Hilpoltstein
"Es war immer ein ganz besonderes Erlebnis"

30.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:14 Uhr
Eine kleine Aufmunterung schicken die Steigerwälder Knutschbären nach Hilpoltstein. Für den langjährigen Frontmann Sepp Hauck war das Burgfest 2019 die Abschiedsvorstellung. −Foto: Bleisteiner/Bader, Archiv

Es ist ein trauriger Tag für Hilpoltstein. Denn an diesem Freitag hätte unter normalen Umständen das Burgfest beginnen sollen. Doch in Zeiten der Coronavirus-Pandemie ist an das größte Fest des Jahres im südlichen Landkreis Roth nicht zu denken. Also kein Anstich, kein Trödelmarkt, kein Sautrogrennen, kein Burgspiel, kein Festspiel, kein Festzug und erst recht kein Frühschoppen am legendären Burgfestmontag. Die Steigerwälder Knutschbärn, die dieses Spektakel seit vielen Jahren begleiten, blicken zurück auf Raufereien in früheren Jahren, auf eine frustrierende Ausladung und auf weinende Männer bei der letzten Biertaufe mit Chef-Knutschbär Sepp Hauck im vergangenen Jahr.

 

Hilpoltstein - Es ist in jedem Jahr aufs Neue kaum zu glauben: Hunderte junge Menschen harren am ersten Montag im August in aller Herrgottsfrühe am Hilpoltsteiner Festplatz aus und warten auf die Öffnung des Festzelts, um Punkt 7 Uhr die Tische und Bierbänke in den ersten Reihen an der Bühne zu stürmen. Und das alles, obwohl das eigentliche Spektakel erst zweieinhalb Stunden später beginnt. Wenn dann ab 9.30 Uhr endlich die große Sause mit Sepp und seinen Steigerwälder Knutschbärn steigt, steht quasi schon das ganze Zelt auf den Bänken.

Doch das alles wird es heuer nicht geben. Das Burgfest fällt dem Coronavirus zum Opfer, und damit auch der Frühschoppen. Die Musiker leiden aber mit den Hilpoltsteinern mit und wollen ihr treues Burgfestpublikum ein wenig trösten. "Das Burgfest ist auch für uns ein Highlight, von dem wir immer wieder gern erzählen", sagt Tristan Hanft, der seit 2009 bei den Auftritten am Schlagzeug sitzt und seit dem Rückzug von Sepp Hauck im vergangenen Jahr der Chef und Manager ist. "Das Burgfest ist das einzige Fest, bei dem die Zuschauer schon beim Soundcheck auf den Bänken stehen", unterstreicht er die Einmaligkeit dieses Frühschoppens.

Die Zeit ohne Auftritte wegen der Coronavirus-Pandemie haben die Steigerwälder Knutschbärn, die allesamt ein zweites berufliches Standbein haben, gut genutzt, um im Studio das neue Album "Hias" aufzunehmen, das just an diesem Freitag erscheint. "Ansonsten haben wir seit langem mal wieder Zeit für unsere Familien. Sonst wird uns Musikern immer angekreidet, dass wir zu wenig Zeit zu Hause verbringen. Aber ich denke, in diesem Jahr wären einige Musikerfrauen froh, wenn wir mal wieder ein Wochenende unterwegs wären", sagt er.

Den Kontakt untereinander pflegten die Knutschbärn trotz der Kontaktbeschränkungen. "Wir telefonieren regelmäßig und werden die freie Zeit jetzt dazu nutzen, um uns öfters zum Grillen zu treffen", sagt Hanft. Auch die Techniker werden zu diesen Treffen eingeladen. "Die gehen leider meistens unter, machen aber einen extrem guten Job", lobt Hanft sein Team.

Ein anderer, der bei diesen Grillabenden nicht fehlen darf, ist Sepp Hauck, der beim Burgfestfrühschoppen im vergangenen Jahr seine Abschiedsvorstellung gegeben hat. 40 Jahre stand er bei den Auftritten an vorderster Front und hat mit seinen Knutschbärn in dieser Zeit allerhand erlebt. "Hilpoltstein war immer ein ganz besonderes Erlebnis", schwärmt der 68-Jährige und schwelgt in Erinnerungen. "In der Anfangszeit, als ich noch mit den Original Steigerwälder Musikanten aufgetreten bin, wurde in den ersten Reihen immer der ,Wittmann Franz' gesungen. Aus Jux und Dollerei haben wir das Lied einstudiert und es später mal ins Programm eingebaut", sagt Hauck. "Doch da hat es irgendwie keine Sau mehr interessiert."

 

Dass der Frühschoppen in seiner Art einmalig ist, beweist auch ein Ritual, dass dem Sepp jedes Jahr aufs Neue wiederfuhr - die Biertaufe. "Einmal stand sogar einer im schicken Anzug mit einer Maß Bier vor mir und wollte, dass ich diese über seinen Kopf schütte", erinnert er sich. Im vergangenen Jahr, als Sepp seine Abschiedsvorstellung in Hilpoltstein gab, kamen einige junge Männer nach dem Auftritt hinter das Festzelt, um sich persönlich zu verabschieden und sich ihre letzte Biertaufe abzuholen. "Da haben manche sogar geweint. Das war unglaublich", erzählt Sepp gerührt.

"Hilpoltstein ist ein Teil von meinem Leben geworden." So hat Sepp Hauck im Laufe der Jahrzehnte einige Freundschaften in und um Hilpoltstein geschlossen. Hin und wieder besucht er seine Bekannten auch, wenn er bei Radtouren in der Gegend unterwegs ist. Zu seinem Abschied aus der Band haben ihm seine Musikerkollegen im vergangenen Jahr ein großes, gerahmtes Foto geschenkt, das den Sepp in vorderster Front auf der Bühne zeigt - selbstverständlich beim Frühschoppen in Hilpoltstein.

Nach dem Rückzug von Sepp Hauck sind die Steigerwälder Knutschbärn fast ein reines Familienunternehmen geworden. Neben Tristan Hanft gehören zur aktuellen Besetzung auch dessen Bruder Basti (Mitglied seit 2007), Vater Robert (Mitglied seit 1995) und seit vergangenem Jahr auch Cousin Fritz. Komplettiert wird die Band von Florian Stark (seit 2007) und Klaus Diller, der schon seit 1989 dabei und damit nun der dienstälteste Knutschbär ist.

Auch für Diller (Keyboard, Akkordeon, Gesang) hat der Burgfestfrühschoppen einen ganz besonderen Stellenwert. "Ich war 20 oder 21 Jahre alt, als ich das erste Mal mit den Steigerwäldern in Hilpoltstein auf der Bühne war", sagt der heute 54-Jährige. "In meiner Anfangszeit ging es aber noch nicht so kultiviert zu wie heutzutage", sagt Diller. Kleine Raufereien in den ersten Reihen gehörten da genauso dazu wie der eine oder andere Besucher, der einfach auf die Bühne stürmte. "Wenn es zu heiß herging, mussten wir kurzerhand den Schneewalzer einbauen, damit sich die Gemüter wieder beruhigten. Und einmal dachten wir, die reißen uns das ganze Festzelt ab. Da haben wir dann aufgehört zu spielen und sind erst nach ein paar Minuten wieder auf die Bühne gekommen, als sich die Lage entspannt hatte", erzählt Diller. Angst hatte er trotzdem nie. Ganz im Gegenteil: "Mich hat es immer gefreut zu sehen, wie die Leute hier das Leben feiern."

Kein Wunder, dass die Steigerwälder Knutschbärn in ihrem Terminkalender den ersten Montag im August fest verankert haben. Umso größer war die Enttäuschung, als sie 2009 und 2010 nicht in Hilpoltstein engagiert wurden, weil der Festwirt etwas Neues ausprobieren wollte und eine andere Frühschoppenband buchte. Die Rückkehr 2011 fiel umso euphorischer aus. Und ein ganz ähnliches Comeback erhoffen sich die Steigerwälder Knutschbärn für den Burgfestfrühschoppen am 2. August 2021. Dem Festwirt liegt der Vertrag laut Hanft schon vor - und die mündliche Zusage steht.

HK



 

Christa BleisteinerChrista