Ingolstadt
Etikettenschwindel im Ausflugslokal

Statt den beworbenen Hausbrand kredenzt bekannte Gastronomenfamilie zugekauften Schnaps - Hohe Geldstrafe

12.04.2018 | Stand 23.09.2023, 2:53 Uhr
Symbolbild von einer Schnapsverkostung. −Foto: Seeger/dpa

Ingolstadt (DK) Eine derart hohe Dichte an Lebensmittelkontrolleuren ist sonst höchstens bei regionalen Dienstbesprechungen anzutreffen. Gestern aber fanden gleich mehrere Beamte den Weg zum Ingolstädter Landgericht, wo eine Berufungsverhandlung für einigermaßen Aufsehen sorgte. So war es nicht nur generell das Thema Lebensmittelrecht und die Rechtsprechung dazu, das die Besucher anlockte, sondern auch der Angeklagte beziehungsweise die Lokalität, aus der er stammt. Denn - und das ist ein offenes Geheimnis durch mehrere Strafverfahren - in dem Ausflugslokal im Landkreis Eichstätt gehen die Kontrolleure ein und aus und finden immer wieder beanstandungswürdige Zustände vor.

So auch im Januar 2017, als die Aufpasser aus dem Eichstätter Landratsamt das Schnapsregal in dem Gasthaus unter die Lupe nahmen und ihnen eine Flasche Apfelbrand ins Auge stach. Dieser soll laut Etikett aus dem eigenen Haus stammen und wird auf der Internetseite des Lokals unter "hausgemachte Köstlichkeiten aus unserer Brennerei" angeboten. Stimmte aber überhaupt nicht, wie die Lebensmittelexperten herausfanden. Der Apfelbrand war tatsächlich zugekauft und stammte von einer Destillerie in Baden-Württemberg. "Wenn ich zu einem anerkannten regionalen Hersteller gehe, dann habe ich doch das Vertreuen darauf, dass die Herstellung genau da geschehen ist", fasste der Vorsitzende Richter Konrad Riedel gestern die berechtigte Erwartungshaltung der Kunden zusammen. Die Herkunftsbezeichung sei deshalb natürlich von zentraler Rolle, und der entsprechende Paragraf im Lebensmittelgesetz wolle "genau den Etikettenschwindel verhindern", so Riedel. In dem Lokal dürfte es aber ungefähr so gelaufen sein: Mit dem Kanister ankommen, den Inhalt in eigene Flaschen füllen und ein eigenes "Bapperl" drauf, wie Riedel es beschrieb. Das gilt ganz klar als "das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die irreführende Informationen enthalten" und ist entsprechend strafbar. Deshalb fand sich gestern der 40-jährige Brennmeister der hoteleigenen Hofbrauerei vor Gericht wieder.

Das Ingolstädter Amtsgericht hatte gegen ihn, einen Spross aus der bekannten Gastronomenfamilie, eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro, also 4000 Euro, verhängt. Das war dem 40-Jährigen viel zu viel, sodass er die Berufungskammer am Landgericht anrief. Doch der Vorsitzende Richter Riedel machte dem gerichtserfahrenen Landwirt keine Hoffnungen, was auch an dessen Vorstrafen liegt, die ausnahmslos mit dem familiären Gastronomiebetrieb zu tun haben. Er war zum Beispiel wegen des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt schon zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Der große Lerneffekt hat offensichtlich noch immer nicht eingesetzt, wie die jüngste Verurteilung zeigt. Angeblich wegen seines Jagdscheins, den er nach dem Entzug 2008 nun wieder beantragen könne (falls die Geldstrafe entsprechend niedrig ausfalle), strebe er die Berufung an. Riedel aber regte mit deutlichen Worten die Zurücknahme des Rechtsmittels an - und die Geldstrafe zu zahlen. Das Urteil des Amtsgerichts sei sogar "eher milde".

Riedel kennt die Familie aus früheren Verfahren. Am heutigen Freitag hat er zudem den Seniorchef bei sich, der sich verantworten muss, da die Schankanlage des Lokals einmal mehr verunreinigt gewesen war. Ob der Senior wie sein Sohn die Berufung zurücknimmt, bleibt abzuwarten.

Christian Rehberger