Jetzendorf
Es gibt immer was zu tun

Ruhestand? Nicht mit Hans-Joachim Lojewski: Der Jetzendorfer engagiert sich für Schüler, Auszubildende und Senioren

10.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:29 Uhr

Im „Unruhestand“: Hans-Joachim Lojewski engagiert sich auf vielfältige Weise, sei es in seiner Gemeinde Jetzendorf oder im Senioren-Experten-Sercice. - Foto: Ostermair

Jetzendorf (PK) Ein Leben lang Erfahrung sammeln, aktiv sein und dann mit 65 plötzlich in den Ruhestandsmodus verfallen? Für Hans-Joachim Lojewski ist das undenkbar. Der Rentner ist ständig in Bewegung, engagiert sich in vielfacher Hinsicht – unter anderem im und für den Senioren-Experten-Service (SES).

Mobilität hat den 73-jährigen Wahl-Jetzendorfer das Leben gelehrt. Wie viele seiner Generation musste der in Planitz bei Zwickau geborene Sachse im April 1945 aus der Heimat fliehen. Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann verschlug es ihn zunächst zur Marine, dann zum Heer. Er bildete sich stetig weiter, wurde Spezialist für Funk- und Richtfunkmechanik. „Wenn du es so weit geschafft hast, schaffst du auch das Abitur“, habe er damals gedacht, so der zweifache Vater und dreifache Opa. Und weil bei ihm der Gedanke offenbar nie weit von der Tat entfernt liegt, packte er die Sache erfolgreich per Abendschule an, studierte und absolvierte sein Diplom als Ökonom an der Uni Augsburg. Seine berufliche Laufbahn führte ihn unter anderem nach München, Salzgitter und Posen (Polen).

Seit er vor einigen Jahren in Jetzendorf in „wunderschöner Umgebung“ seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat, ist in puncto Umzüge Ruhe eingekehrt. Aber rumsitzen und nichts tun, das liegt dem rüstigen Senior absolut nicht. Die Kommunalpolitik reizte ihn, er wurde rasch zum Vorsitzenden des CSU-Ortsverbands.

Als er hört, dass zwölf junge Menschen im Schulverband nach dem Abschluss der Hauptschule keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, ist seine Reaktion klar: „Das kann ja nicht sein, da muss man was machen.“ Er versammelt Vertreter des Schulverbandes, die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden und Mitglieder der jeweiligen Gewerbeverbände an einem Tisch. Landratsamt und Agentur für Arbeit sind ebenfalls vertreten. Am Ende gelingt es, alle Schüler in weiterführende Maßnahmen zu vermitteln. Doch dabei soll es für Lojewski nicht bleiben. „Wir müssen schon den Grundschuleltern klar machen, dass ein Hauptschulabschluss nichts Schlechtes ist“, sagt er.

Und so beginnt er Menschen zu suchen, die als Beispiel für eine Karriere auf dem zweiten Bildungsweg dienen können – etwa den früheren Bürgermeister Richard Schnell. Die lädt er ein, sich vorzustellen, um sozusagen als Werbeträger für ein durchlässiges Schulsystem zu fungieren.

Gleichzeitig forciert der sportliche Mittsiebziger, der drei Mal pro Woche sein Lauftraining durchzieht und dem örtlichen TSV als Vize vorsteht, an der Hauptschule des Schulverbands die Gründung einer Schulfirma. „Damit die jungen Leute schon mal üben können, was später auf sie zukommt“, so seine Begründung. Als kaufmännischer Leiter einer großen Firma hat er Erfahrung im Umgang mit Auszubildenden gesammelt, die bringt er zusätzlich ganz persönlich ein.

Und da kommt die SES ins Spiel. Die Organisation mit Sitz in Bonn greife auf ehrenamtliche Rentner zurück, die ihre Kompetenz in verschiedensten Bereichen nutzbringend einsetzen möchten, erklärt der seit 2008 im Gemeinderat vertretene Politiker. Vor sechs Jahren hat der SES – eine der größten deutschen Ehrenamtsorganisationen für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand – zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Industrie, des Handwerks und der freien Berufe die Initiative VerA (kurz für „Verhinderung von Abbrüchen“) aufgelegt. Es handelt sich um ein Projekt, das sich an jene richtet, die in der Ausbildung auf Schwierigkeiten stoßen und mit dem Gedanken spielen, ihre Lehre abzubrechen. Auf Wunsch stellt der SES diesen Jugendlichen Profis im Ruhestand zur Seite, die auf ihre Aufgabe gezielt vorbereitet werden.

Lojewski ist einer von ihnen. Er begleitet Jugendliche auf dem Weg zum Ausbildungsabschluss, möchte aber zudem andere für die SES gewinnen, ihnen „die Scheu nehmen, sich wieder aktiv einzubringen“. In seiner Rolle als Seniorenbeauftragter der Gemeinde Jetzendorf hat sich Lojewski weitere Ziele gesetzt. „Ein wichtiges Thema ist die Mobilität“, weiß er und sorgte mit dafür, dass der wöchentliche Busfahrdienst zum Markt nach Pfaffenhofen wieder belebt wurde. Auf Platz zwei steht auf seiner Agenda die medizinische Versorgung. Schon früh habe er sich als Kreisvorsitzender der Senioren-Union für eine bessere Vergütung von Hausärzten eingesetzt, um einen Anreiz zur Ansiedlung im ländlichen Raum zu geben, betont der Kommunalpolitiker.

Und dann ist da noch das „Wohnen im Alter“ als Problembereich. Dabei hat Lojewski nicht nur neue Baukonzepte im Sinn. Ihm geht es „generell um mehr Barrierefreiheit“. Denn die ist Voraussetzung für eine Teilhabe am Leben in der Gemeinde, für die „so wichtige Kommunikation, die vor Vereinsamung schützt“. Wer die steilen Treppen zur Kirche – für viele Senioren ein wichtiger Treffpunkt – nicht mehr bewältigen könne, sei ausgeschlossen von Gemeinschaft. Wer mit Rollator oder Rollstuhl nicht die Hürden auf dem Weg ins nächste Geschäft nehmen könne, sei in der Selbstversorgung beschnitten. Bei allem, was er so angreift, setzt der ruhelose Senior, der sich auf dem Hochsitz bei der Pirsch von seinen zahlreichen Aktivitäten erholt, auf Netzwerke und einen möglichst breiten Horizont. Er organisiert Großveranstaltungen zu kontrovers diskutierten Themen und lockt dafür schon mal die zuständigen Minister als Referenten in den kleinen Ort.

Und warum das alles? „Das hält jung“, sagt der dynamische Jetzendorfer Rentner – und was noch mehr zählt: „Es macht Spaß und bereichert das Leben.“