Großmehring
Flutpolder stößt auf breiten Widerstand

Grundwassermodell und Auflagen des Naturschutzes könnten Projekt bei Großmehring noch stoppen

04.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:54 Uhr

Die Grafik zeigt den geplanten Flutpolder Großmehring. Dieser wird bei starkem Hochwasser geflutet, um die Spitze einer Hochwasserwelle zu kappen. Grafik: Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung

Großmehring (DK) „Ob“ der Flutpolder Großmehring kommt, darum geht es nicht mehr. Das machte Christian Leeb, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Ingolstadt, den über 100 Interessierten klar, die am Dienstagabend zur ersten Informationsveranstaltung zu dem geplanten Projekt gekommen waren.

Das Vorhaben in Großmehring sei Teil des von der Bayerischen Staatsregierung beschlossenen Flutpolderkonzeptes. Es gehe für Großmehring nur noch um das „Wie“ der Umsetzung, so Leeb.

Allerdings dürfe es durch den Polder keine negativen Auswirkungen auf die Anwohner geben, stellte Leeb klar. Dies könnte passieren, wenn durch den Polder das Grundwasser ansteigt. Das aber soll durch technische Vorrichtungen verhindert werden. Zum Beispiel sollen Vorabsenkungen des Grundwassers die Auswirkungen des Polders auf das Grundwasser auffangen. Doch diese technische Realisierbarkeit stellte Herbert Nerb, Bürgermeister des Markts Manching, stark in Zweifel. „Ich kann mir das nicht vorstellen.“ Der Applaus zeigte: viele der Anwesenden ebenfalls nicht.

Die Zuhörer haderten aber nicht nur mit der technischen Umsetzung. Auch die Aussage Leebs, „das Wasser soll nur vier Tage in dem Polder stehen“, war für die meisten nicht glaubhaft. Die Ableitung soll laut Leeb über ein Entwässerungsbauwerk an der Donau und der Paar geschehen. „Die Paar kann das gar nicht auf einmal aufnehmen.“ Oder: „Es ist eine Illusion, dass das geht“, war zu hören. Dazu Leeb: „Es gibt dann ein mittleres Hochwasser in der Paar, aber das ist beherrschbar.“

Doch Leeb konnte die Bedenken nicht ausräumen. Viele vermuteten, dass das Wasser mehrere Wochen in dem Rückhaltebecken stehen wird. Dies hätte enorme Auswirkungen auf Flora und Fauna. „Bei drei Wochen Stand des Wassers stirbt das Bodenleben ab.“ „Ausgebrachter Dünger auf den Feldern schwappt in die Seen und verseucht sie.“ „Die Bäume im Wald sterben ab.“ Und auch die Frage nach dem Wild stellte sich. Hier sagte Leeb erneut: „Die Dauer der Flutung ist für vier Tage vorgesehen“. Und was die Kiesweiher betreffe: „Das Feinmaterial des Bodens in den Seen ist weniger durchlässig als der Oberboden.“ Zudem sei das Wasser gar nicht so sehr verschmutzt. Leeb räumte ein: „In dem betreffenden Gebiet gibt es viele seltene Arten. Wir werden naturschutzrechtliche Auflagen bekommen, und das könnte auch ein Kriterium sein, dass der Polder nicht in vollem Umfang oder gar nicht realisierbar ist.“

Die Auflagen seitens des Naturschutzes könnten also den Polder zu Fall bringen, wie auch das Grundwassermodell: „Wenn die Kosten für die technischen Vorrichtungen zum Schutz vor steigendem Grundwasser immens hoch sind und die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist, wird man Abstand vom Polder nehmen.“ Helmut Sielaff, Zweiter Bürgermeister von Großmehring, stellte auch die Frage nach dem im Polder liegenden Gewerbegebiet Ochsenschütt, den betroffenen Firmen und dem Kiesabbauunternehmen. „Was passiert mit ihnen“ Dies würde unter anderem das Raumordnungsverfahren klären, sagte Leeb. „Generell ist es eine Abwägungssache, was Vorrang hat. Das kommunale oder überörtliche Interesse.“ Und er merkte an: „Statistisch gesehen kommt eine Flutung ein- bis zweimal in 100 Jahren vor.“

Darüber hinaus liegen im Polder auch Felder, und hier stellte Leeb im Falle einer Flutung in Aussicht: „Ernteausfälle werden zu 100 Prozent entschädigt.“ Überdies gebe es Sonderregelungen bei Verlust von Abnahmeverträgen, beispielsweise für Biolandwirte, wenn Schadstoffe auf den Feldern lägen.

Einem der letzten Argumente aus den Reihen der Bürger, die Staustufen seien die wirklichen Verursacher der Problematik und könnten mehr dazu beitragen, das Problem zu lösen, entgegnete Leeb: „Die Staustufen sind nicht schuld, das schafft die Natur schon alleine“. Und er appellierte am Ende: „Nur mit Solidarität entlang des Flusses ist das Hochwasser beherrschbar.“

Sielaff schloss den Abend mit folgenden Worten: „Ich schlage vor, Arbeitsgruppen zu bilden, besetzt mit Vertretern aus der Landwirtschaft, aus dem Gewerbe, dem Naturschutz und der Jägerschaft. In Verbindung mit der Gemeinde Großmehring und dem Markt Manching könnte man sich gemeinsam Gedanken machen.“ Dies wurde mit großem Applaus positiv aufgenommen.

Die nächste Veranstaltung zum Thema Flutpolder Großmehring ist am Montag, 12. Januar, mit Staatsministerin Ulrike Scharf geplant.