Eichstätt
"Es wird entspannter"

Schulamtsdirektor Rudolf Färber befürwortet den neuen Einschulungskorridor

08.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:40 Uhr
Mehr als nur Spielen: Im Kindergarten - wie hier in St. Marien in Appertshofen - werden die Vorschulkinder gezielt auf die Schule vorbereitet. Sie lernen unter anderem die Zahlen. Und bis zum Schuleintritt können die meisten auch schon ihren Namen schreiben. −Foto: Meßner

Eichstätt (EK) Der neue Kultusminister Michael Piazolo hat für Kinder, die zwischen dem 1. Juli und dem 30. September sechs Jahre alt werden, zum Schuljahr 2019/20 einen Einschulungskorridor eingeführt.

Die Eltern können frei entscheiden, ob ihr Kind zum kommenden Schuljahr oder erst ein Jahr später eingeschult wird. Die Folgen dieser Entscheidung schlagen unter anderem bei Rudolf Färber, dem Leiter des Schulamts Eichstätt, auf.

Wie stehen Sie zu der Einführung des Einschulungskorridors?

Rudolf Färber: Ich bin ein Freund dieser Veränderung, weil vieles entspannter wird. Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder den Trend, dass Kinder zurückgestellt werden. Für die Eltern war das nicht einfach, denn sie mussten dann ein Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.

Und das brauchen sie nun nicht mehr.

Färber: Richtig, es wird einfach entspannter - zum Wohle der Kinder. Die Eltern können ohne Druck in die Einschulung gehen. Im Übrigen bezweifle ich, dass sich so viel ändern wird.

Das heißt, Sie befürchten nicht, dass die Schülerzahlen im kommenden Schuljahr aufgrund von zahlreichen Rückstellungen zurückgehen werden?

Färber: Es wird sich das ein oder andere verschieben. Aber grundsätzlich glaube ich nicht, dass sich an den Zahlen viel tun wird.

Weil es bisher auch schon möglich war, Kinder zurückstellen zu lassen?

Färber: Wir versuchen ja, dass die Kinder in der Grundschule mitkommen. Es macht keinen Sinn, Kinder einzuschulen, die keine Chance haben, Fuß zu fassen. Die Zeiten sind vorbei.

Mit wie vielen Kindern rechnen Sie?

Färber: Das kann man noch gar nicht sagen. Das ist jedes Jahr anders, eine Prognose ist schwierig. Auch in den vergangenen Jahren wurden Kinder, die vielleicht noch nicht so weit waren, zurückgestellt. Es wird sich nicht viel ändern, nur der Umgang wird entspannter.

Es ist nach wie vor so, dass die Eltern von sich aus aktiv werden müssen. Wie läuft das Prozedere ab?

Färber: Die Einschulung läuft ganz genauso wie immer. Wichtig ist in meinen Augen die Elternpartnerschaft. Die Eltern sollten das Gefühl haben: Die Schule kümmert sich um mein Kind. Das Vertrauen muss in den nächsten Jahren mehr gestärkt werden. Das würde ich mir wünschen.

Wie sollte das in der Praxis aussehen?

Färber: Die Schulleiter sind geschult und angehalten, dass sie möglichst viel Transparenz schaffen für die Eltern. Je mehr man die Menschen ins Boot holt, je mehr sie Bescheid wissen, umso leichter wird es. Wir haben heute ein hervorragendes Beratungssystem. Das ist in den vergangenen Jahren sehr professionell geworden.

Was ändert sich für Sie am Schulamt? Wird der Aufwand größer?

Färber: Das wird sich erst noch herausstellen, aber ich glaube nicht, dass der Aufwand größer wird. Für uns war wichtig, dass ein Zeitpunkt geschaffen wurde, damit wir planen können. Der 3. Mai steht fest. Erst dann gehen wir ins Eingemachte, in die Klassenbildung. Bis dahin müssen die Eltern ihre Entscheidung schriftlich an der Schule gemeldet haben. Das brauchen wir auch, sonst wird es mit der Klassenbildung schwierig. Veränderungen gibt es bis zum Schulstart dennoch immer wieder. Das System ist mittlerweile sehr flexibel geworden. Am ersten Schultag muss dann aber alles passen.

Simone Fleischmann, die Vorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, hat kritisiert, dass dieser Einschulungskorridor so kurzfristig eingeführt wurde. Sie hätte es besser gefunden, wenn man die Veränderung vorbereitet und erst zum übernächsten Schuljahr eingeführt hätte.

Färber: Ich glaube nicht, dass der Einschulungskorridor zu schnell eingeführt wurde. Ich bin ein Freund von "Packen wir es an". Wir diskutieren in der heutigen Zeit viel zu viel. Jetzt sollten wir einfach mal machen, danach sind wir schlauer. Wir machen es einfacher für die Eltern, wir zwingen ja niemanden. Umgekehrt wäre es schlechter. Diese Regelung ist ganz im Sinne der Kinder.

Also eine gute Entwicklung.

Färber: Es geht immer um das einzelne Kind. Dessen Wohl muss im Mittelpunkt stehen. Alle Systeme, die wir im Hintergrund haben, also Fachdienste, Beratungen, Schulpsychologie, dienen diesem Zweck. Alles andere muss hinten anstehen.

Diesen Eindruck hatte man bei manchen Entscheidungen nicht immer. Der Stichtag zur Einschulung wurde mehrmals verändert. Er wanderte immer weiter nach hinten bis auf den 31. Dezember, so dass die Kinder immer früher eingeschult wurden - ehe das Ministerium wieder zurückgerudert ist.

Färber: Die Zeiten ändern sich und ich glaube, das ist der Versuch, sich dem anzupassen. Kinder werden heutzutage oft erwachsener erzogen. Ich bin da nicht unbedingt ein Freund davon. Ich war erst kürzlich beim Essen. Da kam eine Familie mit einem Kind, vielleicht 2. oder 3. Klasse, herein. Das war wochentags um 21 Uhr während der Schulzeit. Um diese Zeit sollte man zu Hause sein und dem Kind vielleicht was vorlesen.

Vom Ministerium wird immer wieder auf die gute Beratung durch die Schule verwiesen. Sollte man nicht auch den Kindergarten stärker mit einbeziehen? Schließlich sind es die Erzieherinnen, die die Kinder - abgesehen von den Eltern - am besten kennen.

Färber: Absolut. Wir sind auch dran, da noch mehr Kontakte zu knüpfen. Die Schulleiter sind angehalten, noch mehr in die Kindergärten zu gehen. Regelmäßige Treffen finden ja bereits statt. Abgesehen davon sind die Kindergärten auch in der Pflicht, die Eltern zu beraten. Nach meiner Erfahrung sind die Kindergärten heute sehr professionell aufgestellt.

Damit die Kinder fit für die Schule werden.

Färber: Es geht nicht mehr nur darum, mit den Kindern ein wenig zu spielen. Die Kleinen werden auf die Schule vorbereitet und das ist meiner Meinung nach auch der richtige Weg. Kinder kann man schon fordern, die schaffen das.

Das Gespräch führte

Markus Meßner