stadtgeflüster
Feuer frei in Friedrichshofen

17.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:49 Uhr

(sic) Nicht nur der Lauf der Weltgeschichte hat auffällig oft einen Bogen um Ingolstadt gemacht - Persönlichkeiten von globalem Rang hielten es ebenso.

Unser Historischer Verein hat jetzt unsentimental-brachial mit zwei Schanzer Legenden aufgeräumt: Wolfgang Amadeus Mozart hat 1778 nicht im Kaisheimer Haus an der Harderstraße übernachtet! Und leider auch sonst nie, nicht einmal fast. Vielleicht ließ der Liebling der Götter seine Kutsche sofort abdrehen, als das Münster in Sicht kam, und lieber das schöne Pförring ansteuern. Auch das könnte aber eine Legende sein.

Johann Wolfgang von Goethe weilte gleichwohl nie in Ingolstadt. Der Handlungsreisende des deutschen Geistes aus Weimar machte 1786 auf der Fahrt nach Italien zwar in jedem zweiten Weiler Brotzeit, ließ Ingolstadt aber links liegen. Des Poeten Einkehr beim Post-Wirt in Saal an der Donau ist belegt. Ob Goethe dort einen Wurstsalat zum Verzehr brachte oder eine gute Tellersulz, muss die Forschung indes noch klären.

Auch auf dem Felde des Heldentums blieb die Festungsstadt eher ein Randbezirk - historisches Hinterland. Die Heere zogen meist an der Schanz vorbei oder blieben nicht lang, wie im Jahr 1632 die Schweden. Wobei es ein Gerücht ist, dass König Gustav II. Adolf seine Armee nur deshalb nach Regensburg weitermarschieren ließ, weil es dort schon damals viel schöner war als in Ingolstadt.

Ganz harte Bastionsromantiker bedauern es bis heute, dass vor Ludwigs I. sehenswerter wie sauteurer Ingolstädter Landesfestung kein einziger Schuss gefallen ist. Dabei gerät leider in Vergessenheit, dass es die Weltgeschichte an einem Ort vor den Toren unserer Stadt richtig hat krachen lassen: Die "Kanonade von 1546" auf den Fluren des späteren Dorfs Friedrichshofen klingt Militärhistorikern wie Musik in den Ohren. In den Wirren nach der Reformation lagen sich die Truppen des katholischen Kaisers Karl V. und das Heer der Protestanten zwischen Gerolfing und Etting gegenüber, insgesamt 80000 Soldaten mit Tausenden Geschützen. Am 4. September krachte es gewaltig; die Ketzer zogen ab. Gottlob! Gut, Gerolfing wurde dabei fast komplett dem Erdboden gleichgemacht, aber für den wahren Glauben muss man halt auch mal Opfer bringen.

2019 jährt sich zum 50. Mal ein Ereignis, das Friedrichshofens Chronist Gustl Bernhardt "das Ende des 30-jährigen Krieges" genannt hat. Denn so lange währte das erbarmungslose Gezerre um die Eingemeindung des stolzen und tapferen Siedlerorts in die Stadt Ingolstadt. 30 Jahre Zank, Hader und Intrigen - glücklich gekrönt mit der Aufnahme Friedrichshofens in die Schanz anno 1969.

Viele Friedrichshofener träumen zwar weiterhin von Autonomie, würden sich aber dennoch freuen, wenn die Stadt Ingolstadt den 50. Jahrestag der Eingemeindung würdig begeht. Falls nicht, könnte es passieren, dass die Friedrichshofener Bürgerinitiative (FBI) ihre Haubitze aus der Garage fährt.