Pöttmes
Fellnasen und Dosenöffner

Das Pöttmeser Katzenhaus gibt Tieren ein Zuhause auf Zeit und vermittelt sie weiter

26.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:41 Uhr
Acht Jungkatzen, die Kitten (oben), leben derzeit im Pöttmeser Katzenhaus und warten auf neue Herrchen und Frauchen. Das Pöttmeser Katzenhaus hat auch drei Freigehege. Die 67-Jährige Renate Loquai (unten links) hatte die Idee zu dieser Einrichtung, die Vereinsmitglieder halfen tatkräftig mit. Eine davon ist Helena Fitzek (unten rechts). −Foto: Wolfgang Glas

Pöttmes - Erst wenige Wochen alt sind die Kitten und quietschfidel.

Angst vor der Höhe haben sie nicht. Nicht mal Respekt: Geschwind kraxelt der quirlige Katzennachwuchs den Kratzbaum hoch und jagt von einer Aussichtsplattform zur nächsten. Acht Junge teilen sich ihr Spielzimmer, allesamt schwarzweiß, allesamt neugierig, die meisten auch verschmust. Demnächst werden sie ihre Kinderstube verlassen und umziehen in ihre künftige Familie. Renate Loquai sorgt dafür, dass es ihnen da genauso gut geht wie jetzt.

Die 67-Jährige ist Vorsitzende des Vereins "Katzen helfen Katzen". Der betreibt in Pöttmes ein Katzenhaus, 100 Quadratmeter groß, Platz für über 20 Tiere. Die werden dort aufgepäppelt, umsorgt, medizinisch betreut, gesund gepflegt - und dann weitergegeben an Plätze, die ihnen ein gutes Leben bieten können.

Bisher war das Leben dieser Katzen oft miserabel: "Wir bekommen zugelaufene Katzen, angefahrene mit Verletzungen, solche, die von ihren Haltern geschlagen worden sind", erzählt Loquai. Letzthin seien drei Katzenkinder vorbeigebracht worden, die ein Spaziergänger misshandelt (wohl mit einer Schaufel) auf einem Misthaufen entdeckte. "Wir haben die Kitten mit der Flasche großgezogen. Jede Stunde mussten sie gefüttert werden, rund um die Uhr. "

Wir, das sind Renate Loquai und ihre ehrenamtlichen Helfer. An die 15 Tierfreunde engagieren sich aktiv im Verein. Sie übernehmen morgens oder abends Pflege- und Fütterdienste, eingeteilt nach Schichtplan. "Dosenöffner" nennen sie sich, weil sie die Futterpäckchen für die Katzen aufreißen. Sie geben den Tieren aber auch Medikamente, wenn sie welche brauchen, oder eine Portion Schmusen. "Ohne meine Freiwilligen könnten wir das Katzenhaus nicht führen", lobt Loquai. Weitere Katzenfreunde zur Unterstützung seien jederzeit willkommen. Loquai arbeitete früher ehrenamtlich beim Tierheim in Neuburg, gründete später den Verein "Katzen in Not" mit. 2014 rief sie dann "Katzen helfen Katzen Pöttmes e. V. " ins Leben.

Der Unterschied zu anderen Katzenvermittlungen ist der: An Interessenten abgegeben werden Katzen erst nach einem sehr ausführlichen Kennenlernen. "Das beginnt mit einem Telefongespräch, das schon mal ein oder zwei Stunden dauern kann", sagt Renate Loquai. "Dabei klären wir ab, wie das künftige Zuhause unseres Schützlings aussieht, welche Erfahrungen die Interessenten mit Katzen haben, aus welchen Gründen sie sich ein Tier wünschen, wie es gehalten wird - in der Wohnung, mit oder ohne Balkon, im Freilauf, als Schmusekatze oder als selbstständig lebender Zeitgenosse. "

Beherbergt das Katzenhaus eine passende "Fellnase", kommt es zum Date zwischen ihr und dem vielleicht künftigen Inhaber. Mitgenommen werden darf die Mieze aber erst, wenn auch ein Tierschutzvertrag unterzeichnet wird. Der beinhaltet unter anderem, dass der Pöttmeser Katzenverein aktuelle Fotos des Schützlings im neuen Heim bekommt und Vereinsmitglieder später nach der vermittelten Katze sehen dürfen - und sie wieder mitnehmen, wenn es ihr nicht gut geht.
Renate Loquai weiß, dass diese "Vergabekriterien" sehr viel strenger als üblich sind. "Aber wir möchten, dass unsere Tiere ausschließlich in gute Hände kommen. " Sie selbst hält in ihrem Privathaus und auf dem 3000 Quadratmeter großen Grundstück am Pöttmeser Ortsrand acht Katzen; ihre schlimmsten Fälle, dreibeinig, einäugig, deshalb nicht vermittelbar. Aber auch diese Tiere haben nach ihrem Verständnis ein Recht auf Leben. Insofern ist das Pöttmeser Katzenhaus nicht nur Auffangstation, sondern auch Lebensraum.

Die Vereinsmitglieder haben es in 2000 freiwilligen Arbeitsstunden gebaut. Den Tieren gehören drei helle verglaste Räume und ein eigener für Katzenmütter und ihre Jungen. Es gibt eine Isolierstation für kranke Viecherl, die regelmäßig vom Tierarzt untersucht werden, und eine Küche, in der Katzenfutter und Medikamente zubereitet werden.

Freilich: Nicht alle Neuankömmlinge sind Problemfälle. "Viele Tiere brauchen uns, weil ihre Halter an schlimmer Demenz erkrankt sind oder weil sie sich das Tier finanziell nicht mehr leisten können", so Helena Fitzek. Die 21-Jährige ist eine der Helferinnen und verbringt schon mal eine Nacht im Katzenhaus, wenn eine der Samtpfoten besondere Pflege braucht. Auch "Scheidungskatzen" kämen öfters oder Tiere, deren Halter ins Pflegeheim müssen. Und wenn Platz ist, nimmt das Haus auch Pensionskatzen auf. Die dürfen einige Tage oder Wochen zur Miete bei ihren Artgenossen leben.

Der Vereinsname "Katzen helfen Katzen" klingt zunächst einmal ungewöhnlich. Hat aber seine Bedeutung. Denn Ausstattung und Versorgung der beherbergten Fellnasen erfolgen weitgehend über Geschenke: Katzenbesitzer bringen Futter vorbei, das ihren Lieblingen zu Hause nicht schmeckt, Spielzeug, mit dem sie nicht mehr spielen oder Nester, in denen sie nicht mehr liegen. Ohne Geldspenden wäre der Verein aber trotzdem aufgeschmissen. Die Beiträge der 160 Mitglieder reichen zur Finanzierung bei weitem nicht aus. Allein die Tierarztkosten betragen pro Jahr etwa 14000 Euro. Die Internetseite katzen-helfen-katzen-poettmes. com und eine Facebook-Seite erklären die Vereinsarbeit und Spendenmöglichkeit.

SZ

Wolfgang Glas