Neuburg
Fast jede vierte Lehrstelle bleibt verwaist

Betriebe sind ausbildungswillig, doch es fehlt an Bewerbern – Bauhandwerk setzt auf Kooperation mit Spanien

29.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Neuburg (kpf) Die Bewerberlücke nimmt auch im Landkreis dramatische Ausmaße an. Zu Beginn des Ausbildungsjahres sind in den Betrieben noch 132 von insgesamt 564 angebotenen Lehrstellen frei. Damit bleibt laut Statistik der Arbeitsagentur fast jeder vierte Ausbildungsplatz unbesetzt.

„Die Ausbildungsbereitschaft unserer Unternehmen ist ungebrochen. Aufgrund der guten Konjunktur und des absehbaren Fachkräftemangels bieten sie immer mehr Lehrstellen an, es fehlt schlicht an den Bewerbern“, sagt Hartmut Beutler, Vorsitzender des Industrie- und Handelskammer-Gremiums Neuburg-Schrobenhausen.

Insgesamt treten mit Beginn des Ausbildungsjahres im Landkreis 246 Jugendliche eine Lehre bei IHK-zugehörigen Unternehmen an, wie aus der Zwischenbilanz der IHK für München und Oberbayern mit Stand Ende August hervorgeht. Dies entspricht einem Rückgang von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr, als der IHK bis Ende August 264 neue Ausbildungsverträge im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen gemeldet wurden.

„Der Mangel an Ausbildungsbewerbern wird ein immer größeres Problem, die Betriebe würden gern viel mehr Lehrstellen besetzen“, fügt Beutler an. „Die Azubis von heute sind die Fachkräfte von morgen. Der fehlende Nachwuchs beeinträchtigt das Wachstumspotenzial der Betriebe in allen Branchen“, so Beutler weiter. Der Fachkräftemangel werde gleichzeitig durch die Rente mit 63 weiter verschärft. Der IHK-Gremiumsvorsitzende begründet den Bewerberengpass mit sinkenden Schulabgängerzahlen sowie dem anhaltenden Trend zur Akademisierung.

Die Situation ist quer durch alle Branchen angespannt und betrifft nicht nur klassische Problembranchen wie den Einzelhandel und die Gastronomie. „Im Landkreis fehlt es neben den angehenden Kaufleuten im Einzelhandel und Verkäufern in gleichem Maße an Baugeräteführern, Metallbauern und Industriemechanikern“, so der Gremiumsvorsitzende.

Dem großen Angebot an 132 freien Plätzen stehen laut Statistik der Arbeitsagentur nur 57 unversorgte Bewerber gegenüber. Rechnerisch kommen damit auf jeden unversorgten Bewerber mehr als zwei unbesetzte Lehrstellen.

Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen sind 198 IHK-zugehörige Betriebe in der Ausbildung aktiv. Sie stehen für rund 50 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse. Über 1000 freie Lehrstellen in Oberbayern mit sofortigem Ausbildungsbeginn sind unter www.ihk-lehrstellenboerse.de zu finden.

Hans Mayr, Bauunternehmer aus Neuburg, stellvertretender Obermeister der Bauinnung und Neuburg-Schrobenhausener Kreishandwerksmeister, bestätigt, dass sich die Situation für die Betriebe deutlich verschärft habe. „Wenn vor zehn Jahren noch 100 Maurer werden wollten, dann sind es jetzt vielleicht noch 50 oder 60. Mit den Nachwuchsproblemen ist es schlimmer geworden. Es stehen einfach weniger Menschen zur Verfügung“, sagt er. Für ihn werde es zunehmend schwieriger, gute Maurer zu finden. Auf der Suche nach Lösungen arbeite man inzwischen mit spanischen Handelskammern zusammen, um Auszubildende nach Deutschland zu bringen. Mayr selbst beschäftigt in seinem mittelständischen Unternehmen eine spanische Bauingenieurin. In seinem Büro wird eine Immobilienkauffrau ausgebildet, im Architekturbüro ein Bauzeichner. Außerdem sind drei Auszubildende auf dem Weg zum Maurergesellen.