Kelheim
"EU darf kein Fass ohne Boden werden"

Sparkassen-Präsident Fahrenschon rügt bei Wirtschaftstag die Geldpolitik der Zentralbank

18.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:22 Uhr

Spannende Diskussion beim Wirtschaftstag der Kreissparkasse in Kelheim: Deka Bank-Vorstandsmitglied Alfred Stocker (von links), Landrat Hubert Faltermeier, der Paintener Unternehmer Michael Rygol, der Kelheimer Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Dieter Scholz und Georg Fahrenschon, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes - Foto: Rast

Kelheim (rat) Geht Zypern bankrott? Zerbricht der Euro? Versinkt die EU im Schuldensumpf? Kommt eine Inflation? Wann steigen die Zinsen? Die Menschen sind derzeit mit wirtschaftspolitischen Fragen von gewaltiger Tragweite konfrontiert. Um Antworten zu erhalten, kamen am Freitagabend über 200 Bürger zum Wirtschaftsforum der Kreissparkasse.

Dieter Scholz, der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse, hatte zwei Top-Ökonomen nach Kelheim geholt: Georg Fahrenschon, den Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, und Georg Stocker, Vorstandsmitglied der Deka Bank in Frankfurt. An der abschließenden Podiumsdiskussion nahmen noch Landrat Hubert Faltermeier (Freie Wähler) und der Paintener Unternehmer Michael Rygol teil.

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) die internationalen Finanzmärkte derzeit mit Geld flutet, bereitet Fahrenschon Kopfzerbrechen. „Es ist zu viel Geld im Angebot“, sagte der frühere bayerische Finanzminister. Das bedeute, dass sich die südeuropäischen Krisenstaaten weiter verschulden können. „Der Reformdruck dort lässt nach“, stellte der Ex-CSU-Politiker fest. Denn die Notenbank betreibe „fast schon Staatsfinanzierung“.

Laut Fahrenschon entstehen daraus zwei Nachteile: Erstens dürfe die EZB sich „nicht zur Ersatzregierung Europas“ aufschwingen. Zweitens würden Forderungen laut, die eigentlich unabhängige Notenbank einer Steuerung durch die Politik zu unterwerfen.

Fahrenschon forderte Länder wie Griechenland, Italien und Spanien auf, ebenso wie Deutschland vor zehn Jahren den „Reformweg der Agenda 2010“ zu beschreiten. In der EU dürfe nicht dauerhaft schlechtem Geld gutes Geld hinterher geworfen werden. „Europa darf nicht zum Fass ohne Boden werden“, sagte der Ökonom. Der Griff in die Tasche des Nachbarn könne nicht zur europäischen Leitlinie werden.

Dennoch forderte er die Deutschen in diesen „turbulenten Zeiten“ zur Hilfe für die anderen EU-Staaten auf. „Denn wir profitieren am meisten vom Euro.“ Bis die Reformen greifen, bedarf es nach Fahrenschons Überzeugung eines „Zusammenspiels von Solidarität und Solidität“. Er betonte aber, dass die alte D-Mark ohne die Einführung des Euro ein „Spielball der internationalen Finanzmärkte“ wäre.

Bezüglich der Zinsentwicklung wagte der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete keine Prognose. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn sich das Zinsniveau generell wieder stärker an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientieren würde. Die Unternehmen würden die historisch niedrigen Zinsen zudem für Rationalisierungsmaßnahmen nutzen, was Arbeitsplätze koste. „Billiges Geld bedeutet nicht automatisch Wachstum“, bedauerte Fahrenschon. Grundsätzlich seien die deutschen Mittelständler derzeit aber „bärenstark aufgestellt“.

Das bestätigte Landrat Faltermeier: „Wir können zuversichtlich in die Zukunft blicken.“ Angesichts der minimalen Arbeitslosigkeit im Kreis Kelheim sei man „schon fast geneigt, sich zurückzulehnen“. Eine Gefahr sieht der Kreischef aber für den Fall einer sinkenden Einspeisevergütung für Strom aus Windkraft. Das wäre nach seiner Auffassung ein „Salto rückwärts“ bei der angestrebten Energiewende. „Der geplante Windpark in Painten bricht dann wie ein Kartenhaus zusammen“, prophezeite Faltermeier.

Der Paintener Firmenchef Michael Rygol unterstrich ebenfalls die Bedeutung der regenerativen Energieproduktion. Mit den firmeneigenen Photovoltaik-Modulen produziere er inzwischen eine Leistung von fast sechs Megawatt, welche in die Herstellung von Dämmstoffen fließe, erläuterte Michael Rygol.