Fensterl-Gate und Oarbetteln

Egal ob positiv oder negativ: Das Fensterln erregt immer noch Aufmerksamkeit - einige Beispiele

22.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:19 Uhr

Das Fensterln ist ein Relikt aus den vergangenen Jahrhunderten - und gerade weil es nicht mehr in unsere Zeit passt, sorgt es manchmal für ziemlichen Ärger.

Hier zwei Fälle aus den vergangenen Jahrzehnten, die für Aufmerksamkeit gesorgt haben:

Hausfriedensbruch: Im Jahr 1999 hat das Amtsgericht Frankfurt einen Vermieter bestätigt, der einem Mieter wegen Fensterlns fristlos gekündigt hat. Dieser war etwas betrunken mithilfe zweier zusammengebundener Leitern durch ein Fenster bei einer Mitmieterin eingestiegen. Die fand das aber nicht etwa schmeichelhaft oder witzig, sondern rief die Polizei, die den Mann festnahm. Der eigentliche Ärger kam aber dann erst noch: Denn der Vermieter kündigte dem Mann fristlos das Mietverhältnis. Zu Recht, wie das Amtsgericht Frankfurt befand, denn in Hessen gelte das Fensterln nicht als Brauch. Es handele sich vielmehr um Hausfriedensbruch, wenn man gegen den Willen der Mieterin in deren Wohnung einsteigt.

Genderkampf: Für Empörung sorgte 2015 ein abgesagter Fensterln-Wettbewerb beim Sportfest an der Universität Passau. Die Gleichstellungsbeauftragte der Uni kritisierte, dass Frauen nicht an dem Wettbewerb teilnehmen durften. Nach ihrer Kritik brach ein Shitstorm über sie herein. Der den Wettbewerb organisierende Sportstudent Niko Schilling sagte dazu: "Wenn ich die Regeln ändere und Männer auf den Balkon stelle und Frauen die Leiter hochklettern, hat das nichts mehr mit Tradition zu tun. " Sogar Horst Seehofer und Ilse Aigner bezogen Stellung in dem Streit. Beide waren der Meinung, dass man das Fensterln stattfinden lassen solle: "In Bayern gilt immer noch: Leben und leben lassen. Man muss sich nicht überall einmischen", so Seehofer. Obwohl die Universität den Wettbewerb nicht hätte verbieten können, sagten die Studenten das Fensterln schließlich ab.

Aber es gibt nicht nur negative Beispiele dafür, welche Auswirkungen das Fensterln heutzutage hat. Ganz im Gegenteil. In Bayern wird immer noch gefensterlt. Aus einem anderen Grund:

Oarbetteln: "Das Relikt des Fensterlns besteht noch in den Freinächten, die es ja in Bayern noch gibt", sagt Norbert Göttler, Bezirksheimatpfleger von Oberbayern. Die Freinächte dienten ursprünglich als Sozialkontrolle: "Wenn ein Bauer gschlampert, also unordentlich war, und alle möglichen Gerätschaften und Werkzeuge draußen liegen ließ, dann durfte man die verstecken oder verziehen. " Aber das galt nur für die Dinge, die freibeweglich waren - alles, was festgemacht war, musste da bleiben, wo es war. "Eine dieser Freinächte ist von Karsamstag auf Ostersonntag. Da stellen junge Burschen auch Leitern an die Fenster von irgendwelchen Frauen. Früher hat man frischgefärbte Eier gebettelt. Heute bettelt man aber eher um Schnaps. " Ein kleines Überbleibsel, das an den sexuellen Hintergrund erinnert, ist die Farbe der Eier, die in manchen Gebieten eine Rolle spielen. "Bei einem roten Ei zum Beispiel hätte man große Chancen beim Gegenüber. Bei allen anderen Farben eher nicht", erzählt Göttler. Übrigens: Das Verstecken von Dingen in der Freinacht gibt es auch immer noch - häufig machen das junge Leute in der Nacht auf den 1. Mai.

Maistecken: Eine andere Möglichkeit der Brautwerbung ist der sogenannte Maistecken, wie Klaus Gast, der Kreisheimatpfleger von Weilheim-Schongau, erklärt. "Am 1. Mai hat man als Zeichen einen Birkenstock vor das Haus der Wunschbraut gesteckt. "

Doris Mayr