Frappierende Ähnlichkeit mit dem Grafen

09.09.2008 | Stand 03.12.2020, 5:37 Uhr

Nur der Spitzbart fehlt: Ansonsten ist Tilly-Darsteller Karl Ferstl dem legendären Fürsten fast wie aus dem Gesicht geschnitten. - Foto: Kipfer

Breitenbrunn (DK) Nur der Spitzbart fehlt: Doch ansonsten ist das Konterfei des Breitenbrunner Tilly-Darstellers Karl Ferstl dem Grafen fast aus dem Gesicht geschnitten. Ihm bereite es einen riesigen Spaß, jährlich den hohen Herrn zu spielen, versichert Ferstl.

Wenn jetzt beim Breitenbrunner Tillyfest des Grafen Einzug in Breitenbrunn nachempfunden wird, sitzt hoch zu Ross ein Tilly-Mime, der, wenn man ihn mit zeitgenössischen Darstellungen des echten Tilly vergleicht, diesem Grafen sehr ähnlich sieht. In seinem Stammbaum, so versichert der heute 58-jährige "neue Tilly" Karl Ferstl, seien aber keinerlei Hinweise darauf zu finden, dass es verwandtschaftliche Bindungen gebe. Es hätte ja auch verwundern müssen, da Tilly höchstselbst bekannt hat, "nie etwas mit einem Weibe gehabt zu haben". Seit Beginn der "neuen Tilly-Zeit" im Jahr 1991 gilt Ferstl beim Breitenbrunner Tillyfest als ideale Verkörperung dieser Figur.

Hoch zu Ross

Er sei damals angesprochen worden, erinnert sich der Land- und Forstwirt, ob er nicht als Pferdehalter und Reiter den "hohen Herrn" verkörpern und im Festzug mitreiten könne. Dass er dazu Graf von Tilly noch verblüffend ähnlich sah, sei eigentlich erst später so richtig aufgefallen.

Es mache Spaß, so der Landwirt aus Siegertshofen, wenn er hoch zu Ross einmal im Jahr "Graf spielen" dürfe. "Wenn ich meinen Hut schwenke und die Leute klatschen, ist das ein schönes Gefühl". Sein Pferd, der jetzt 26-jährige Wallach "Axel" – eines seiner insgesamt drei Pferde – sei schon seit seinem ersten Tilly-Ritt mit dabei und lasse sich von all dem Trubel während des Umzuges nicht aus der Ruhe bringen. Das sei sehr wichtig und für ihn selbst beruhigend, so Ferstl, weil er oft durch sehr enge Menschspaliere reiten müsse. Zudem falle der nachgestellte Schlachtenlärm des Dreißigjährigen Krieges oft ziemlich laut aus.

Zum Fest gehört für Ferstl auch, die mittelalterlichen Lager zu besuchen und mit seinen "Untertanen" ins Gespräch zu kommen. Er genieße das gezeigte Gemeinschaftsgefühl und die geschichtsträchtige Vergangenheit.

Wenn Ferstl neben dem Bild des Feldherrn steht, fällt die Ähnlichkeit zum Grafen besonders auf. Fernand Samsoen, ein in Belgien lebender Nachfahre des Tilly-Geschlechts, habe ihn bereits vor Jahren diese Ähnlichkeit angesprochen, erzählt Ferstl. Er selbst sei wohl etwas größer als Tilly, meint Ferstl, aber zur damaligen Zeit seien die Menschen sowieso deutlich kleiner als heute gewesen.

Ferstl freut sich schon aufs kommende Wochenende, an dem er wieder für ein paar Stunden ins Gewand des Feldherrn schlüpfen und den Grafen beim Tillyfest in Breitenbrunn darstellen darf.

Als im Jahr 1624 Johann Tserclaes Graf von Tilly als 65-Jähriger Breitenbrunn besuchte, stand er bereits seit 15 Jahren im Dienst von Kurfürst Maximilian I, der im Jahr 1609 den damals 50-jährigen erfahrenen und in vielen Schlachten erfolgreichen Krieger für seine Dienste gewinnen konnte. Graf von Tilly, in Brabant unweit von Brüssel geboren, wurde bei den Kölner Jesuiten erzogen und erlernte bei Alexander Farese das Kriegshandwerk. Er genoss das Vertrauen seines bayerischen Herrn. Die im Breitenbrunner Rathaus aufbewahrte seidene Kriegsfahne wurde dem Generalleutnant von seinem Fürsten gewidmet. Für seine treuen Dienste schenkte er ihm die Herrschaft über Breitenbrunn, Breitenegg und Kemnathen. In Breitenegg wollte dereinst der Graf seinen Altersruhesitz finden.

Als Graf von Tilly im Jahr 1624 seine Schenkung besuchte, ahnte er sicher nicht, dass er, der erfolggewohnte und siegreiche Krieger acht Jahre später nach einer Verwundung sterben würde. Noch weniger dürfte Tilly aber geahnt haben, dass in diesem Ort sein Andenken noch nach über 370 Jahren so groß gefeiert wird.