Pfaffenhofen
FCB-Trikot als rotes Tuch

Löwen-Fan richtet einen 17-Jährigen schlimm zu - Gericht verhängt Freiheitsstrafe auf Bewährung

14.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:52 Uhr

Pfaffenhofen (ahh) Zur falschen Zeit am falschen Ort im falschen T-Shirt: "Den kauf' ich mir", sagte Felix F.

, 21, (Namen geändert), als er den 17-jährigen Martin F. entdeckte, der auf einer Party in einem Gasthof im Landkreis Pfaffenhofen ein FC-Bayern-Trikot trug. Felix, Sechzger-Fan, rammte ihm dreimal die Faust ins Gesicht, brach ihm einen Gesichtsknochen und trat, als Martin blutend am Boden lag, noch viermal gegen seinen Kopf. Jetzt sitzt Felix auf der Anklagebank des Pfaffenhofener Amtsgerichts wegen gefährlicher Körperverletzung.

Augenscheinlich ein netter junger Mann, der auf dem Bauernhof seiner Eltern mitarbeitet. Und als solcher will er auch in der Verhandlung rüberkommen: Ein bisschen gerauft habe er, ja, aber mehr nun wirklich nicht. Er soll den Martin ins Gesicht getreten haben? "Nein, das kann gar nicht sein. " Er muss diese Unschuldsmine zuvor eingeübt haben, so glaubwürdig, wie sie wirkt. Amtsrichter Michael Herbert hält ihm vor: Mit einem gezielten Faustschlag auf die Brille habe er sein Opfer zu Boden gestreckt - Felix schüttelt empört den Kopf -, sich dann über ihn gebeugt, ihm mindestens zwei weitere Fausthiebe ins Gesicht verpasst und dann auf seinen Kopf eingetreten. "Nee", sagt Felix, "so wie ich da stand, nee, das kann gar nicht sein. " Vielmehr sei es so gewesen, dass Martin angefangen habe, seine beiden Freunde zu schubsen. Er ist dann dazwischen, quasi als Friedensengel, es kam zu einer Rauferei, dabei seien beide zu Boden gegangen. Und unglücklicherweise habe er dabei wohl mit dem Fuß Martin am Kopf berührt. Nur so seien die Blutspuren an seinen Turnschuhen zu erklären, die die Polizei protokolliert hat.

Martin ist als Zeuge geladen. Er hat eine Operation und mehrere Eingriffe hinter sich, weil die Gefahr bestand, dass sein rechtes Auge in der Höhle herunterhängen könnte. Der Azubi, große Brille, Typ Computer-Nerd, musste wegen der Krankenhausaufenthalte und Nachsorgetermine ein Lehrjahr wiederholen. Noch immer leidet er unter Schmerzen. Er hat den Vorfall anders erlebt. "Du Bayern-Sau", habe Felix gebrüllt, sei auf ihn los, sein Freund habe ihm noch helfen wollen, aber der hatte auch keine Chance.

Die Spezln von Felix wollen als Zeugen seine Version nicht bestätigen, sie möchten ihren Freund aber auch nicht belasten: Sie hätten schlichtweg nichts mitbekommen. Ob sie sich im Hinblick auf die Verhandlung mit dem Angeklagten besprochen hätten, will Staatsanwalt Ingo Desing wissen. Ja, zweimal habe man sich gesehen und dabei auch über den anstehenden Prozess geredet. Desing schließt daraus eine Absprache. Er fordert Felix auf, sich neben Martin zu stellen. Der ist mehr als einen Kopf größer. Schon allein wegen der Größenverhältnisse hält der Staatsanwalt die Version des Angeklagten für ausgeschlossen.

Die Verteidigerin will weg vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, bei der das Strafmaß deutlich höher ist - bis zu zehn Jahre Haft. Paragraf 224 setzt dabei den Einsatz "einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs" voraus. Sie hat ihrem Mandanten aufgetragen, die Turnschuhe, mit denen er zugetreten hat, mitzubringen als Nachweis, dass es sich dabei nicht um "gefährliche" Dinge handle. Felix legt die weichen Schuhe auf den Richtertisch. Die Blutspuren sind abgewischt.

Der Staatsanwalt plädiert nur noch auf vorsätzliche Körperverletzung, wenngleich "Schläge gegen den Kopf natürlich immer gefährlich" seien, weil sie das Auge treffen können. Zulasten des Angeklagten spreche sein "Rumpf-Geständnis von äußerst geringem Wert", außerdem ein "Anlass, wie er nichtiger nicht sein kann. Das ist einfach unterste Schublade. " Er fordert eine Freiheitstrafe von einem Jahr zur Bewährung und das Ableisten einer gemeinnützigen Arbeit für mindestens ein halbes Jahr.

Der Angeklagte hat das letzte Wort. Er wendet sich zum Zuschauerraum: "Ich nehme an, Sie sind die Mutter", sagt er zu der Besucherin in der letzten Sitzreihe. "Ich glaube schon, dass das hart für Sie ist. Ich möchte Ihnen sagen, es tut mir leid. "

Das rettet ihn nicht. Der Richter verurteilt ihn zu zehn Monaten Haft, die er für vier Jahre zur Bewährung aussetzt. Was der Angeklagte da vorgebracht habe, "das waren Schutzbehauptungen". Außerdem verdonnert er ihn dazu, 180 Arbeitsstunden bei einer gemeinnützigen Einrichtung abzuleisten.