Schrobenhausen
"Es war eine ausweglose Situation"

22.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Die für 18 000 Mark zunächst vom Kinderheim bezahlten Orientteppiche in der Stadtpfarrkirche St. Jakob erinnern noch an die Ära Mixa in Schrobenhausen. - Foto: Petry

Schrobenhausen (DK) Donnerstags ist in Schrobenhausen Wochenmarkt. Die Leute kommen nicht nur zum Einkaufen, man kennt sich, man trifft sich, man ratscht. Gestern auch. Das große Thema: Robben, der Holländer in Diensten des FC Bayern. Und natürlich Mixa.


"Lasst’s mich endlich mit dem in Ruhe", sagt ein Herr in den besten Jahren und lehnt sich im Straßencafé am Lenbachplatz gleich neben den Marktständen zurück, "ich kann’s nicht mehr hören." Manche um ihn herum nicken, andere nicht.
 
"Ich hätte ja schon gerne noch ein paar Antworten", sagt einer. So vieles stehe noch im Raum in Schrobenhausen. War es nun Untreue, im Kinderheim, oder doch nicht? Welche Rolle spielte der Stiftungsrat, der seinerzeit Mixa zur Seite gestellt war? Wie war das mit den Prüfungen der Regierung von Oberbayern als Stiftungsaufsicht?

Jetzt aber gibt es erst einmal Weißwurst am Wochenmarkt, mit Senf dazu – auch verbal. "Da gibt es schon viele Parallelen zu unserem früheren Bürgermeister", sagt einer. Er meint Josef Plöckl, der wegen Untreue 2006 nach zähem Kampf des Amtes enthoben wurde.

Ein Hörzhausener erinnert sich noch gut an eine Geschichte aus den 80er Jahren; da soll der Bischof, damals noch Stadtpfarrer in Schrobenhausen, den in die Jahre gekommenen Schwestern des St.-Felicitas-Ordens ihr Altenheim abgeschwatzt haben. In der Zeit zwischen dem Ruf nach Eichstätt und der Bischofsweihe wurde das fragwürdige Geschäft rückgängig gemacht. "Das war nicht sauber", sagt der Mann, "aber jetzt ist’s ja wurscht."

An dem sonnigen Tag, an dem das Bistum Augsburg das Rücktrittsgesuch bestätigt, weiß fast jeder in Schrobenhausen eine Mixa-Geschichte zu erzählen. "Erst gestern war einer seiner Ex-Ministranten bei mir – er hat nie etwas gehört oder beobachtet von irgendwelchen Schlägen", berichtet ein Cafébetreiber. Das ist die eine Seite. Ein dem DONAUKURIER bekannter Schrobenhausener weiß hingegen zu berichten, dass vor wenigen Tagen noch drei Ex-Ministranten persönlich beim Bischof waren, um ihm zu helfen, seine Gedächtnislücken zu schließen. Sie konnten sich sehr wohl an Watsch’n erinnern, die Mixa erst eingestanden hatte, als er mit dem Rücken zur Wand stand.

Und die Offiziellen? "Es war eine ausweglose Situation", sagt Bürgermeister Karlheinz Stephan (CSU), nach seiner Einschätzung gefragt. "Es wird für ihn ein bitterer Schritt gewesen sein; ich glaube, er war richtig." Die Zahl der Kirchenaustritte sei in Schrobenhausen in den vergangenen Tagen rapide angestiegen – allein 13, seit die Prügelvorwürfe gegen Mixa im Raum stehen.

Auch Landrat Roland Weigert wird ständig auf das Thema Mixa angesprochen, am Montag im Partnerlandkreis Saale/Orla, am Dienstag in Neuburg, am Mittwoch auf einer Landrätetagung. "Man möchte wissen, wie wir mit diesem schwierigen Prozess umgegangen sind", berichtet Weigert. Zu diesem Prozess könne er nichts sagen, das sei ein schwebendes Verfahren. Nur soviel: "Mixas Rücktritt gibt uns die Möglichkeit, das Kinderheim in Ruhe in die Zukunft zu führen – abseits des Medienrummels."

Schrobenhausens Stadtpfarrer Josef Beyrer mag sich zum Rücktrittsgesuch nicht äußern, "ich konzentriere mich im Moment ganz auf die Aufarbeitung der Situation im Kinderheim", lässt er ausrichten. "Mir tut die ganze Angelegenheit unendlich leid, ich leide mit unserer katholischen Schwesterkirche unendlich mit", sagt der evangelische Stadtpfarrer Walter Last in einer kurzen Stellungnahme.

Der Wochenmarkt im Herzen der Schrobenhausener Altstadt geht in die heiße Phase, die letzten Weißen müssen vor dem Zwölfuhrläuten weg. Bundesliga-Spielerberater Michael Koppold gönnt sich hier eine kurze Auszeit. Tags zuvor sei er in Wien gewesen, erzählt er – auch da kennt man jetzt Schrobenhausen. "Das ist doch da, wo der Bischof . . .", zitiert er einen Fußballspieler, mit dem er sich traf. "Schrobenhausen ist jetzt unfreiwillig berühmt", sagt er, "aber das legt sich wieder."