Karlshuld
"Es ist zwei Minuten vor Zwölf"

Das Donaumoos schwindet immer schneller - SPD-Kreisverband diskutiert mit Landtagsabgeordnetem Florian von Brunn

31.07.2018 | Stand 23.09.2023, 4:16 Uhr
Rainer Hamp
Sie wollen das Donaumoos schützen (v.l.): Günter Krell (BN-Kreisvorsitzender), Anton Krammer (SPD-Kreisrat), Karoline Schwärzli-Bühler, (SPD-Bezirkstagskandidatin, Ingolstadt), Andreas Fischer (SPD-Landtagskandidat), Heinz Schafferhans (SPD-Bezirkstagskandidat, Neuburg), Florian von Brunn (SPD-Landtagsabgeordneter) und Werner Widuckel (Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion). −Foto: SPD-Kreisverband

Karlshuld (SZ) Dass das Thema Donaumoos-Sackung vielen Leuten auf den Nägeln brennt, bewies eine Diskussionsrunde in Karlshuld, zu der trotz Hitze an die 40 Leute kamen. Eingeladen hatte der SPD-Kreisverband Neuburg-Schrobenhausen auch den Landtagsabgeordneten Florian von Brunn.

Nach der Begrüßung durch den SPD-Kreisvorsitzenden Werner Widuckel stellte Florian von Brunn, der auch Vorsitzender des Arbeitskreises Umwelt und Verbraucherschutz der Landtags-SPD ist, die dramatische Situation dar. Wegen Umweltzerstörung und Klimawandel gebe es weltweit dreimal mehr Flüchtlinge als wegen Kriegen, so Florian von Brunn. Und obwohl auch in Bayern die Auswirkungen immer drastischer zutage treten würden, stagniere seit zehn Jahren bei der Staatsregierung die Arbeit am Klimaschutz.

Die Moore in Bayern machten nur vier Prozent der Fläche aus, sie binden aber genauso viel CO² wie die Wälder mit 30 Prozent Flächenanteil. Noch drastischer: Moore bedeckten weltweit nur drei Prozent des Landes, doch stecke in ihnen etwa doppelt so viel CO² wie in allen Wäldern der Erde. Werden sie entwässert, zerfalle der Moorkörper und das Gas entweiche in die Luft. Doch anstatt die Moore zu schützen und wieder maßvoll zu bewässern, bekämen zum Beispiel Landwirte von der EU 300 Millionen Euro Subventionen, wenn sie Moorwiesen in Ackerland umwandelten - was aber Umweltschäden von etwa 3,6 Milliarden Euro verursache. Im Donaumoos senke sich der Boden jährlich um zwei Zentimeter und setze dabei nicht nur das über Jahrtausende gespeicherte Gas CO² frei, sondern auch Lachgas, das noch 300 mal stärker zur Erderwärmung beitrage. Zudem werde der trockene Moorboden vom Wind weggeblasen.

Ein funktionierender Moorkörper biete erhebliche wichtige Vorteile. So trage er zum Hochwasserschutz bei. Intakte Moore können bis zu 90 Prozent des Regenwassers zunächst speichern und geben es dann nach und nach wieder ab. Moore filtern Schadstoffe aus der Luft, beherbergen eine Vielfalt an Pflanzen und Tieren und wirken an heißen Tagen kühlend. Höchste Zeit daher, das Donaumoos und andere Moorkörper in Bayern mindestens zu erhalten, besser noch, sie wieder zu vernässen, meinte der Landtagsabgeordnete. Aber auch dann lasse sich der Moosboden zum Beispiel als Grünfläche oder zum Anbau von Mooskolben landwirtschaftlich nutzen.

Freilich, so Florian von Brunn, sei das Donaumoos inzwischen besiedelt und beackert. Man könne nur mit den betroffenen Menschen ein Konzept entwickeln. Dazu nötig seien drei Schritte; zunächst eine grundlegende wissenschaftliche Untersuchung der Situation und möglicher Maßnahmen, schon um Interessensverbände oder gar Lügen auszubremsen, dann müsste die Bevölkerung darüber informiert werden und drittens sollten mit den betroffenen Menschen die Maßnahmen umgesetzt werden. Vorbildlich funktioniere das inzwischen schon in Mecklenburg-Vorpommern. Notwendig seien finanzielle Anreize durch den Staat, denn Freiwilligkeit allein funktioniere nicht. "Moorschutz und Grünlandwirtschaft zu betreiben, Hecken anzupflanzen und dergleichen Naturschutzmaßnahmen mehr müssen sich für den Bauern lohnen", ist der Abgeordnete überzeugt.

Bayern verfüge über zirka 220000 Hektar Moorböden, wovon auf das Donaumoos immerhin etwa sechs Prozent entfallen, nämlich 12000 Hektar. Doch dies wenigstens zu erhalten fehle der bayerischen Regierung jegliches Konzept, habe er schon 2016 schockiert feststellen müssen, als von der Regierung die Antwort auf seine diesbezügliche Anfrage bekam. Die Naturschützer seien allein gelassen.

In der anschließenden ausführlichen Diskussion stellten mehrere Redner dar, wie dramatisch die Situation im Donaumoos sei. "Es ist nicht fünf vor sondern zwei Minuten vor Zwölf, ja man muss die Uhr vielleicht sogar zurückdrehen", stellte Diskussionsleiter Werner Widuckel fest. Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass im Donaumoos die Entwässerung fortschreite und die Gräben immer tiefer werden würden. Beim Projekt "Schorner Röste", wo auf spärlichen 380 Hektar der Versuch einer Wiedervernässung gestartet werden soll, seien die Bauern vehement dagegen, obwohl viele die Fakten nicht kennen würden, stellte Kreisrat Anton Krammer (SPD) fest, der auch Mitglied im Donaumoos-Zweckverband ist. Fakteninformation sei daher dringend nötig. Der Kreisvorsitzende des Bundes Naturschutz Günter Krell griff die europäischen Agrarverbände an, die sich gegen eine Änderung der EU-Richtlinien zugunsten eines Erhalts der Moore stemmten.

Vor dem Hintergrund schlug Werner Widuckel ein "Moosbündnis" aller interessierten Leute vor. Er sehe die SPD hier als Impulsgeber, lade aber alle Interessierten ein, hier mitzumachen. Spontan hatten sich schon mal sechs Leute dafür interessiert. Nach den Wahlen im Oktober sollten dann Besprechungen beginnen.
 

Rainer Hamp