Sandizell
Es lebe die Vergangenheit

Tausende Besucher tauchen beim Mittelalterspektakel rund ums Sandizeller Wasserschloss in längst vergangene Zeiten ein

18.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:56 Uhr

Foto: Ute de Pascale

Sandizell (DK) Statt Applaus gibt es "Handgeklapper", aus der "Feldbeckerey" duftet es gar köstlich und dazwischen wandelt so manch abenteuerlich anmutende Gestalt durch den Sandizeller Wasserschlosspark - vier Tage Mittelalterspektakel mit Tausenden Besuchern liegen hinter Sandizell.

Musik und Gaukelei, uriges Lagerleben, Herrschaften, die in ihren historischen Kostümen ein klein wenig so wirken, als hätten sie sich direkt aus einem längst vergangenen Jahrhundert ins Hier und Jetzt gebeamt, und freilich Speis und Trank en masse - es ist das Rundumpaket, das den speziellen Reiz, das unnachahmliche Flair des Sandizeller Mittelalterspektakels Jahr für Jahr ausmacht. Ein Spektakel, das natürlich dort am besten funktioniert, wo die örtlichen Gegebenheiten den vergangenen Zeiten entsprechen. Einem Ort wie dem Sandizeller Wasserschloss, dem bedeutenden Profanbau im Schrobenhausener Land, in dem Herzog John Marlborough und Prinz Eugen von Savoyen anno 1704 Weltgeschichte schrieben.

Mit dem Wissen um die Sandizeller Historie im Hinterkopf wandelt es sich gleich noch ein bisschen bedächtiger durchs Mittelalterspektakel, vorbei an derben Ritters- und zünftigen Marktleuten, Landsknechten sowie all jenen, die Handwerkskunst wie anno dazumal erlebbar machen. Der im dunklen Nachthimmel flackernde Fackelschein, die fulminante Feuerjonglageshow tun ein Übriges, um bei den Gästen den Eindruck zu verstärken, sich vielleicht doch nicht unbedingt im Jahre 2017 zu befinden.

Immer dann, wenn ein besonderes Spektakel ansteht, fühlt sich das alles an wie auf einem mittelalterlichen Marktplatz: Menschen kommen zusammen, Kinder toben durch die Gegend, es wird gequatscht, gestaunt, gelacht. Da ist Lebensfreude pur mit Perla Orientica oder Reginhards Trommlern. Da sind die zauberhaften Klänge aus der Welt der Elfen und Feen von Suyana - wie hatten es die Organisatoren so schön angekündigt? "Nach Ihren Konzerten seid Ihr verwandelt, saget nicht wir hätten es Euch nicht gesagt." Ganz anders, weil wild, brachial, ungestüm, dann aber durchaus auch mal mit melancholischeren Elementen fetzen Trollfaust - längst ein Publikumsmagnet - über die Bühne im Schlosspark. Recht hat er, Albrecht, Markgraf von Brandenburg: "Wenn sie euch nicht einheizen, dann seid ihr schon tot". Im Namen aller Mitwirkenden begrüßt er sie alle, die Besucher einerseits wie auch jene, die das Mittelalterspektakel zu dem machen, was es ist: die Wikinger vom Lechtal etwa, der Adel und die Landgrafen oder die "Quotenkelten". Und er brüllt: "Esst und sauft und staunt!"

Das muss er den Leuten nicht zweimal sagen. Wer des Wandelns nämlich überdrüssig ist, lässt sich bei Schupfnudeln, Knoblauchbrot, süßem Backwerk oder Steckerlfisch unter den prächtigen, jahrhundertealten Bäumen im Schlosspark nieder, genießt das Gewusel um sich herum und lässt den Herrgott einen guten Mann sein. Schließlich könnte auch das Wetter nicht perfekter sein. Ganz besonders fröhlich geht es rund um die Met-Amensis-Taverne zu - je später der Abend umso mehr. Doch es steht noch so viel mehr auf dem Programm: Gesang, Percussion und Gaukelei von Fatzwerk oder Minniglich-Humoriges von Minnepack. Und wie genau das seinerzeit mit so einer Ritterrüstung samt der dazugehörigen Waffen gehandhabt wurde, wie Specksteinschnitzen funktioniert oder wie so eine Feldschlacht ablief - mit Vorführungen wie diesen wird Geschichte lebendig. Und weil die unendliche Welt der Imagination und Träumereien immer schon ein wichtiger Pfeiler im Leben der Menschen war, nimmt das Kasperltheater seine kleinen Besucher mit auf eine Reise zu mittelalterlichen Märchen oder zeigt Leroys Gauklerschule ihre Künste. Seine eigenen Kräfte ausprobieren, das wiederum ist bei Bogenturnier und Axtwurf möglich.

"Es hat eine Zeit gedauert, bis wir die Jungs und Mädels aufgegabelt haben", sagt der, der sich Emanuel von Rossenheim nennt, und der jenen, "die immer ihre Hausaufgaben machen, ihre Zimmer aufräumen und denen Handys absolut fremd sind" feierlichst den Kinderritterschlag erteilt.

"Feilschen Sie - die feilschen zurück", brüllt Albrecht, Markgraf von Brandenburg den Besuchern im Schlosspark zu. Keine schlechte Idee. Denn wer sich bei einem der Händler mit kleinem Krimskrams oder einem historischen Kostüm, mit Pfeil und Bogen oder Deftigem für den Gaumen eindeckt, der schafft es vielleicht sogar, sich damit ein kleines Stückchen Mittelalter mit in den Alltag zu retten.