"Essen kann wie Medizin sein"

Der Film "Master Cheng in Pohjanjoki" des finnischen Regisseurs Mika Kaurismäki will Kulturen zusammenbringen

29.07.2020 | Stand 02.12.2020, 10:52 Uhr
Mika Kaurismäki. −Foto: Gallego, epa

Studiert hat er gemeinsam mit Doris Dörrie an der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen.

 

Wenngleich sein Bruder Aki der berühmtere Filmemacher ist, kann Mika Kaurismäki (64) Erfolge vorweisen. Mit Johnny Depp und Julie Delpy inszenierte der Finne die Tragikomödie "L. A. Without a Map". Seine Dokumentation "Mama Africa" wurde zum Arthaus-Erfolg. Eine Geschichte vom Essen erzählt "Master Cheng in Pohjanjoki". Ein chinesischer Koch kommt nach Finnland und gewinnt durch seine ungewöhnlichen Menüs die Herzen der Dorfbewohner.

Herr Kaurismäki: Liebe geht durch den Magen, auch über unterschiedliche Kulturen hinweg?
Mika Kaurismäki: Mein Film soll zeigen, wie man Menschen und Kulturen zusammenbringt. Das Trennende hören wir aus der Politik häufig genug. In gewisser Weise ist "Master Cheng" ein Film über Globalisierung, jedoch im positiven Sinne: Eine zufällige Begegnung zwischen zwei gewöhnlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, die sich und ihre Umwelt gegenseitig bereichern und anerkennen, spiegelt den eigentlichen Geist der Globalisierung wider.

Bei Story und Stil ist Schmalhans Küchenmeister. Ist weniger mehr?
Kaurismäki: Die Erzählung ist bewusst minimalistisch gehalten, folgt dem Prinzip "klein, aber fein" und verzichtet auf unnötige Plot-Twists. Stattdessen lebt der Film von seiner Atmosphäre, den liebevollen Details und einer subtilen Schwingung unter der Oberfläche. Seine Einfachheit macht ihn universell begreifbar, seine bedingungslose Herzlichkeit hat eine mitreißende Energie. Entscheidend sind dabei überzeugende Schauspieler, die den Raum nutzen, um ihre Rollen sorgfältig zu entwickeln.

Es gibt immer wieder gesundheitliche Ratschläge, etwa über das richtige Schlürfen von Suppe. Welche Rolle spielt für Sie die traditionelle chinesische Medizin?
Kaurismäki: "Man ist, was man isst", heißt es im Sprichwort zu Recht. Ich glaube, dass Essen eine Medizin sein kann. Die traditionelle chinesische Medizin war der Ausgangspunkt des Films. Der Drehbuchautor hatte mir erzählt, dass er sich schon lange für dieses Thema interessiert. Das fand ich spannend und schlug vor, eine Geschichte zu entwickeln, in der Essen als wichtiger Teil dieser medizinischen Lehre eine große Rolle spielt.

Der Film hat bei den Filmtagen Lübeck den Publikumspreis gewonnen. Was würden Sie wünschen, was die Zuschauer aus "Mister Cheng" mitnehmen?
Kaurismäki: Die Hoffnung, dass die Welt ein schöner Ort ist, wenn wir gemeinsam miteinander leben und voneinander lernen.

Das Interview führte

Dieter Oßwald.

Finnland/China 2019, Regie: Mika Kaurismäki, mit Anna-Maija Tuokko, Chu Pak-hong, Kari Väänänen, 114 Minuten, ab 6 Jahren. HHHI