Hilpoltstein
Flüchtlinge in Arbeit bringen

Infoveranstaltung für Unternehmen im Landratsamt Roth – Zahlreiche positive Beispiele

26.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Ausschließlich positive Erfahrungen hat bisher Tobias Otterpohl (links) vom Hilpoltsteiner Metallbaubetrieb LMT mit Flüchtlingen gemacht. - Foto: Schmitt

Hilpoltstein (HK) Gegenwärtig leben im Landkreis 2172 Flüchtlinge. 1040 in der Rother Kaserne. 1132 dezentral verteilt auf die 16 Gemeinden. 44 davon arbeiten, fünf absolvieren eine Ausbildung. Und es sollen mehr werden. „Arbeit und Ausbildung haben die größte Integrationskraft“, sagt Landrat Herbert Eckstein.

Um Unternehmen aus dem Landkreis zur Einstellung von Flüchtlingen zu ermutigen, hatte die Unternehmerfabrik in Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der Agentur für Arbeit zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Von 250 Betrieben waren im Sitzungssaal des Landratsamtes immerhin 70 vertreten.

„Wenden Sie sich an unseren Arbeitgeberservice, wenn Sie Flüchtlinge einstellen wollen“, lautete die Botschaft von Claudia Wolfinger, Chefin der Bundesagentur in Weißenburg. „Wir müssen jetzt loslegen, um die Zeit des Asylverfahrens sinnvoll zu nützen“, sagte sie und zählte zahlreiche Förder- und Qualifikationsprogramme für Flüchtlinge auf. Dafür habe die Bundesagentur eine Million Euro zusätzlich bereitgestellt. Der Landkreis zeigt sich ebenfalls kooperativ. „Wir helfen, wo wir können“, hieß es von Seiten des Ausländer- und des Sozialamts.

Drei Unternehmen stellten den Firmenvertretern besonders gelungene Beispiele der Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen vor. Hauptfazit: Deutsch zu sprechen, ist die wichtigste Voraussetzung. Sodann erweisen sich junge Menschen aus Äthiopien, Somalia, Syrien, dem Irak und Iran als motivierte Mitarbeiter. Das gegenseitige Kennenlernen baut zudem Vorurteile in der Belegschaft ab.

„Sie sind sehr höflich, hilfsbereit, pünktlich und engagiert“, schilderte Martin Röhlich. Chef eines großen Fliesenhandwerksbetriebs in Wendelstein, seine Erfahrungen mit mehreren jungen Flüchtlingen. „Sie schätzen ihre Chance bei uns“, fasste Röhlich seinen Eindruck zusammen. Neue Chancen ergeben sich auch für die Betriebe. Röhlich hatte jüngst kaum mehr Lehrlinge gefunden. Auch in anderen Branchen fehlt der Nachwuchs. Im Landkreis kann mittlerweile jeder fünfte Ausbildungsplatz nicht besetzt werden. In der Gastronomie ist es laut Bundesagentur sogar jeder dritte.

Auch Tobias Otterpohl, Geschäftsführer des Hilpoltsteiner Metallbaubetriebs LMT, schilderte ausschließlich positive Erfahrungen. Er stellte den Werdegang eines 27-jährigen Äthiopiers vor, der zur Fachkraft für Metall ausgebildet wird. Der Einstieg gelang über ein Praktikum. „Heute hat er eine eigene Wohnung, macht seinen Weg wie jeder andere und bereitet uns allen Freude“, sagte Otterpohl.

Susanne Segna, Personalleiterin der Carl Schlenk AG in Bernlohe stellte drei Flüchtlingsgeschichten vor, von denen eine völlig reibungslos bis zur Anstellung als Chemielaborantin verlief, eine weitere nach verbesserter Sprachpraxis erfolgreich war und eine dritte, bei der ein „kluger, versierter und motivierter junger Mann während eines Praktikums erkannt hatte, dass sein Berufswunsch nicht dem entspricht, was Schlenk bieten kann“. Sebastian Dörr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mittelfranken-Süd, fügte vier ebenso erfolgreiche Einzelfälle von Arbeitsintegration hinzu.

In der kurzen Diskussion im Plenum wollte Jürgen Gambert, kaufmännischer Leiter der Schwabacher Firma Memmert, wissen, ob es eine zentrale Plattform oder Stelle gebe, wo sich Unternehmer einen Überblick über die Fähigkeiten von Flüchtlingen verschaffen könnten. „Wir beschäftigen schon einige, würden aber gerne noch mehr einstellen, dafür brauchen wir aber Informationen über ihr Profil“, sagte Gambert. „Uns fehlt gegenwärtig der systematische Zugang zu den Flüchtlingen“, gab Claudia Wolfinger zu. Man wolle aber künftig verstärkt Kompetenzerfassung in den Deutschkursen betreiben, kündigte sie an. Ferner sei es dafür wohl am besten, ergänzte das Landratsamt, sich mit den Helferkreisen in Verbindung zu setzen. Sie kennen die Flüchtlinge am besten.