann den großen Reibach machen?

Loidl: Da habe ich keine Angst, mp3 ist ein enormer wirtschaftlicher Erfolg – für den Standort Deutschland und die Fraunhofer-Gesellschaft. Wenn wir daran anknüpfen, wäre das sensationell. Wir haben aber nur das Know-how. Nur in Anführungsstrichen. Das können wir Unternehmen anbieten. Wir liefern also die Technologie und sind auf Unternehmen angewiesen, die unsere Technologien in marktfähige Produkte umwandeln.

Das Gespräch führte Nikolas Pelke.