Ingolstadt
Europawahl als Wunschkonzert

Am Piano: Kabarettist André Hartmann unterhält mit "Veganissimo"

27.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:10 Uhr

Ingolstadt (DK) "Kennen Sie vielleicht eine klassische Komponistin?

" In Zeiten von Gleichstellungsbeauftragten, Anti-Rassismus-Bewegungen und fast täglich neu auftretenden Tabuthemen, die auf gar keinen Fall satirisch aufgearbeitet werden sollten, bemüht sich auch Kabarettist André Hartmann um "political correctness". Bei seinem bunten Liederabend "Veganissimo" am Sonntagabend nimmt er sich also vor, wirklich alle Minderheiten einzubinden, selbst die Veganer, Frutarier und Gluten-Allergiker. Hartmanns Bestreben geht so weit, er dichtet allerlei Werke der Musikgeschichte so um, dass sie komplett frei von tierischen Produkten sind. "Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei" oder "Fuchs du hast die Gans gestohlen" werden von ihm generalüberholt und zu "Sierra Madre del Sur" gibt es Sojasoße dazu.

Und würde das nicht schon genug politischen Stoff hergeben, werden währenddessen auch noch die Stimmen zur Europawahl ausgezählt. Für Hartmann ist das ein Grund, ein paar seiner vielen Rollen auszupacken, die er sich als Imitator angeeignet hat. Plötzlich stehen Christian Ude, Edmund Stoiber, Gerhard Schröder (Hartmann hat den Bundeskanzler a. D. drei Jahre lang im Singspiel auf dem Nockherberg imitiert) und sogar eine Conchita-Wurst-Version von Angela Merkel auf der Bühne, die den Wählern ins Gewissen reden.

Das Faszinierende: Der Großteil des Abends wird vom Publikum gestaltet. Hartmann fragt seine Zuhörer in wohl portionierten Dosen, welches Lied als nächstes politisch korrekt umgedichtet werden soll. Irgendwann geht es auch gar nicht mehr um die Wurst. Jeder darf das Lied vorschlagen, das ihm gerade in den Sinn kommt - Hartmann schüttelt es einfach aus dem Handgelenk. Sogar verschiedene Versionen kann er auf dem Silbertablett servieren, seine Zuhörer müssen nur die Bestellung aufgeben, wie sie's denn gerne hätten: à la Konstantin Wecker, Udo Jürgens, Max Raabe oder Franz Liszt, auf Französisch, Russisch, Mandarin oder Hindi.

Im Finale lässt Hartmann dann Rotlicht-Rosen regnen. Ein Arrangement aus Hildegard Knefs bekanntem Chanson und der Bierzelt-Hymne "Skandal im Sperrbezirk" von der Spider Murphy Gang. Mit welcher Rasanz er den Willen seines Volkes auf dem Flügel übersetzt, ist grandios.

Davon abgelenkt, die ersten Prognosen der Europawahl zu studieren, applaudiert das Publikum André Hartmann für dieses Wunschkonzert besonders gerne. Bravissimo!

Katharina Wirtz