Ingolstadt
Es gibt weiter Halt

28.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:12 Uhr
Mit der Schnapsflasche unterwegs: Vorglühen auf der Straße ist Teil der jugendlichen Trinkkultur, ebenso das Saufen bis zur Besinnungslosigkeit. Der Präventionsverein Condrobs bietet nach Alkoholvergiftungen Hilfe an. −Foto: Colourbox

Ingolstadt (DK) Im Fasching wird gern einmal über den Durst getrunken. Doch wenn Jugendliche saufen bis zum Umfallen, hört der Spaß auf. "Halt" heißt denn auch ein Projekt, das 2009 startete und über dessen Fortsetzung der Stadtrat im Februar entscheiden soll. Das Jugendamt befürwortet diesen Schritt.

Denn die Zahl der Jugendlichen, die mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden, ist nach aktuellen Meldungen des Gesundheitsministeriums in Bayern weiter gestiegen auf 5500 im Jahr 2009. Am Klinikum Ingolstadt sind es pro Jahr 70 bis 100 Fälle – geschätzt, denn die Daten werden nicht erhoben. Ungefähr gleich viele Jugendliche landen in der Kinderklinik Neuburg. "Da fragt man sich schon, was wir noch alles tun können", meinte SPD-Stadtrat Thomas Thöne, als es im Jugendhilfeschuss am Donnerstag um die Verlängerung des Projekts "Halt" ging.
 

Ähnlich ratlos waren die Politiker vor zwei Jahren, als es mit dem Komasaufen immer schlimmer wurde. Der Stadtrat beschloss damals, auch in Ingolstadt das Präventionsprojekt Halt (die vier Buchstaben stehen für Hart am Limit) unter der Regie des Vereins Condrobs zu starten. Es zielt darauf ab, Jugendliche über die Gefahren des Alkohols aufzuklären, sie zu einem maßvollen Umgang mit der Droge zu motivieren und Eltern in Erziehungsfragen zu unterstützen.

Die Hilfe beginnt direkt am Krankenbett: Am Klinikum Ingolstadt werden sowohl die betroffenen Kinder und Jugendlichen als auch deren Eltern aufgeklärt und weitere Hilfe angeboten. Zum Beispiel der Risikocheck: In der Gruppe lernen Jugendliche, die Gefahren von Alkoholkonsum zu erkennen und über ihr Trinkverhalten und Veränderungen nachzudenken.

Im vergangenen Jahr suchten die Condrobs-Mitarbeiter Birgit Popp und Alexander Angermann 36 Jugendliche mit Alkoholvergiftung auf, darunter sogar ein zwölfjähriges Mädchen. In den meisten Fällen handelte es sich um Buben im Alter von 15 bis 17 Jahren. Betreut werden nur Ingolstädter, denn die Landkreise halten das Hilfsangebot für nicht notwendig und beteiligen sich deshalb nicht finanziell.

Die Jugendlichen kamen aus allen gesellschaftlichen Schichten – über die Hälfte aus intakten Familien – und aus allen Schultypen. Viele gaben Frust und Langeweile als Grund fürs Komatrinken an. Der Grad der Alkoholisierung reichte bis drei Promille. Die meisten der befragten Jugendlichen hatten Hochprozentiges und Mixgetränke konsumiert, häufig auf privaten Partys.

Von den 36 Jugendlichen entschloss sich über ein Drittel, nach dem Vollrausch, am Risikocheck teilzunehmen. Vornehmlich übrigens Mädchen. Vier solcher Gruppen kamen im vergangenen Jahr zustande, häufig machten auch Freunde aus der Clique mit. "So erzeugen wir eine Dynamik, so dass die Jugendlichen sich gegenseitig kontrollieren und aufeinander aufpassen", erklärt Condrobs-Chefin Birgit Popp.

Und das ist die beste Lösung: Deshalb werden seit dem vergangenen Jahr an weiterführenden Schulen junge Tutoren zur Suchtprävention ausgebildet. Darüber hinaus haben alle Beteiligten das Jahr 2011 zum "Aktionsjahr Alkohol und Drogen" ausgerufen.