Ingolstadt
Flötenakrobatik in Vollendung

10.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:25 Uhr

Große Interpretationslust: Andrea Ritter, Daniel Koschitzki, Maurice Steger und Dorothee Oberlinger wurden von Ricardo Magnus (Cembalo) und Michael Spengler (Viola da Gamba) begleitet. - Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Wie eigentlich nicht anders zu erwarten, war auf Einladung des Konzertvereins am Mittwochabend wieder ein hochkarätiges Ensemble im Festsaal zu Gast. In Concerti di flauti vereinten sich die renommierten Solisten Dorothee Oberlinger, Andrea Ritter, Daniel Koschitzki und Maurice Steger zu einem hinreißend inspirierten Blockflötenquartett.

"Das ist musikgewordener Barockstuck", schwärmte Veranstalter Reinald Atzerodt über die unzähligen Verzierungen, die – jede technische Schwierigkeit mühelos meisternd und klanglich unglaublich fein – von den vier Flötisten einen ganzen Abend lang in Szene gesetzt wurden. Ob solistisch oder in homogenem Zusammenklang – die vier boten hochvirtuose, transparente Flötenkunst, ohne jemals an Spannung zu verlieren. Eine umwerfende Atem- und Zungentechnik im Verbund mit "lockerem Mundwerk" und schwindelerregender Fingerfertigkeit ausgeführten Grifftechniken, ermöglichen den Künstlern ungeahnte Spielraffinesse.

Auch optisch waren die zwei Damen und zwei Herren ein echter Hingucker. Ihr wahrhaft körperliches Spiel wirkte aber im Gestus keineswegs abgehoben, sondern sehr natürlich, und erweiterte die kammermusikalische Einheit der Musizierenden bis hin auf eine improvisatorisch anmutende Ebene zu einer von großer Freiheit und Interpretationslust getragenen Darbietung.

Da hatten es die souveränen Begleiter, Ricardo Magnus (Cembalo) und Michael Spengler (Viola da Gamba) – beide versierte Barockspezialisten – schwer, über ihren musikalischen Part hinaus wahrgenommen zu werden. Doch wenigstens einmal konnte Magnus mit seinem rasanten Auftakt in Jean-Baptiste Lullys "Ballet des plaisiers" auch solistisch glänzen.

Mit Johann Christian Schickhardt wurde neben den Barockgrößen Henry Purcell, Antonio Vivaldi, Johann Pachelbel und Jean-Baptiste Loeillet de Gant auch ein Komponist vorgestellt, von dessen Leben und Schaffen nicht so viel bekannt ist. Mit seinen beiden Concerti I und V begannen bzw. beendeten die Musiker den Abend; zwei Werke, die auch im Original für Flöte geschrieben wurden und sich durch eine außergewöhnliche Vielfalt musikalischer Einfälle auszeichnen. Besonders mit dem Concerto V in e-Moll boten die Interpreten ein musikalisches Feuerwerk der Spitzenklasse.

Als Duo brillierten Andrea Ritter und Daniel Koschitzki mit Pachelbels Suite V in C-Dur aus der "Musikalischen Ergötzung". Die poetische Aria bestach durch Ruhe und Klangsinnlichkeit, während die Flötisten in Sonata, Trezza und Ciacona verspielten Eigensinn bewiesen und sich dabei vorzüglich ergänzten. Dorothee Oberlinger und Maurice Steger standen dem in nichts nach und versetzten das Publikum im voll besetzten Festsaal mit Wilhelm Friedemann Bachs Duo in G-Dur in blankes Erstaunen. Das rhythmisch wohl anspruchsvollste Stück des Abends präsentierten sie als witzigen Dialog in formvollendeter Dramaturgie, das Cantabile bezauberte durch hohe lyrische Qualität, ausgedrückt in einem farbenprächtigen Klangspektrum.

Oberlinger, Ritter, Koschitzki und Steger überzeugten nicht nur mit ihrer ausgefeilten Flötenakrobatik, es gelang ihnen auch, die immanente Klangästhetik der einzelnen Werke hörbar zu machen – kein einfaches Unterfangen, zumal es sich z. B. bei Vivaldi um eine Transkription handelt.

Dafür kamen an diesem Abend über 20 verschiedene Flöten zu Gehör – angefangen von der frühbarocken Großbassflöte über verschiedene Alt-, Tenor- und Sopranflöten bis hin zum Sopranino.