Ingolstadt
Frankenstein 4.0

Ein Thema mit Potenzial: Markus Jordan will dem Mythos mit einem Kunstprojekt neues Leben einhauchen

08.01.2021 | Stand 23.09.2023, 16:19 Uhr
Seine Ausstellung"Das Labor" zeigte Markus Jordan in Ingolstadt und Neuburg, wo dieses Foto entstand. Auf diesem Tisch könnte mit etwas Fantasie Frankenstein sein Monster geschaffen haben. Der Künstler will mit einem Frankenstein-Kunstprojekt dazu beitragen, dass Ingolstadt das Potenzial, das dieser Mythos in sich trägt, besser ausschöpft als bisher. −Foto: Hauser

Ingolstadt - Als einer der berühmtesten Ingolstädter gilt der Student Victor Frankenstein aus dem Roman von Mary Shelley. Eine fiktive Gestalt wie das von ihm geschaffene Monster, deren Mythos bis heute nichts an Faszination eingebüßt hat. Mit diesem Pfund könnte Ingolstadt weltweit wuchern - tut es aber nicht in dem Maße, wie es sich weite Teile der Bürgerschaft wünschen. Auch Großinvestor Jürgen Kellerhals oder Manager John Quinn vom Ingolstadt Village haben das schon kritisiert. Der Künstler Markus Jordan will sich nicht damit abfinden, dass Ingolstadt sein Potenzial nicht ausgeschöpft. In seinem einzigartigen Labor brütet und bastelt er seit Jahren an seinem Frankenstein-Experiment.

Jordans düsteres, bis unter die Decke mit Materialien vollgestopftes Atelier in einem Festungsgewölbe des Schutterhofs wirkt gerade so, als würde der Künstler dort an einer Kreatur arbeiten, die zwar nicht aus Leichenteilen, sondern eher aus Schrott und allerhand Metallteilen zusammengesetzt würde. Trotzdem schaudert es den Besucher ein wenig, an diesem ungewöhnlichen Ort, der nur einen Katzensprung vom Romanschauplatz der Hohen Schule entfernt liegt, über Frankenstein zu sprechen. Über eine Idee, an der der 45-jährige Jordan schon lange feilt.

Einen Vorgeschmack bekam das interessierte Publikum bei der Ausstellung "Das Labor", die der Kunstförderpreisträger 2018 in der Theatergalerie zeigte. Eine retrofuturistische Vision mit betörenden, grellen Lichtinstallationen, untermalt mit dissonanten Klängen, und einem Pferdeskelett. Jordan verstand die Schau als Hommage an den legendären Regisseur Fritz Lang und dessen Science-Fiction-Klassiker "Metropolis" aus dem Jahr 1927, der von einem Maschinenmenschen handelt, der die Welt ins Chaos stürzt.

Dieser Dreiklang von Technik, Wissenschaft und Kunst fasziniert Jordan seit jeher - die ideale Untermalung auch für sein Frankenstein-Experiment. Der Künstler hat sogar schon Mitstreiter gewonnen: Der Steampunker und Designer Alexander Schlesier und der frühere Bühnenbildner Konrad Kulke wollen sich an dem ehrgeizigen Projekt beteiligen, das nicht weniger als ein Alleinstellungsmerkmal Ingolstadts darstellen soll.

Denn Jordan denkt nicht an ein Museum oder eine Ausstellung im herkömmlichen Sinne. Ihm schwebt etwas Fantastisches vor, ein magischer Ort, der Träume und Albträume weckt, ein Labor, ein Panoptikum, ein Wunder-Kabinett, das den Besucher ehrfürchtig staunen, aber auch gruseln lässt. "Die Physik eröffnet einem viele Möglichkeiten, magische Momente zu schaffen", erklärt Jordan und fügt hinzu: "Der Humor darf aber auch nicht fehlen."

Passende, leer stehende Örtlichkeiten gebe es zur Genüge in Ingolstadt, meint der Künstler: etwa das Obergeschoss des Dalwigk, das Zeughaus des Neuen Schlosses, die halb verfallene Wunderlkasematte, der Bunker im Scherbelberg oder vielleicht ein Raum im Georgianum. Ihm gehe es gar nicht um teuer sanierte Räumlichkeiten: "Das muss nichts Rausgeweißeltes sein, das kann schon einen verwunschenen Charakter haben", sagt der Künstler. "Es muss auch kein Millionending werden."

Mehrfach schon hat Markus Jordan sein Projekt im Rathaus vorgestellt, mehrfach wurde er vertröstet oder mit Hinweis auf die Kosten abgewiesen. Vor einem Frankenstein-Museum graust es wohl einigen in Kulturkreisen. Doch so etwas Banales, Klischeehaftes hat der Künstler überhaupt nicht im Sinn. Sondern etwas mit Anspruch, ein Experiment, das die Brücke schlägt zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. "Künstliche Intelligenz und Digitalisierung spielen da natürlich mit hinein", sagt Jordan, der sich auch eine Zusammenarbeit mit Audi oder der THI gut vorstellen kann. "Es kann schon sein, dass ein Roboter entsteht."

Auf alle Fälle möchte Jordan sein Frankenstein-Projekt in Ingolstadt realisieren und nicht woanders. "Wir stellen keine Forderungen, wir machen der Stadt ein Angebot", bekräftigt Markus Jordan, der auch überzeugt ist: "Ingolstadt kann mehr. Wenn dir etwas nicht gefällt an deiner Stadt, dann musst du versuchen, es zu ändern." Genau da liegt der Anknüpfungspunkt für seinen neuerlichen Vorstoß, der mit der aktuellen öffentlichen Debatte und einen Runden Tisch über den Prozess einhergeht, einen "Erlebnisraum Innenstadt" zu gestalten.

Was passt dazu besser als ein Frankenstein-Labor? Markus Jordan wäre schon zufrieden über einen ersten Schritt: "Wenn es auf Interesse stößt, werde ich ein sauberes Konzept ausarbeiten und eine Probeausstellung auf die Beine stellen." Er will ja kein Monster schaffen, aber sein Meisterstück soll es irgendwie schon werden.

DK

Suzanne Schattenhofer