Roth
Festakt ohne Grund zum Feiern

Die Ära des Rother Luftwaffenausbildungsregiments geht nach 56 Jahren in der Kulturfabrik formal zu Ende

18.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:42 Uhr

 

Roth (HK) Eine Ära am Bundeswehrstandort Roth ist am Montagabend zu Ende gegangen. Das Luftwaffenausbildungsregiment und sein II. Bataillon wurden bei einem Festakt in der Rother Kulturfabrik nach 56 Jahren formal außer Dienst gestellt. Die Truppenfahnen wurden dabei eingerollt und für immer verhüllt.

Es war ein Festakt, der keinen der zahlreich geladenen Gästen in Feierlaune versetzte. „Für mich ist und bleibt das eine Trauerfeier“, sagte Landrat Herbert Eckstein, und auch Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer bekannte: „So richtig begriffen habe ich das alles noch nicht“. Aber es ist Fakt: Zum 31. Dezember wird das II. Bataillon Luftwaffenausbildungsregiment aufgelöst. Der Auftrag des Luftwaffenausbildungsregiments mit seinen 60 Soldaten und zivilen Angestellten endet dann zum 31. März 2013. In der folgenden Auflösungsphase bis zum 30. September 2013 halten dann nur noch rund zehn Soldaten in einem Nachkommando die Rother Stellung.

Angesichts dieses Zeitplans war auch dem Kommandeur des Luftwaffenausbildungskommandos, Brigadegeneral Rainer Keller, keinesfalls zum Feiern zumute. Mit „Schmerz und Traurigkeit“ seien die Herzen sowohl der Soldatinnen und Soldaten, aber auch der Bürgerinnen und Bürger in der Garnisonsstadt gefüllt, da jetzt eine Ära zu Ende gehen würde.

Die warmherzige Aufnahme und die freundschaftliche Integration hätten in einer Vielzahl von Fällen dazu geführt, dass die Soldaten Roth als Standort für ihren persönlichen Lebensmittelpunkt wählten und heute auch ohne Uniform hier Mitbürger seien. „Sie sind uns immer mit einer Verbundenheit begegnet, die vom Herzen kommt“, sagte der Brigadegeneral. „Sie haben die Soldaten als Mitbürger und Mitmenschen anerkannt und in ihre Gemeinschaft aufgenommen.“

Der Aussetzung der Wehrpflicht – einer der Hauptgründe für die tief greifenden Umstrukturierungen bei der Bundeswehr, die nun auch Roth zu spüren bekommt – steht Keller skeptisch gegenüber: „Die Wehr-pflicht war nicht der einzige, aber ein sehr wirksamer Weg, um kluge Köpfe und geschickte Hände zu gewinnen“. In Zukunft müsse die Bundeswehr „große Anstrengungen übernehmen“, um weiter eine ausreichend große Zahl qualifizierter Bewerber zu gewinnen, zumal sie nun in harter Konkurrenz mit Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung stünde. Im Gegensatz zu manch anderem traditionsreichen Stand-ort der Luftwaffe bleibe Roth zumindest als Standort erhalten, voraussichtlich für das Jahr 2017 ist die Verlegung der Offizierschule von Fürstenfeldbruck nach Roth vorgesehen.

Auf dieses Thema kam auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer zu sprechen. „Lasst und darum kämpfen, dass die Offiziersschule auch wirklich 2017 kommt – und nicht erst 2018, 19, oder 20“. Roth habe mehr mit dem Luftwaffenstützpunkt verbunden als das reine Soldatentum, und er verdrücke mehr als eine Träne bei diesem Abschied. „Wir alle waren mit viel Herz dabei“, so Edelhäußer, der allen Soldatinnen und Soldaten für die gute Zeit dankte, auch denen, die am 1. April des kommenden Jahres vielleicht noch nicht wüssten, wo sie in Zukunft ihren Dienst verrichten würden.

Auch Landrat Herbert Eckstein fiel der Abschied sichtlich schwer. Schließlich habe die Bundeswehr den Landkreis „stark geprägt und zur positiven Entwicklung der Gegend beigetragen“. Niemals hätte es ein Gegeneinander gegeben, das Verhältnis sei vielmehr vom Geben und Nehmen geprägt gewesen. Eckstein machte keinen Hehl daraus, dass ihm das ganze Hin-und-her im Entscheidungsprozess alles andere als gefallen habe. „Und manches verstehe ich bis heute nicht“, sagte Eckstein in der Hoffnung, „dass zumindest jetzt die Versprechen gehalten werden, die man uns gegeben hat“. Rückblickend wünschte sich Eckstein, dass man die Aussetzung der Wehrpflicht „länger diskutiert hätte“.

Voller Wehmut steckte auch die Rede von Heidecks Bürgermeister Ottmar Brunner, dessen Gemeinde im Jahr 1965 als erste deutsche Stadt eine Patenschaft mit einem Bataillon übernommen habe. „Es war stets eine gelebte Partnerschaft“, so Brunner, der betonte, dass alle daran Beteiligten auch in Zukunft in Heideck willkommen sein werden.

Nach einem Vortrag mit vielen Zahlen und Fakten sowie einem geschichtlicher Rückblick über die Tradition der Truppenfahne von Oberstleutnant Christian Prestele und Hauptmann Alexander Bühler folgte dann das von getragener Musik des Luftwaffenmusikkorps 1 begleitete Einrollen und anschließende Verhüllen eben jener Truppenfahnen, unter denen in den vergangenen 56 Jahren insgesamt rund eine halbe Million Luftwaffensoldaten – und in jüngerer Vergangenheit auch Luftwaffensoldatinnen – ausgebildet wurden.

Das Schlusswort hatte dann auch eine Soldatin, Feldwebel Linda Thiele, die seit drei Jahren in Roth stationiert ist und dort vor allem das vergangene Jahr als „von Neuausrichtung geprägt“ empfand. Trotz allem sehe sie hoffnungsvoll in die Zukunft, „auch wenn noch viele weitere Herausforderungen auf jeden Einzelnen von uns in Roth folgen werden“.