"Fotografie ist keine Materialschlacht"

Der Rock-Fotograf Guido Karp spricht über seine Anfänge, die Arbeit mit Stars und die Aktion "Princess for one day"

15.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:19 Uhr

Offenbar freuen sich die beiden über ihre Zusammenarbeit: Der Fotograf Guido Karp (links) hat schon oft den AC/DC-Gitarristen Angus Young fotografiert. - Foto: Michael Kölsch/ GKP.LA


Herr Karp, muss man selbst musikalisch sein, um gute Fotos im Bereich der Rockmusik machen zu können?

Guido Karp: Das Gegenteil ist der Fall! Der Grund dafür, dass ich Fotograf geworden bin, liegt darin, dass ich selbst völlig unmusikalisch war. Ich war so ungefähr 12, 13 Jahre alt und begann langsam, Mädels süß zu finden. Aber mir fehlte der Kick, um bei den Mädels Erfolg zu haben. Ich war im Sport eine Niete, ich konnte nicht Gitarre spielen - dann habe ich angefangen zu fotografieren. Und plötzlich waren die Mädels von mir begeistert: "Oh, du machst so tolle Fotos!"

 

Das lag aber auch am Thema der Fotos, oder? Sie machten ja damals schon in erster Linie Rockfotografien?

Karp: Ich war ein "music maniac": Ich hörte den ganzen Tag Musik - auch wenn ich mit dem Rad zur Schule fuhr. Damals gab es allerdings noch keinen iPod, noch nicht einmal einen Walkman. Also habe ich den batteriebetriebenen Kassettenrekorder mitgeschleppt. Natürlich wollte ich am liebsten selbst Musik machen, aber weil ich ein ganz furchtbares Rhythmusgefühl habe, war das zum Scheitern verurteilt.

 

Dafür avancierte Ihre Fotografenkarriere schnell zur Erfolgsgeschichte.

Karp: Ja, das ist richtig. So mit 12 fing ich an, Konzertfotos für die Schülerzeitung zu machen, mit 13 hatte ich mein erstes Bild in der örtlichen Tageszeitung, das war von einem Auftritt von Otto Waalkes, und mit 14 hatte ich mein erstes Bild auf einem Plattencover, das war für die Deutschrockband Grobschnitt. Allerdings war ich am Anfang natürlich nicht nur auf Konzerten der großen Acts unterwegs, sondern auch oft genug auf Konzerten, bei denen ich im Publikum in der Überzahl war.

 

Was ist das Geheimnis eines guten Fotografen?

Karp: Ein gutes Auge. Ich hatte bereits sehr früh ein Auge für das richtige Bild. Jetzt kann man natürlich fragen: Was ist das richtige Bild? Nun, das liegt im Auge des Betrachters. Und da hatte ich schon in jungen Jahren einen sehr hohen Zuspruch. Das heißt: Die meisten Leute schauten meine Fotos an und fanden sie gut. Und das ist es letztendlich, was ein gutes Bild ausmacht.

 

Gibt es denn nichts, auf das Sie besonders achten? Auf die Lichtverhältnisse? Auf den Winkel zum Objekt des Fotos?

Karp: Doch, es gibt sehr viel zu beachten, ein gutes Foto entsteht aus einem Mix an Parametern, die man beachten muss. Das Wichtigste aber ist, sich auf den Menschen, den man fotografiert, einzulassen. Ich hatte in dem Werbefotografen Hans Joachim Bischoff einen hervorragenden Lehrmeister: Wir haben uns am Samstagvormittag in Café gesetzt und versucht vorherzusagen, was sich die Leute, die zur Tür hereinkamen, bestellen würden. Es ging dabei darum, etwas über die Menschen zu lernen: Wie ist der? Wie sieht sich der? Und das hilft mir heute ungemein. Denn jeder Mensch sieht sich auf Fotos ganz anders; ein Robbie Williams sieht sich anders als ein Angus Young. Und ich als Fotograf muss allen, die ich fotografiere, gerecht werden.

 

Sie achten also weniger auf Kameratechnik, sondern mehr auf den Menschen vor der Kamera?

Karp: Genau, es war immer schon der Mensch, der mich beim Fotografieren interessiert hat. Ich könnte nie ein Werbefotograf sein, der Wohnzimmergarnituren oder Parfümflakons fotografiert. Deshalb bin auch beim Versuch, Fotodesign zu studieren, gescheitert. Weil ich einfach immer zu einseitig interessiert war - am Menschen. Aber: Ich bin als Fotograf an allen Menschen interessiert. Wenn mich einer fragt: "Wen fotografierst du nächste Woche" Und ich sage: "Iron Maiden und die Flippers." Dann heißt es oft: "Bäähh, die Flippers!" Dabei geht es mir überhaupt nicht um die musikalische Ausrichtung, sondern darum, die Personen vor meiner Kamera gut zu fotografieren.

 

Und dieses Hineinfühlen in den Menschen vor der Kamera bewirkt bei Ihnen ganz automatisch, dass gute Fotos herauskommen?

Karp: Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll - ich kann es nur so sagen: Es fliegt mir zu. Das klingt jetzt sehr nach von mir eingenommen. Aber ich kann es nicht anders sagen. Sie können mich morgens um drei wecken und eine Kamera in die Hand geben, und es wird etwas dabei herauskommen. Ich habe mal einen Preis bekommen für ein Buch, das ich komplett mit dem Handy fotografiert habe - und zwar im Jahr 2007, als die Handys bei Weitem noch nicht so leistungsfähige Fotoapparate eingebaut hatten wie heutzutage. Fotografie ist keine Materialschlacht. Stellen Sie mir irgendeinen Menschen her, und ich mache ein tolles Foto von ihm. Das ist ja auch das Geheimnis hinter der Aktion "Princess for one day", mit der wir nach Ingolstadt kommen. Verschiedenste Menschen gut in Szene zu setzen. Mir macht das immer wieder Spaß.

 

Das Interview führte

Markus Schwarz.