Riedenburg
Es geht hoch her am Matznerhof

Altmühlbühne Riedenburg feiert mit der Premiere von "S'trutzige Dirndl" einen erfolgreichen Start in die 16. Saison

18.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:59 Uhr
Immer dieser Michl: Der Stallknecht (Roland Fürnrieder) sorgt im Stück "S'trutzige Dirndl" für allerlei Verwirrung. Da hagelt es nicht nur von Magd Mirl (Andrea Lauerer, links) und Hausnerin Theres (Manuela Schweiger) Schelte. Die reiche Lies (Steffi Gruber) gibt sich zunächst freundlich, offenbart aber bald ihr wahres Gesicht. −Foto: Schmied

Riedenburg (DK) Szenenapplaus, ausgelassenes Lachen und anerkennendes Staunen für die detailreiche Kulisse: Mit der Premiere des Stücks "S'trutzige Dirndl" sind die Darsteller der Altmühlbühne Riedenburg mehr als zufrieden. Die Truppe entführte ihr Publikum am Samstagabend in eine Welt voll derbem Humor und zarter Dramatik.

"I wollt, i wär im Himmel", sagt Midei (Susi Schäffer) mit einem versonnen Blick nach oben. "Und i wollt, i wär im Wirtshaus", kontert Thomas (Florian Schöberl) und lässt ein dreckiges Lachen durch die Stube auf dem Matznerhof rollen. Entgeistert, mit weit aufgerissenen Augen fallen der Großmagd beinahe Messer und Kartoffel zurück in die Schüssel, die vor ihr auf dem Tisch steht. Sie bedenkt den Schuhe putzenden Knecht mit einer vernichtenden Miene, rügenden Worten und gerade das Ende ihrer Litanei klingt wie ein donnerndes Gottesurteil: "Weida sog i nix." Ein Satz wie ein roter Faden durch die vier Akte des diesjährigen Stücks der Altmühlbühne Riedenburg. Susi Schäffer haucht ihm immer wieder neue Facetten ein - und die Zuschauer quittieren das mit herzhaftem Lachen.

Rustikal ist nicht nur das erneut liebevoll gestaltete Bühnenbild, sondern vor allem auch der Humor im oberbayerischen Volksstück aus der Feder Veri Geisenhofers. Ziemlich sicher haben die Zuschauer einige neue Schimpfwörter in ihr Repertoire aufnehmen können. Alte Kaffeemühle oder lebendige Pfeffergurke zum Beispiel. Mit ungeheurer Spielfreude agieren die Darsteller bei der Premiere auf der Bühne. Die Geschichte um den Jungbauern Ferdl (Alexander Sollinger), der nach dem Studium an den Hof seiner Eltern Pauli (Christian Hollweck) und Babett (Bettina Mansdorfer) zurückkehrt und am besten vom Fleck weg die reiche Lies (Steffi Gruber) heiraten soll, macht sowohl den Theaterleuten als auch dem Publikum Spaß.

Doch wie es oft so ist im Leben, ist die von den Eltern favorisierte Schwiegertochter so gar nicht nach dem Geschmack des Sprösslings. Ihm imponiert die resolute Magd Mirl (Andrea Lauerer), im Dorf bekannt und auf dem Hof berüchtigt als die Wildkatz - wegen ihrer charmanten Art, Bewerber abzuweisen. Die mag offenbar auch beim Ferdl nicht so recht und tritt beim Brunntaler (Kuno Mößl) in Dienst, der wiederum seine liebe Not mit seiner Hausnerin Theres (Manuela Schweiger) hat, die ihn lieber vererbungsbereit als gesund pflegen möchte. Und dann ist da ja noch der Stallbursche Michl (Roland Fürnrieder), der die ganze Geschichte mit seiner Naivität zusätzlich verkompliziert und seine Herrschaft zur Weißglut treibt. "Da werst ja bled, da herin", sagt Großbauer Pauli nicht nur einmal - und verliert mit jedem Mal mehr die Fassung.

Es wird geschimpft und gerangelt auf der Bühne, gestritten und geliebt. Und es wird gesungen: Die Wildkatz kommt nicht einfach durch die Tür, sondern Andrea Lauerer schreitet mit einem Lied auf den Lippen durch die Zuschauerreihen, bevor sie als Mirl das erste Mal die Bühne betritt. "Man ist dabei leider noch aufgeregter", sagt sie nach der geglückten Premiere und lacht erleichtert. Es sei eine totale Überwindung für sie gewesen, überhaupt zu singen, verrät sie. "Sie hätte es nicht machen müssen, es war ihre freie Entscheidung", betont Regisseurin und Bühnenkollegin Bettina Mansdorfer.

Schon bei der ersten Leseprobe habe man sich Gedanken darüber gemacht, wie man die im Stück integrierten Lieder auf der Bühne umsetzt. Denn: "Es gab ja keine Noten dazu", erinnert sich Bettina Mansdorfer. Thomas Übelacker habe dann die Musik zum Vierakter geschrieben. "Er hat es uns vorgespielt, wir haben es mit dem Handy aufgenommen und immer wieder angehört", erklärt Andrea Lauerer. Und als sie das erste Mal vor ihren Kollegen gesungen hat, war die einhellige Meinung: "Passt, des konn ma lassen." Für Annemarie Lauerer, Vorsitzende der Altmühlbühne, ist der Auftritt ihrer Tochter etwas ganz Besonderes. "Ich bin stolz auf sie. Und ich bin stolz auf meine Truppe", betont sie.

Denn spannend ist es bis zur Premiere schon gewesen: Bettina Mansdorfer trägt einen Gips am Arm, "es stand aber nie zur Debatte, dass ich nicht spiele". Aus privaten Gründen übergab Caroline Paulus ihre Rolle als Großmagd Midei an Susi Schäffer. Und am Tag der Premiere musste eine Souffleuse absagen, weil sie krank geworden ist. "Aber wir haben so tolle Leute, wir halten alle zusammen", sagt Bettina Mansdorfer und freut sich, dass auf der Bühne alles reibungslos gelaufen ist, dass die Stimmung im Publikum und zwischen den Spielern so schön war. "Das ist ein ganz tolles Gefühl."

Das bestätigt auch Susi Schäffer. Drei Wochen hatte sie Zeit, ihre Rolle zu perfektionieren. "Die Mitspieler haben mich getragen und gestärkt. Anders wäre es nicht gegangen", schwärmt sie. Ihre Rückkehr auf die Bühne sei eine totale Überraschung für sie gewesen, aber nach der Premiere auch ein wunderbares Gefühl. "Wir halten zamm in Freud und Leid" heißt es in einem Lied des Stücks. Genau so sei es, finden auch Bettina Mansdorfer und Annemarie Lauerer.

Das beherrschende Gefühl nach der Premiere ist pure Euphorie. Auch darüber, dass das Bühnenbild so gut angekommen ist. Bühnenmaler Michael Besl hat für die Außenszene in vielen Stunden Arbeit eine detailreiche Kulisse mit Anwesen und Obstgarten kreiert. Das Publikum spendet bei der Premiere anerkennenden Applaus, als der Vorhang nach oben geht und den Blick das erste Mal auf dieses Kunstwerk freigibt. Annemarie Lauerer hat in der mittlerweile 16. Saison die Seiten gewechselt, steht heuer nicht auf der Bühne, sondern sitzt im Zuschauerraum. "Es macht mich total glücklich, zu sehen, wie viel Leidenschaft und Herzblut die Truppe in das Stück steckt."

Kathrin Schmied