Steinsdorf
Euphorie mit einem Funken Erleichterung

Über 600 Konzertbesucher haben mit den Hundskrippln Debütalbum "Lederhosn Amore" gefeiert

08.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:51 Uhr
Stimmung vor 700 Besuchern: D'Hundskrippln stellten "Lederhosen Amore" vor. −Foto: Christian Missy

Steinsdorf (DK) Über 600 Konzertbesucher haben mit den Hundskrippln in der Steinsdorfer Teilnehmerhalle deren Debütalbum "Lederhosn Amore" gefeiert. Erstmals präsentieren die Steinsdorfer Musiker ihrem Publikum ausschließlich selbst komponierte Lieder. Die Releasefeier stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der Band dar, denn künftig wird sie nicht mehr in Bierzelten auftreten. Die Fans der ersten Stunde sollen auf diese Reise trotzdem mitgenommen werden.

Das dritte Lied der Zugabe klingt gerade aus, es ist ein menlancholischer Song mit dem Titel "Bayrischer Bua". "Und I merk', wia schee dass' dahoam is", heißt es im Text. Und mehr dahoam als in der Teilnehmerhalle in Steinsdorf geht für die Hundskrippln nicht. Die letzten Akkorde der Akustikgitarre klingen durch den Raum, die Besucher schwingen die Arme zum Rhythmus durch die Luft, es werden Feuerzeuge geschwenkt. Als das Albumrelease-Konzert der Hundskrippln nach rund vier Stunden vorbei ist, liegt eine Stimmung in der Luft, die man bei Konzerten selten erlebt: Euphorie gepaart mit Erleichterung. Wobei niemand genau weiß, ob sie sich von den Musikern auf die Besucher überträgt oder umgekehrt.

Die Beziehung zwischen einer Band und ihren Fans kann in gewisser Weise mit einer Liebesbeziehung verglichen werden. Am Anfang sind da schummrige Clubs oder kleine Volksfeste, alkoholschwängerte Luft und der Reiz des Neuen, weil da die Melodie des eigenen Lebens gespielt wird. Und auch Musikgruppen fangen häufig in kleinen Läden an. Bevor die musikalische Beziehung zwischen Band und Fans in eine Phase der tiefen Vertrautheit und lebenslanger Treue gelangen kann, gibt es - wie in einer menschlichen Romanze auch - einige Meilensteine zu meistern. Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Die Hundskrippln hatten das erste Treffen mit den Schwiegereltern vor der Brust.

Die wilde Kennenlernphase haben die Steinsdorfer Jungs bereits hinter sich. Sie wissen dank jahrelanger Erfahrung, wie man ein Publikum mitreißt. Nahezu jeder der über 600 Konzertbesucher hat die Band auf einem Volksfest der Region schon mal spielen gesehen. Weinfest in Steinsdorf, Bürgerfest in Viehhausen, Volksfest in Riedenburg. Timo März ist aus Neumarkt gekommen und hat die Hundskrippln erstmals vor zwei Jahren beim Rossmarkt in Berching erlebt. Er ist in Tracht nach Steinsdorf gekommen, wie viele andere auch. "Sie stehen für bayerische Musik und machen gute Bierzeltstimmung." Seine Freundin Lena Mederer bringt es auf den Punkt: "Wenn eine Band es schafft, dass am Gillamoos das ganze Zelt steht, dann weiß sie, was das Publikum will." Nun stehen die Steinsdorfer Musiker aber vor einer Situation, in der sie nicht wissen, was auf sie zukommt. Wie das halt so ist, wenn man die Eltern des Partners zum ersten Mal trifft.

Eine knappe Stunde vor dem Auftritt sitzen Bassist Franz Eichhammer und Gitarrist Thomas Eberl im Backstageraum auf einer Bierbank und sind nervös. Das sieht man ihnen an, das sagen sie aber auch. Seit dem Erfolgshit "Gloana Bauer" ist viel passiert. Zehn Millionen Klicks bei YouTube, Plattenvertrag mit Universal und jetzt das erste Album mit den ersten selbst komponierten Liedern. Beide tragen eine Lederhose und ein normales T-Shirt. Schon das Outfit signalisiert Bierzeltpunk. So nennt die Band den Stil, mit dem sie künftig die Bühnen erobern will. Aber eben nicht mehr die Bierzelte. "Die wollen wir hinter uns lassen", sagt Eberl. "Wir wollen in Zukunft auch außerhalb des bairischsprachigen Raums auf Festivals und in Clubs auftreten." Die Releaseparty des Albums "Lederhosn Amore" steht am Beginn dieses neuen Abschnitts. Erstmals kommen Leute nicht zu einem Volksfest, bei dem die Hundskrippln auftreten, sondern zu den Hundskrippln, nur um deren Musik zu hören. "Wir haben keine Ahnung wie die Atmosphäre wird", sagt Eichhammer. "Das ist ganz anders als im Bierzelt. Das ist jetzt unsere eigene Musik."

Die Konzertbesucher sind zwar weit weniger nervös, doch was genau auf sie zukommt, wissen auch sie nicht. Jeder kennt den Hit "Gloana Bauer", der auf die Melodie von "Teenage Dirtbag" geschrieben wurde. Und die erste Single-Auskopplung "Ja oder Na" kam bei den Fans sehr gut an. Aber ansonsten?

Auch Michaela Espach ist im Dirndl da. Ihre Freundin hat gemeinsam mit einem Bandmitglied die Berufsausbildung absolviert, man kennt sich. Wie der neue, eigene Hundskrippln-Sound klingen wird, weiß sie nicht. Wie auch, das Album wird ja heute vorgestellt. "Ich vermute, dass es in die rockige Richtung gehen wird. Musik, die Stimmung macht." Ihre männliche Begleitung gibt sich pragmatisch. "Das werden wir heute schon hören, wie die Musik ist." Genau das ist es, was für diese Stimmung sorgt, die einen an das erste Treffen mit den potenziell künftigen Schwiegereltern erinnert. Beide Seiten freuen sich, beide Seiten sind aber auch angespannt. Weil wenn das hier heute gut geht, dann könnte daraus etwas Ernsteres werden.

Deswegen sind sie alle gekommen. Alle Hundskrippl-Fans, die eine Karte bekommen haben. Sie zwängen sich in die Teilnehmerhalle in Steinsdorf. Das Publikum ist bunt gemischt. Kinder und Besucher im gesetzteren Alter, Männer und Frauen, mit (deutlich mehr) und ohne Tracht. Radiomoderator Bernhard Fleischmann, den alle, ihn eingeschlossen, Fleischi nennen, eröffnet den Abend mit der Forderung nach mehr bayerischer Musik im Radio. Im Publikum findet er dafür eine breite Mehrheit. Deshalb schafften es die Hundskrippln auch mit "Gloana Bauer" ins Radio.

Bevor es losgeht, gibt es noch einen Exkurs in die Historie der Band. Auftritt der Gründergeneration der Hundskrippln. Der Name sei spontan enstanden. Der erste Auftritt: Starkbierfest in Steinsdorf, klar. "Bei uns ist eigentlich jeder mit jedem verwandt." Danach wird es musikalisch: Die Vorbands Die Fexer und Maria Reiser und Band spielen, die Stimmung ist schon jetzt ausgelassen, dann kommen endlich die Hundskrippln auf die Bühne.

Über 600 Leute sind hier - hier kennt wirklich jeder jeden. Die Steinsdorfer haben dieses Konzert durch ihre Hilfe möglich gemacht. Die Hundskrippln wollen ihren Dunstkreis erweitern, die Basis aber mitnehmen. Wie das gelingt? Mit Songs wie "Geile Nocht". Das soll auch das Motto für die Releaseparty sein, das Gefühl wird sich aber erst später einstellen.

Am Anfang steht erst einmal interessiertes Zuhören, es wirkt wie ein Abtasten. Es ist so voll vor der Bühne, dass man die Band teilweise besser über die zur Aufnahme in die Luft gehaltenen Smartphones sieht. Aber die gespannte Nervosität hat sich noch nicht gelegt. "Uns geht richtig der Stift", sagt Sänger Michael Hecker auf der Bühne. Auch das kann helfen, wenn man die Fans der ersten Stunde mitnehmen will: Interaktion. Mal ernsthaft, mal mit Augenzwinkern. Aber immer authentisch.

Rund zwei Stunden spielen die Hundskrippln ihr komplettes Album und einige zusätzliche Songs. Die Musiker werden immer lockerer. Natürlich wird bei den bereits bekannten Songs "Ja oder Na" und "Gloana Bauer" am meisten mitgesungen, aber am Ende tanzen die Leute zu allen Liedern. "Zuhause sind die größten Kritiker", sagt Hecker nach dem Auftritt. "Als wir gesehen haben, wie die Leute abgehen, wurde es einfacher."Auch Michaela Espach ist beeindruckt von dem Konzert. "Am Ende war die Stimmung richtig krass." Es waren wohl beide Seiten glücklich. Die Band weiß, dass ihre Musik ankommt. Und die Fans wissen, dass die Hundskrippln die Hundskrippln bleiben. Meilenstein erfolgreich gemeistert. Das mit den Hundskrippln und den Fans, das könnte etwas Ernsteres werden.
 

Christian Missy