Ingolstadt
Falscher Sani schrammt am Gefängnis vorbei

19-Jähriger wegen unberechtigter Einsätze im Ingolstädter Rettungsdienst und Internet-Gaunereien verurteilt

11.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:24 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: Arne Dedert/dpa

Ingolstadt (DK) Er hatte an Rettungseinsätzen mitgewirkt und Notfallpatienten behandelt, obwohl er überhaupt keine entsprechende Ausbildung besitzt: Ein falscher Sanitäter, der beim Roten Kreuz in Ingolstadt einige Wochen lang im Rettungsdienst mitgewirkt hat, ist jetzt vom Jugendschöffengericht am Ingolstädter Amtsgericht zu zwei Jahren Haft mit Bewährung verurteilt worden.

Mit dieser Jugendeinheitsstrafe sind auch einige andere Delikte des aus Franken stammenden 19-jährigen Schwindlers geahndet worden - unter anderem Betrügereien im Internet und eine offenbar aber nicht ganz so dramatische sexuelle Belästigung.

Der Fall war im vergangenen Februar publik geworden und hatte weit über Ingolstadt hinaus ein mediales Echo gefunden. Dass sich jemand mit einem falschen Dokument in den zweifelsfrei sensiblen Rettungsdienst einschleichen und bei mehreren Einsätzen medizinische Notfallleistungen an Patienten vornehmen konnte, hatte der Ingolstädter BRK-Kreisverband, der sich nach Bekanntwerden des Schwindels sofort von dem jungen Mann getrennt hatte, natürlich nicht als Imagewerbung verbuchen können.

Das Rote Kreuz hatte den 19-Jährigen im vergangenen Winter allerdings nur zur Probe beschäftigt. Wie ein Sprecher des BRK-Landesverbandes seinerzeit gegenüber dem DK ausgeführt hatte, hatte sich der junge Mann mit einem manipulierten Zeugnis, das er sich aus dem Internet besorgt und ausgedruckt hatte, beim hiesigen Kreisverband als ausgebildeter Notfallsanitäter vorgestellt - immerhin die höchste Stufe im nichtärztlichen Dienst des Rettungswesens. Eine Festanstellung, so hieß es weiter, habe erst nach absolvierter Probezeit erfolgen sollen, hierzu seien auch noch weitere Papiere, unter anderem ein polizeiliches Führungszeugnis, nötig gewesen. Spätestens dann, so die damalige Auskunft des BRK, wäre der falsche Sani wohl aufgeflogen.

Zum Glück wurde er aber früher enttarnt. Weil er im Dienst gegenüber der 16-jährigen Tochter einer Kollegin zudringlich geworden sein soll, hatte sich nach einer Anzeige wegen sexueller Belästigung die Polizei mit dem jungen Mann beschäftigt. Bei diesen Recherchen flog auch sofort die getürkte Berufsausbildung auf. Allerdings hatte sich der 19-Jährige weiteren Ermittlungen entzogen: Er war untergetaucht und erst Ende Mai bei einem Bekannten in Fürth festgenommen worden.

Seither hatte der Schwindler in Untersuchungshaft gesessen, weil ihm den Ermittlungen der Polizei zufolge auch noch einige Betrügereien im Internet zur Last gelegt werden mussten. So soll er bei fingierten Verläufen über ein Netzportal wiederholt nicht unerhebliche Erlöse erzielt haben.

Wegen Urkundenfälschung, Betrugs, gefährlicher Körperverletzung und der erwähnten sexuellen Belästigung musste sich der junge Franke jetzt vor dem Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Christian Schilcher verantworten. Körperverletzung deswegen, weil der falsche Sani während seiner Rettungseinsätze bei Notfallpatienten Venenzugänge für die Verabreichung von Medikamenten gelegt haben soll, was - ohne entsprechende Ausbildung und Berechtigung - juristisch als unerlaubter körperlicher Eingriff zu werten war. Das Gericht erkannte in immerhin fünf Fällen eine solche Straftat und bezog dies bei seiner Urteilsfindung neben den erwiesenen anderen Taten ein.

Mit der Einheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung schrammte der junge Mann so gerade noch am Gefängnis vorbei. Das Jugendschöffengericht ging davon aus, dass der Angeklagte mit der mehrmonatigen Untersuchungshaft immerhin bereits einen gewissen Hafteindruck erhalten hat. Gerichtlich angeordnet wurde die Einziehung von 7500 Euro, die der Angeklagte bei seinen Internetbetrügereien ergaunert hatte. Außerdem wurde eine Betreuungsweisung ausgesprochen, damit der junge Mann in nächster Zeit unter Aufsicht bleibt und sich nicht gleich wieder neue Eskapaden leistet.

Mit einiger Sicherheit ist ein gewisser Geltungsdrang ausschlaggebend für den seltsamen Auftritt des 19-Jährigen beim Ingolstädter BRK gewesen. Wie sich beim Prozess herausstellte, hatte er bereits eine kleine Vorstrafe vorzuweisen - weil er sich andernorts vor Zeiten fälschlicherweise als Feuerwehrmann ausgegeben hatte.

Bernd Heimerl