Riedenburg
Flucht zu Jesus

Ein iranisches Ehepaar will nach den Grundsätzen der Bibel leben und wagte deshalb die Reise nach Deutschland

22.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:21 Uhr

Weil sie offen als Christen leben wollten, flohen Kiam und Esila Afarid (Namen geändert) aus dem Iran nach Deutschland. Jeden Tag lesen sie in der Asylunterkunft in Riedenburg in ihrer iranischen Bibel und bereiten sich auf ihre Taufe vor. - Foto: Brenner

Riedenburg (DK) Der Doktor sagte, ihre Mutter würde bald sterben. Seit Wochen lag die alte Frau mit Fieber im Bett, hatte Schmerzen und niemand wusste, woran sie litt. Doch Esila Afarid (Name geändert), wollte das Urteil des Mediziners über ihre Mutter nicht akzeptieren.

Sie ging zu einem Imam in ihrer Gemeinde und bat um Hilfe. Der Geistliche sagte, dass er nichts tun könne.

„Dann hörte ich von einem christlichen Priester, der den Kranken helfen würde“, berichtet Afarid, die heute zusammen mit ihrem Mann in der Riedenburger Asylunterkunft lebt. „Ich ging zu ihm und er erzählte mir von Jesus Christus und wie er den Kranken geholfen hat.“ In dieser Nacht träumte die junge Frau von Jesus, der zu ihr sprach und sagte, sie brauche keine Angst zu haben. Heimlich besorgte sich Afarid eine Bibel in persischer Schrift und las ihrer Mutter daraus vor. Am Morgen, am Abend und in der Nacht, wenn es wieder besonders schlimm war. „Manchmal habe ich auch christliche Lieder gesungen.“

Ihre Mutter überlebte die Krankheit. „Ich sah das als Zeichen an“, sagt Afarid, „dass mir der christliche Glauben mehr Hoffnung geben würde.“ Von da an las sie zusammen mit ihrem Mann Kiam Afarid (Name geändert) regelmäßig in ihrer persischen Bibel. Auch er war in eine muslimische Familie geboren worden und kannte den Koran auswendig. Die neuen Gedanken in der Bibel ließen ihn zweifeln. „Ich habe auf einmal über die Nächstenliebe gelesen“, berichtet er. „Im Koran geht es immer nur um kämpfen, kämpfen, kämpfen.“ Auch das im Koran beschriebene Verhältnis zwischen Mann und Frau, wie zum Beispiel die Mehrehe, habe ihm noch nie gefallen.

Weil sie die für sie neuen Ideen diskutieren wollten, besuchten die beiden heimlich den Priester und sprach mit ihm über den Gott der Christen. „Manchmal erzählte er uns auch von bekennenden Gläubigen, die auf einmal nicht mehr in die Kirche kamen und auch nicht mehr in ihre Häuser. Er wollte uns warnen.“

Kurz darauf verschwand der Priester. „Er wurde verhaftet, das war alles, was wir erfuhren“, sagt Kiam Afarid. „Aber uns war klar, dass er nicht zurückkommen würde.“ Noch am selben Tag sprach das junge Paar über eine mögliche Flucht. „Wir wollten ein neues Leben, in dem wir glauben dürfen, was wir wollen.“

Die Afarids bezahlten einen Lastwagenfahrer und versteckten sich in einem eingebauten Zwischenboden im hinteren Teil des Wagens. „Es war sehr eng und wir mussten die ganze Zeit liegen oder geduckt sitzen“, berichtet die Iranerin. „Ich hatte ständig Angst, entdeckt zu werden.“ Todesangst, nennt es ihr Mann. Die Helfer des Regimes hätten sie wahrscheinlich ermordet. Bei den Grenzübergängen, zum Beispiel zwischen dem Iran und der Türkei, hielten die beiden sich an ihren Händen fest. Mehrere Tage dauerte die Fahrt mit dem Lkw, bis sie außer Gefahr waren.

In Riedenburg besuchen die beiden regelmäßig den evangelischen Gottesdienst und treffen sich in einer kleinen Runde mit anderen Asylbewerbern und Pfarrer Jürgen Harder (siehe Kasten). Der Geistliche ist von dem Paar beeindruckt. „Bei ihnen merkt man wirklich, wie echt, wie lebendig ihr Glaube ist. Ihre ganze Bibel ist mit Randbemerkungen übersät.“ An diesem Samstag tauft Pfarrer Jürgen Harder die beiden in der Christuskirche Riedenburg. „Ich habe schon eine Stelle in der Bibel gefunden, die ich dann vortragen will“, berichtet Esila Afarid. „Es geht um die Nächstenliebe.“