Gerolsbach
Farbe trifft Holz

Zwei Kunststile wecken in Gerolsbach vielfältige Empfindungen

18.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:56 Uhr

 

Gerolsbach (SZ) Tatsächlich mit nichts anderem als einer Kettensäge? Wie ist das möglich? Wie hat er das nur gemacht? Bei der Vernissage kommen die Besucher gar nicht mehr richtig aus dem Staunen heraus, als sie durch die Räumlichkeiten des Gerolsbacher Rathauses wandern und die Holzskulpturen von Paul Fottner betrachten.

Laudatorin Gerti Schwertfirm, zweite Bürgermeisterin von Gerolsbach, trifft den Punkt, wenn sie davon spricht, „welches Wunder, welche Schönheit und welche Eleganz seine Skulpturen verkörpern“.

Zusammen mit Miriam Regau hat er die Ausstellung „Farbe trifft Holz“ zusammengestellt. Die Malerin zeigt Acrylbilder, meistens gegenständlich. Orte, Stimmungen, das Atmosphärische einer Situation ist ihr Thema. „Sie hat ein gutes Form- und Farbgefühl. Und sie hat gelernt loszulassen“, so Franziska Lutz, in deren Malkursen Miriam Regau die Liebe zum Malen entdeckt hat, in ihrer Laudatio. „Loszulassen, damit die Entwicklung des Bildes einen eigenen Weg gehen kann“. Miriam Regau sagt selbst; „Ich mache das, worauf ich gerade Lust habe.“ Die Malreisen, die sie immer wieder gerne unternimmt, schaffen den erforderlichen Freiraum, Zeit, die zusammenhängend zur Verfügung steht. Die Motive müssen daher nicht zwingend vom Aufenthaltsort vorgegeben werden. Es hängt vielmehr von der Stimmungs- und Malsituation ab, ob sie lieber große Pinsel und die Spachtel in die Hand nimmt oder sich der Darstellung filigraner Formen annimmt.

Ihre Bilder tragen Titel wie „Bruno“, „Birkenwald“, „Frauenakt“, „Manhattan“ oder „Yellowstone Nationalpark“. Bemerkenswert, wie es ihr gelingt, Blau als warme Farbe einzusetzen, Kontraste niemals hart oder gewollt wirken zu lassen. Ihre Werke sind aber keineswegs Reiseerinnerungen. An vielen dieser Orte war sie nicht. Vielmehr scheint sie die Stimmung dieser ihr fremden Orte zu erforschen oder diese Orte als Platzhalter für ihre eigenen inneren Stimmungen zu setzen. Betrachtet man die Bilder als zusammenhängendes Werk, ist das, was entsteht, mit einem inneren Gefühlsbilderbuch vergleichbar.

Innen und außen sind auch die beiden Pole, zwischen denen sich Paul Fottner bei seiner Arbeit mit dem Holz bewegt. Denn zunächst ist da nur der Stamm, aus Eiche, Linde, Buche oder Wildkirsche. Formlos von außen. Doch innen wartet möglicherweise ein „Akrobat“, der „Zeitgereiste“, der „Engel“ oder der „Krieger“ oder gar die „Weiblichkeit“, um nur einige der Skulpturen beim Namen zu nennen. Durch einen Kurs bei dem Künstler Richard Allgaier fand Paul Fottner zur künstlerischen Arbeit mit der Kettensäge. Als Werkzeug beherrscht hatte er sie vorher längst. Gerti Schwertfirm: „Er spürte, dass man mit so einer Kettensäge noch etwas anderes machen kann als Bäume fällen oder Brennholz schneiden.“ Er spüre, ja er erahne förmlich, so die Rednerin, die Figur, die sich in dem einen oder anderen Stamm verberge. „Der Künstler schafft auf den ersten Blick derbe Gestalten, die in ihrer Gegenständlichkeit eine großartige Ästhetik entwickeln“. Beim näheren Hinsehen, so die Laudatorin weiter, „bilden die Skulpturen furchenübersäte Charaktere aus, die natürliche horizontale Struktur des Holzes bricht sich mit den vertikalen Schnitten.“

Gerti Schwertfirm warf in ihrer Rede die Frage auf, was die ausgestellten Figuren so ausdruckstark werden lasse. „So krumm, so gespalten das Holz auch gewachsen ist, die Skulpturen vermitteln den Eindruck des aufrechten Menschen, selbst wenn die Schwächen zeigen.“ So könne sich der Betrachter angesichts der Natürlichkeit und Ausdruckstärke kaum einer Kommunikation entziehen.

Das dürften auch die zahlreichen Besucher der Vernissage so empfunden haben. Man wollte am liebsten die Oberfläche fühlen, den Schaffensprozess nachempfinden, und sich den Baumstamm noch einmal vorstellen, wie er aussah, bevor er zu dem wurde, was nun vor einem steht.

Auch Bürgermeister Martin Seitz war gekommen, um ein Grußwort an die Gäste zu richten. Er freute sich einmal mehr über ein Rathaus, in dem die Bürger aus- und ein gehen und dessen Räume voller Leben sind. Die Ausstellung im Gerolsbacher Rathaus, Hofmarkstraße 1, ist in den kommenden zwei Monaten zu den Besucherzeiten des Rathauses geöffnet.