Neuburg
Ferienzeit ist Facharbeitszeit

10.08.2010 | Stand 03.12.2020, 3:47 Uhr

Der rosa Fernleiheschein hat ausgedient: Bücher können Nutzer der Staatlichen Bibliothek inzwischen bequem von zu Hause aus bestellen. Leiter Gerhard Robold erklärt wie.

Neuburg (DK) Statt am Badeweiher oder im Urlaub verbringen viele Kollegiaten des Gymnasiums ihre Zeit während der Sommerferien am Schreibtisch und in Lesesälen, um für ihre Facharbeiten zu recherchieren.

Bei der Staatlichen Bibliothek Neuburg gibt es passend dazu einen Schnellkurs zur Nutzung des Online-Katalogs und unzähliger Fachdatenbanken. Personalausweis vorzeigen, in die Kamera lächeln, drei Minuten warten. Schon hat der Gymnasiast Simon Ettenreich seinen druckfrischen Ausweis für die Staatliche Bibliothek Neuburg in der Hand. Zusammen mit seinem Schulkameraden Benedikt Kugler lässt er sich als neuer Benutzer registrieren, um an passende Literatur für seine Facharbeit zu kommen. Denn bei der Staatsbibliothek gibt es keine Romane oder Unterhaltungsliteratur, sondern Bücher für Recherche und wissenschaftliche Forschung. "Wer lesen will, geht in den Bücherturm, wer etwas braucht, kommt zu uns", erklärt Bibliotheksleiter Gerhard Robold.

Neben Büchern und Aufsätzen per Fernleihe erhalten Bibliotheksnutzer auch Zugriff auf verschiedenste Zeitschriftenarchive und Internet-Datenbanken zu verschiedensten Fachbereichen, etwa Wirtschaftswissenschaft für Eittenreichs Facharbeitsthema "Private Company Limited und Europäische AG als internationale Rechtsform" oder Geschichte für Kuglers Arbeit zum Völkermord in Ruanda. "Internet reicht da nicht", sagt dieser. "Man muss es sich schon selbst erarbeiten – je mehr Bücher, desto besser", wirft Ettenreich ein. Die Ferien seien für die Literaturrecherche die beste Zeit, findet er. "Das machen die meisten, weil nach den Ferien die ganzen Klausuren kommen." Die Staatliche Bibliothek ist ein Tipp unter den Kollegstufenschülern des Gymnasiums. "Hier geht jeder her", sagt der 18-jährige Ehekirchener.

"Jetzt in den Ferien haben wir auf jeden Fall mehr Betrieb", sagt auch Robold. "Das ist jedes Jahr so." Hauptklientel seien neben Studenten aus der Region vor allem Schüler. "Die haben jetzt Zeit." Außerdem habe der letzte G9-Jahrgang in diesem Jahr einen strafferen Zeitplan: Facharbeitsabgabe ist schon im Dezember statt Anfang kommenden Jahres.

Die beiden 18-jährigen Gymnasiasten sind zufällig genau zur monatlichen Bibliothekseinführung gekommen. Unter Anleitung Robolds bestellen sie zwischen der Regalwand für Völkerkunde-Nachschlagewerke und dem Mikrofilmdrucker ihre ersten Bücher an den Computern im Lesesaal. Der Bibliotheks-Crashkurs geht aber über das Finden und Ausleihen von passender Fachliteratur hinaus: Robold zeigt den beiden Schülern, wie man als Bibliotheksnutzer dem so genannten Deep Web – Teile des Internets, in dem übliche Suchmaschinen keine Ergebnisse finden können – Informationen abringt. "Wo Google und Wikipedia aufhören, steigen wir als Bibliothek ein", erklärt Robold, etwa durch Nutzungslizenzen für Online-Archive oder elektronische Medien.

"Internet macht vieles möglich, aber längst nicht alles", räumt Robold ein. Nachschlagewerke brauche man noch immer, denn die Grundlage wissenschaftlichen Arbeitens bleibe trotz aller digitaler Möglichkeiten das Buch. "Man muss es parallel nutzen", sagt Robold. "Rein ins Internet und ran ans Regal!"

Kugler setzt das Gelernte gleich um und klickt sich durch ein Internet-Archiv für historische Landkarten. "Da kann man ja tagelang schauen", schwärmt der Schüler aus Wiesenbach bei Pöttmes. "Das ist schon der Hammer."

Fast unendliche und vor allem kostenlose Möglichkeiten für ihre Recherchen haben die beiden Kollegiaten als Bibliotheksnutzer auch von zu Hause aus. Fernleihe von Büchern ist – statt mit Schreibmaschine und dem rosa-farbenen Antragsschein – bequem im Internet per Mausklick möglich – direkt über die Homepage der Staatlichen Bibliothek. Auch die die meisten der 3000 Fachdatenbanken und Archive sind online einsehbar. "Es ist schon praktisch, dass man es von daheim aus machen kann", meint Neunutzer Kugler.

Nach der Einführung stehen die beiden trotzdem am Anfang ihrer Facharbeitsrecherche. Denn die bestellten Bücher wollen erst noch gelesen, die unzähligen Datenbanken nach nützlichen Fakten durchwühlt werden – Sommerferien hin oder her.