Sehensand
Eurofighter erhitzen erneut die Gemüter

Bürger machen bei Infoabend zum Fluglärm des Neuburger Geschwaders ihrem Ärger Luft

07.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:27 Uhr
Katrin Kretzmann
Der Lärm der Eurofighter im Neuburger Geschwader sorgt immer wieder für Ärger, bei den Bürgern, die in den Wohngebieten um den Flugplatz leben. −Foto: Schmitt

Sehensand - Einige Bürger in Neuburg verbinden mit dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Zell vor allem eines: Ärger.

 

Konkret geht es um den Fluglärm. Um einen Dialog zu schaffen, standen am Donnerstagabend auf Anregung von Stadtrat Fritz Goschenhofer Kommodore Gordon Schnitger sowie sein Stellvertreter Thomas Kullrich in Sehensand rund 60 Bürgern Rede und Antwort - und wurden dabei gehörig ins Kreuzfeuer genommen.

Zu Beginn lag Schnitger eine Botschaft am Herzen. "Die friedliche Entwicklung in der Welt ist vorbei und nimmt in einem negativen Ausmaß rasant zu", sagte er. "Ich hoffe, dass wir nie tatsächlich unseren Grund und Boden verteidigen müssen. " Dennoch: "Wir Soldaten haben einen Eid geschworen, dass wir unser Leben geben, wenn es die Situation erfordert. " Und dafür seien das beste Training und die beste Ausrüstung erforderlich. "Das sind entscheidenden Kriterien für mich, denn wir müssen die Rahmenbedingungen stellen. " Dass es aber, besonders in den Wohngebieten rund um den Flugplatz, oft viel Geduld seitens der Bürger brauche, "das wissen wir".

Über Lautstärke von bis zu 127 Dezibel beschwerte sich Johann Rauscher. "Ein Eurofighter kann auch mit 65 Dezibel rausfliegen", sagte er. "Wie kann das sein? Ist die Lärmschutzzone falsch oder wird hier nicht so geflogen, wie es sich gehört? " Lärm empfinde jeder individuell, antwortete Schnitger. "Ich kann knallhart sagen: Für mich ist es keiner. " Es gebe aber verschiedene Abflugverfahren, die ein Pilot üben müsse. "Und wir können nicht immer nur das leiseste trainieren, denn es gibt auch Befehle, bei denen wir schnellstmöglich an ein Ziel ranmüssen, wofür der Nachbrenner aktiviert werden muss. " Bei einem Alamstart zeigte Rauscher Verständnis, "aber nicht, wenn sinnlos kerzengerade hochgeflogen wird". Momentan stünden viele Kalibrierungsflüge an, erklärte der Kommodore. "In einem Eurofighter arbeiten über 70 Rechner und die müssen alle gleichzeitig ,Ich hab dich lieb' sagen. " Und damit das funktioniere, müsse das Flugzeug oft in mehreren Anflügen überprüft werden.

Kullrich verdeutlichte, was bereits gegen die Lärmbelästigung getan wird. "Wir haben unsere Platzrundenflüge um 240 Meter angehoben und machen seit langer Zeit eine leichte Linkskurve nach Westen, also ein Stück weit weg von Sehensand. " Zudem gebe es keine Starts und Landungen zwischen 12.30 und 14 Uhr sowie 22.30 und 6 Uhr. Bei Anlässen wie Beerdigungen, Geburtstagen oder Hochzeiten versuchen man zudem, Rücksicht zu nehmen. Starts nach 22.30 Uhr habe es im Vorjahr nie gegeben - was ein paar Zuhörer so nicht akzeptieren wollten.

 

"Ich habe 2019 bestimmt zehnmal am Flugplatz angerufen", beschwerte sich eine Zuhörerin. "Wir hatten auch externen Flugbetrieb, zum Beispiel regelmäßige Organtransporte,", erklärte Kullrich. Da es sich dabei nicht um Militär-, sondern um Zivilflugzeuge handle, tauchten auch nicht in der Statistik auf.

Gabriele Nava wollte wissen, warum die Lärmschutzzonen ausgeweitet wurden. "Für deren Festlegung ist unser Verband nicht zuständig", sagte Schnitger. Aber er werde eine Überprüfung gerne "nach oben kommunizieren". Eine solche finde generell nur dann statt, wenn es größere Veränderungen gebe, etwa ein neues Luftfahrzeug. "Eine Überprüfung von Lärmschutzzonen mag richtig sein, da bin ich dabei", sagte Anette Lenz. "Aber ich bitte, zu berücksichtigen, dass es keinesfalls soweit kommen darf, dass die Baulandentwicklung darunter leidet. "

Alois Braun hat nicht den Eindruck, dass die Piloten mehr links fliegen, wie Kullrich erklärt hatte. "Die fliegen immer mehr rechts nach Feldkirchen raus. " Der Vize-Kommodore erläuterte, dass die Piloten idealerweise zwischen Ballersdorf und Sehensand aufsteigen sollten, um den Lärm gering zu halten. Kullrich räumte aber ein, dass das nicht immer funktioniere, etwa wenn Gastmannschaften wie aus Italien im Geschwader seien und zum ersten Mal in Neuburg fliegen.

Karl Wild kann nicht verstehen, warum die Maschinen nicht grundsätzlich in Richtung Osten starten. "Dann wäre alles hier vom Lärm befreit und der erste Ort, über den geflogen wird, wäre Karlshuld. " Schnitger erklärte, dass die Piloten dann aber über Weichering müssten. Diese Diskussion habe er schon mehrfach dort geführt - und ordentlich verloren. "Die Hauptwindrichtung für uns ist Westen und ich kann nicht sagen: Du startest in die eine Richtung und landest in die andere. " Landen müsse der Pilot immer gegen den Wind. "Aber wie oft ist der Wind so stark, dass er wichtig ist? ", wollte Wild wissen. "Verdammt häufig", konterte Schnitger. "Sie wollen ihr Problem nur auf einen anderen Ort verlagern. "

Einige Vorschläge und Kritikpunkte aus den Reihen nahmen Schnitger und Kullrich an dem Abend allerdings auf, um sie weiter zu verfolgen. Ein Punkt war dabei die schlechte Erreichbarkeit der Beschwerde-Hotline sowie die teils oft unbefriedigende Auskunft. Auch die Option, außerplanmäßige Flüge über Online-Kanäle zu kommunizieren, nahmen der Kommodore und sein Stellvertreter an. "Wir machen uns Gedanken", sagte Schnitger abschließend.

DK

Katrin Kretzmann