Neuburg
Feuerwehr entdeckt Marihuana-Plantage

Neuburger Schöffengericht verurteilt Pfaffenhofener wegen Drogenhandels zu Bewährungsstrafe

12.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:02 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: dpa

Neuburg (szs) Man kann sich die Verwunderung der Feuerwehrleute vorstellen: Zu einem eigentlich unspektakulären Küchenbrand in einem Haus im Pfaffenhofener Stadtgebiet gerufen, entdeckten Atemschutzträger im Obergeschoss und im Speicher eine professionelle Marihuana-Plantage.

Deren Besitzer Norbert P. (Name geändert) saß gestern im Neuburger Amtsgericht auf der Anklagebank. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Gerhard Reicherl verurteilte den 62-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Angesichts der enormen Mengen an Drogen, die Norbert P. innerhalb von drei Jahren nicht nur selbst hergestellt, sondern auch verkauft hat, war es außergewöhnlich, dass er gestern nach sechs Monaten in Untersuchungshaft wieder auf freien Fuß gesetzt wurde: Insgesamt rund zehn Kilogramm Marihuana hatte der gelernte Maschinenschlosser angepflanzt, geerntet und vermarktet. 44 000 Euro hat er dabei laut Berechnungen der Staatsanwaltschaft verdient. Allein bei der Hausdurchsuchung im Dezember vergangenen Jahres entdeckten die Drogenfahnder vier Kilogramm Marihuana, 800 Gramm Haschisch und über 22 Gramm Kokain. Das weiße Pulver hatte Norbert P. auf Kommission gekauft. Die Feuerwehr musste – nachdem die Küche gelöscht war – mit anpacken, um die teilweise mannshohen Stauden im Haus abzuernten, die in Kübeln unter UV-Licht aufwendig aufgezogen worden waren.

„Früher hätte man bei zehn Kilogramm Marihuana nicht über zwei Jahre Bewährungsstrafe geredet, sondern über vier oder fünf Jahre Gefängnis“, sagte der Richter. „Doch auch in Bayern haben sich die Verhältnisse ein bisschen geändert.“ Ausschlaggebend für das überraschend milde Urteil sei, dass es sich bei Norbert P.s Geschichte um einen Ausnahmefall handele.

Vor Gericht erzählte der Pfaffenhofener ausschweifend und unter Tränen, wie ihn seine Frau verlassen und ausgenutzt habe, nachdem er mit ihr nach Thailand ausgewandert war. Zurück in Deutschland, verlor er in Folge einer Krankheit seinen Job und steckte in der Arbeitslosigkeit fest. Seine Mutter starb, und obwohl sie ihm das Haus vererbte, geriet Norbert P. in finanzielle Nöte. Die vermeintliche Rettung kam in einem VW-Bus angefahren: Ein alter Bekannter bot ihm Hilfe an, weihte ihn in die verbotene Kunst des Marihuana-Anbaus ein und brachte gleich noch massenhaft Aufzuchtsutensilien mit. „Es war die allerdümmste Entscheidung meines Lebens, dass ich mich darauf eingelassen habe“, sagte der Angeklagte in seinem letzten Wort.

Norbert P. gestand schon auf dem Polizeirevier alles, nannte auch die Namen seiner Kunden – was zu mindestens einer weiteren Festnahme führte – und willigte sofort ein, die verdienten 44 000 Euro an den Staat als Ausgleich zu zahlen – es kann gut sein, dass dafür sein Haus zwangsversteigert werden muss. „Dass sie dem Staat Zugriff auf die finanziellen Gewinne gewähren, ist ein Zeichen für ihre Reue“, sagte Reicherl. Nur dadurch sei es möglich, noch eine Bewährungsstrafe zu verhängen, was Staatsanwalt Sebastian Hirschberger, Verteidiger Stefan Roeder und das Schöffengericht schon in einer vorhergehenden Absprache in Aussicht gestellt hatten.

Drei Jahre lang darf sich Norbert P. nun nichts mehr zu schulden kommen lassen, muss jeden Wohnsitzwechsel melden und eine ambulante Drogentherapie durchziehen.