Experte: Jeder zweite Autofahrer ist ungeeignet

03.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:27 Uhr

Pondorf (mby) Der Ingolstädter Verkehrspsychologe Jürgen Peucker hält jeden zweiten Autofahrer für ungeeignet, am Straßenverkehr teilzunehmen. Diese Zahl nannte er bei einem Vortrag, den der Katholische Frauenbund der Pfarrei Pondorf organisiert hatte. Unter dem Thema "Autofahren heute" brachte der Experte den Zuhörern wichtige Aspekte zum heutigen Straßenverkehr bei. Peucker betreut in Ingolstadt ein Verkehrsinstitut, welches sich mit dem richtigen Umgang im Straßenverkehr beschäftigt.

So bereitet der Verkehrpsychologe Autofahrer auf die MPU-Prüfung vor und versucht, verkehrsauffällige Fahrer "wieder auf den rechten Weg zu bringen". Überregional betreibt Peucker Risk-Management bei Speditionsunternehmen. Ziel dieses Risk-Managements ist die Halbierung der Unfallzahlen der Fahrzeugflotte der Firma in möglichst kurzer Zeit. Als Fahrlehrer war er mehrere Jahre tätig, bevor er seinen Schwerpunkt auf die Unfallvermeidung legte.

An einigen Zahlenreihen konnten die 23 Teilnehmer die Verkehrs- und Unfallentwicklung seit dem Jahr 1950 erkennen. Die Promillegrenze betrug damals 1,8, führte Peucker aus. Ein "Wahnsinn", wie er diese Situation bezeichnete. Kraftfahrer sollten sich grundsätzlich ohne Alkohol ans Steuer setzten, so die Meinung des Experten. Die Fahrzeugdichte stieg von damals 2,5 Millionen Fahrzeuge auf 56 Millionen im Jahr 2006. Im gleichen Zeitraum entwickelte sich die Zahl der Verkehrstoten von 8000 über einen Spitzenwert von 20 000 in der 1970er Jahren auf aktuell etwa 5000. Die Zahl der Schwerstverletzten, die nach einem Unfall arbeitsunfähig blieben, betrug jeweils das Zehnfache der Verkehrstoten.

Illegale Ablenkungen

Wie jeder Fahrer den Straßenverkehr sicherer machen kann, zeigte Peucker anhand der Unfallpyramide auf. Aus 24 000 unsicheren Handlungen entsteht laut Statistik ein schwerer Unfall. Wenn nun diese Basis der Ablenkungen reduziert werden könne, ließe sich laut Peucker auch die Zahl der schweren Unfälle verringern. Der Fachmann unterscheidet zwischen legalen Ablenkungen, wie dem Blick in den Rückspiegel, und illegalen Ablenkungen, zu denen er Essen, Trinken, Rauchen, Telefonieren und ähnliche Dinge während der Fahrt zählt.

Ebenso stellt laut Peucker die Eignung für den Straßenverkehr ein gravierendes Problem dar. Zum Erwerb des Flugscheines sei eine mehrtätige Eignungsprüfung erforderlich. Beim Erwerb des Führerscheins ist allein das Erreichen der Altersgrenze von 18 Jahren ausreichend. Rund 50 Prozent der Verkehrsteilnehmer sind nicht für den Straßenverkehr geeignet, so eine Behauptung des Verkehrspsychologen. Von den übrigen 50 Prozent sind ebenfalls weitere 25 Prozent zeitweise auf Grund von Ablenkungen oder anderen Einflüssen ungeeignet.

Peucker empfahl, sich selbst in verschiedenen Situationen im Straßenverkehr einmal zu beobachten. Auf einer Tafel hatte er 21 Punkte angebracht, die bisweilen gerne einmal übertreten werden: Alkoholeinfluss, Geschwindigkeitsüberschreitungen, rote Ampel und weitere Themen waren zum Beispiel aufgelistet. Anonym durfte jeder Teilnehmer eine seiner Schwächen von der Wand abnehmen. Am Ende blieb keine Karte übrig, was für Peucker den eindeutigen Beweis darstellt, dass jeder durch erhöhte Aufmerksamkeit auch zu geringeren Unfallzahlen und einem sichereren Straßenverkehr beitragen kann.