Vohburg
Evangelische Predigten am Burgberg

Die ersten Protestanten kamen wahrscheinlich schon kurz nach der Reformation nach Vohburg

25.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

Zugewuchert: Der "Kanzelstein" hinter einem heutigen Anwesen in der Burgstraße in Vohburg. Genau von dieser Stelle aus sollen evangelische Geistliche gepredigt haben. Der Zugang zu den Kirchen war ihnen verwehrt. - Foto: Bauer

Vohburg (PK) Ende Oktober feiert die evangelische Kirche mit mehreren Veranstaltungen ihr 500-jähriges Bestehen. Evangelische Christen gab es in Vohburg vermutlich schon bald nach der Reformation.

Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther seine Thesen zur Diskussion am "Schwarzen Brett" der Universitäts- und Schlosskirche zu Wittenberg durch Anschlag. Das gilt als Gründungsdatum der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Evangelische Christen gab es schon bald darauf auch in Vohburg.

Die ersten Evangelischen kamen nicht etwa, wie oft vermutet wird, als Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg nach Vohburg, sondern viel früher. Aufzeichnungen sprechen dafür, dass die ersten Protestanten schon kurz nach der Reformation in Vohburg auftauchten.

Nicht zu den Protestanten, da von Luther bekämpft, zählen die Wiedertäufer. Es ist bekannt, dass am 25. Mai 1545 auf fürstlichen Befehl mehrere Wiedertäufer von Vohburg nach Ingolstadt gebracht wurden. Ihr Anführer war ein gewisser Damian. Der Bayernherzog selbst hatte befohlen, dass die Geistlichen und Gelehrten "fleiß haben, ob er revoziert (widerruft)". Anderenfalls soll er verbrannt werden. Widerruft er, darf er aus Gnade mit dem Schwert hingerichtet werden. Wenn es in Vohburg zu dieser Zeit bereits Wiedertäufer gegeben hat, stellt sich die Frage, ob es auch Lutheraner gegeben hat. Vieles spricht dafür.

Fast zur selben Zeit gab es in Vohburg den Pfleger Wernher von Muggenthal. Er amtierte von 1525 bis 1557 in Vohburg und war als eifriger Anhänger des lutherischen Glaubens bekannt. Muggenthal ritt jährlich in das lutherische Neuburg an der Donau, um dort das Abendmahl unter beiderlei Gestalt (Brot und Wein) empfangen zu können. So tief war er von seinem Glauben überzeugt. Es ist anzunehmen, dass unter seiner Duldung mehrfach evangelische Geistliche nach Vohburg gekommen sind, um dort zu predigen. Die Vohburger Kirchen dürften ihnen wohl verschlossen geblieben sein. Aber es gab andere Möglichkeiten.

Im Westen fällt der Burgberg ziemlich steil Richtung Burgstraße ab. Dort existiert ein kleiner Jurabuckel, der einigen älteren Vohburgern aus ihrer Kinderzeit noch als sogenannter Kanzelstein in Erinnerung ist. Pfarrer Josef Reindl, der hier von 1913 bis 1922 Pfarrer war (gestorben 1946), betätigte sich auch als Heimatforscher. Er vermutet in seinen Aufzeichnungen zur Geschichte Vohburgs, dass dieser Stein mit der Laienkelchbewegung und dem Protestantismus zusammenhängt. Seiner Meinung nach haben genau von diesem Stein aus evangelische Geistliche gepredigt. Die Zuhörer sollen sich jeweils auf den Hängen des Burgberges niedergelassen haben, um die neue Lehre kennenzulernen.

Wie war so etwas tief im katholischen Bayern möglich? Nachdem Herzog Wilhelm IV. am 6. März 1550 gestorben war, ein Mann der katholischen Kirche, folgte ihm sein Sohn Herzog Albrecht V., erst 22 Jahre alt, in der Regentschaft von 1550 bis 1579. Zwar war auch Albrecht Katholik, neigte aber in Religionssachen zunächst zu Toleranz und Ausgleich und hielt viel von seinen Ratgebern, die ihn zu einer Politik des Nachgebens in unwesentlichen Dingen (Laienkelch und Zölibat) anregten. In Ingolstadt hatte dies zur Folge, dass die Jesuiten, kaum dass sie der Herzog gerufen hatte, am 28. Januar 1552 zur Abreise nach Wien befohlen worden waren. Zwei Jahre dauerte es, bis die Jesuiten wieder zurückkamen. Es herrschte also fast fünf Jahre lang ein gutes Klima für Protestanten.

Wie hart mit Evangelischen umgegangen worden ist, belegt eine Bittstellung aus Ingolstadt. Als 1565 ein Bürger evangelischen Glaubens gestorben war und Bittsteller beim Stadtpfarrer wegen einer Beerdigung vorsprachen, antwortete dieser nur "pro infidelibus non est orandum". (Für Ungläubige braucht man nicht zu beten).

Quellen: Germann, Wilhelm: D. Johann Forster, der Hennebergische Reformator; Selbstverlag 1894; Kirschner, Max:\t\tDer Vohburger "Kanzelstein"; in: Unsere Heimat, 113. Jg., Nr. 2/1972; Lechner, Sebastian: Mündliche Überlieferung gegenüber dem Verfasser.