Nürnberg
Franken fischt nach Polen

Die Metropolregion will vom Brexit profitieren - Fachkräfte von der Insel locken

04.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:33 Uhr
Eine polnische Arzthelferin wirbt im Internet für Franken. Bislang hat die Metropolregion aber noch nicht vom Brexit profitiert. −Foto: Metropolregion

Nürnberg (HK) Manchmal sind die Franken einfach clever und witzig zugleich. Die Metropolregion Nürnberg ist auf die pfiffige Idee gekommen, Kapital aus dem bevorstehenden Brexit zu schlagen. Mit einer humorvollen Online-Kampagne hat die Metropolregion versucht, polnische Fachkräfte von den britischen Inseln nach Franken zu locken. Bislang allerdings ohne konkreten Erfolg. Trotzdem zieht Christa Standecker, Geschäftsführerin der Metropolregion, eine positive Bilanz.

"Wir sind sehr angetan. Im Prinzip funktioniert das Konzept gut", freut sich Standecker. Insgesamt sei die Internetseite rund zwei Millionen Mal angeklickt worden. Über 10000 Menschen hätten sich die Website mit den englischen Namen "www.bewareofgoodlife.de" angesehen. Ins Deutsche könnte man den angelsächsischen Namen mit den Worten "Achtung vor dem guten Leben" übertragen. Auf der Internetseite habe sich Franken vor allen Dingen als Region präsentiert, in der es sich gut arbeiten und leben lässt. Die Metropolregion hat den in England lebenden Polen zehn Gründe im Rahmen der Kampagne zur Fachkräftegewinnung ans Herz gelegt, warum sich ein Umzug nach Franken durchaus für sie lohnen dürfte.

Die wichtigsten Argumente sind starke Unternehmen, hohe Verdienstmöglichkeiten und moderate Lebenshaltungskosten gewesen. Selbstverständlich sind auch "weiche Faktoren" wie gutes Essen (Bratwürste) und Trinken (Bier) genannt worden. Auch die Bildungschancen für den Nachwuchs sowie der Freizeitwert für die Familien sind extra betont worden. Als Werbebotschafter der fränkischen Kampagne konnten ein polnischer Ingenieur und eine polnische Arzthelferin gewonnen werden, die sich in Franken mittlerweile pudelwohl fühlen. In Videoclips schwärmen die beiden über Franken als zweite Heimat. Auf Fotos werden die Protagonisten ebenfalls beim süßen Leben in Franken gezeigt. Die Arzthelferin geht beispielsweise mit ihren Hunden an einem Weiher spazieren. Fränkischer geht es wohl kaum.

Die fränkische Charmeoffensive habe laut Christa Standecker offensichtlich den richtigen Ton getroffen. Anstatt mit ernster Miene aufzutreten, hat die Metropolregion mit Humor die Werbetrommel für Franken gerührt. Mit einem Augenzwinkern seien polnische Fachkräfte davor gewarnt worden, in die Metropolregion Nürnberg zu kommen. Dieser Ansatz sei richtig gewesen, ist sich Christa Standecker sicher. "Die Kampagne ist gut angekommen. Wir haben wirklich viel für das Image der Franken getan", freut sich Standecker. Besonders die fränkische Bier-Vielfalt sei bei den "Brexit-Flüchtlingen" gut angekommen. Die Metropolregion habe auch auf die guten Verbindungen von Franken nach Polen hingewiesen. "Der Albrecht-Dürer-Airport in Nürnberg steuert gleich drei Ziele in Polen an. Das ist natürlich ein großer Pluspunkt für die Region", erklärt die Geschäftsführerin der Metropolregion weiter.

Einen kleinen Haken hat die Erfolgsstory allerdings noch: "Leider hat noch keine polnische Fachkraft aus England jetzt hier in Franken durch die Kampagne einen Arbeitsvertrag tatsächlich unterschrieben", sagt Standecker und erklärt, dass dies in der Kürze der Zeit nicht zu erwarten gewesen sei. "Immerhin haben wir schon 16 konkrete Rückmeldungen über das Online-Formular erhalten." Abschreiben will Standecker die Idee noch nicht, polnische Fachkräfte vor dem Hintergrund des "Brexit" tatsächlich nach Franken locken zu können. "Wir werden die Kampagne im nächsten Jahr noch einmal mit mehr Power auflegen", kündigt Standecker an. "Wir brauchen vor allen Dingen einen längeren Atem", ist sie sich sicher. Freilich wird dies auch mehr Geld kosten. Rund 100000 Euro hat sich der fränkische Wirtschaftsstandort bereits die sechswöchige Online-Akquise kosten lassen.

Nikolas Pelke