Es war Rettung in letzter Minute

07.09.2011 | Stand 03.12.2020, 2:26 Uhr

Der Zuschnitt und die Bohrungen sind Millimeterarbeit: Die Firma Kempfle Küchen in Rohrenfels ist der größte und wichtigste Lieferant der Küchen Quelle. Die Firma stellt 30 bis 50 Küchen pro Tag fertig.

Nürnberg (DK) Wie viel Mut er aufgebracht hatte, merkte Bernd Warnick erst später. Nämlich als die ersten Briefe in seinem Postfach lagen. Von Menschen, die ihm zu seiner Entscheidung gratulierten, Küchen Quelle zu retten. Und die ihm Glück wünschten.

Doch im Sommer 2009 ging es dem Nürnberger Geschäftsführer erst einmal um die Frage, ob das Unternehmen überhaupt überleben kann. Arcandor, Deutschlands großer Handels- und Touristikkonzern, kämpfte gegen die Insolvenz. Und mit ihm die Quelle GmbH. Die Suche nach einem Investor für Quelle verlief ergebnislos. Am 20. Oktober wurde die endgültige Liquidation beschlossen. „Das war der Moment, wo ich erkennen musste: Nichts geht mehr“, erzählt Warnick von den bewegenden, anstrengenden Wochen – ein Wechselbad aus Hoffnung, Frustration und Zuversicht.
 

1996 hat er bei Küchen Quelle begonnen und diesen Bereich als Spartenleiter ausgebaut. Jetzt einfach hinzuwerfen und sich einen anderen Job zu suchen – daran hat er keinen Gedanken verschwendet, betont er im Gespräch mit unserer Zeitung. „Küchen Quelle ist mein Lebensinhalt gewesen. 150 Stellen dort und Hunderte weitere bei Partnern und Lieferanten waren in Gefahr.“ Etwa beim größten und wichtigsten Lieferanten, der Firma Kempfle Küchen in Rohrenfels bei Neuburg. Auch diese Arbeitsplätze zu retten, war Motivation für ihn.

Die Suche nach möglichen Privatinvestoren begann. „Einen Tag nach dem Aus hatte ich einen Handzettel mit zehn Interessenten.“ Übrig geblieben sind außer Warnick die mittelfränkischen Unternehmer Hannes Streng (Obi-Baumärkte), Christian Bühler (MittelstandsInvest) und Alexander Fackelmann (Fackelmann Küchenhelfer).

Einen Monat und mehrere Nachtsitzungen später stand die GmbH, und die Investorengruppe löste Küchen Quelle aus dem insolventen Konzern heraus. Es war Rettung in letzter Minute. Im Hintergrund gingen die Verhandlungen mit den Lieferanten weiter. „Das war nicht ganz einfach, denn die wussten am Anfang ja auch nicht, ob die neue Küchen Quelle finanziell solide ist“, sagte Warnick. Aber alle Lieferanten sind dabei geblieben.

Trotzdem war es eine schwierige Zeit. Die Firma musste mit ausreichend Kapital ausgestattet werden, um ein Umsatzvolumen von etwa 50 Millionen Euro pro Jahr zu stemmen und 150 Mitarbeiter zu bezahlen. „Wir mussten von Anfang an mehr als eine halbe Million Euro pro Monat an Löhnen finanzieren“, so Warnick.

Schmerzhaft für das Unternehmen war, dass es mit dem Quelle-Katalog seinen wichtigsten Werbeträger verloren hatte. In dem in Millionenauflage erschienenen Katalog waren stets mehrere Seiten für Küchen reserviert. Auch für dieses Problem wurde schnell eine Lösung gefunden: Neue Werbeträger sind Radio- und Fernsehspots. Der Wichtigste aber ist das Internet. „Wir sind ein Internet-basierter Direktvertrieb von Einbauküchen.“ Und dieser Weg soll weiter ausgebaut werden.

Die ersten Monate waren ein Auf und Ab. Bis es im März 2010 beim Umsatz deutlich nach oben ging, „zu diesem Zeitpunkt wussten wir, wir können dieses neu gegründete Unternehmen erhalten“. Ein wichtiger Schritt für die vier Investoren, die mit ihrem Privatvermögen einstehen. Nach einem Jahr schließlich schrieb Küchen Quelle schwarze Zahlen.

Das Prinzip ist das gleiche wie seit fast 33 Jahren: „Wir haben ein bundesweites Küchenberaternetz. Die etwa 70 Berater gehen zum Kunden nach Hause und planen die Küche direkt vor Ort – auf den Zentimeter genau. Dieses Angebot hat immer gut funktioniert.“

Dennoch war nicht sicher, ob die Kunden der neuen Küchen Quelle vertrauen. „Wir haben unseren Mitarbeitern die Berichte der Übernahme mitgegeben. Das ist bei den meisten Kunden gut angekommen. Wir haben in dieser Zeit viel Unterstützung erfahren. Und da wurde mir klar, dass unser Engagement nicht selbstverständlich war – eher mutig.“

Derzeit verkauft Küchen Quelle monatlich zwischen 600 und 800 Küchen. Pro Küche geben die Käufer im Schnitt 7500 Euro aus. Dass das Geschäft wieder läuft, zeigt auch eine andere Zahl: „Fast 1000 Kunden warten im Moment auf den Besuch eines Küchenplaners“, erzählt Warnick. „Wir sind mit dem Geschäftsverlauf sehr zufrieden.“ Auch deshalb ist die Firma auf der Suche nach neuem Personal.

Die Kunden sind bereit Geld auszugeben, hat Warnick festgestellt. Der Trend geht dazu, es sich zu Hause gemütlich zu machen. Gefragt sind im Augenblick weiße, cremefarbene Küchen kombiniert mit Holztönen oder kräftigen Farben. Die deutsche Durchschnittsküche ist 18 Jahren alt. „Die erfüllen durchaus noch ihren Zweck, aber der ganze Komfort fehlt“, so der Geschäftsführer. Mit Komfort meint er: Backofen in Arbeitshöhe, indirekte Beleuchtung, energiesparende Techniken, extrabreite Auszüge. Vieles kommt auch Senioren entgegen – einer Zielgruppe, die das Unternehmen künftig verstärkt ansprechen will.