Oberhausen
"Es geht eigentlich viel ums Zuhören"

Merle Rabuser ist Bundesfreiwilligendienstlerin in der Gemeinde Oberhausen

10.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:58 Uhr

Oberhausen (DK) Vormittags die Gäste im Caféhaus Oberhausen bedienen, mittags dann Kinder der Grundschule betreuen und später vielleicht noch für die Nachbarschaftshilfe einer Seniorin helfen - Merle Rabuser hat gut zu tun. Sie ist Bundesfreiwilligendienstleistende bei der Gemeinde Oberhausen.

Dienstagvormittag, 10 Uhr. Die Gemeine Oberhausen liegt eher verschlafen da, niemand ist auf der Straße zu sehen. Doch wenn man das Caféhaus betritt, bemerkt man gleich ein fröhliches Stimmengewirr, mehrere Tische sind besetzt. Hinter der Theke steht Merle Rabuser und schäumt Milch für einen Cappuccino auf. Doch die Arbeit im Caféhaus macht sie nicht als Nebenjob, Rabuser ist Bundesfreiwilligendienstlerin bei der Gemeinde und das Café ist nur eine ihrer vielen Aufgaben.

Stadträtin Mini Forster-Hüttlinger, die für die junge Frau verantwortlich ist, breitet den Einsatzplan für die 18-Jährige vor sich aus. 39 Stunden muss Rabuser in der Woche anwesend sein und "ich bin dafür verantwortlich, dass sie Arbeit hat", sagt Forster-Hüttlinger. Vor sechs Jahren hat sich die Gemeinde Oberhausen um eine Bundesfreiwilligendienst-Stelle beworben. Das Programm entstand, als die Zivildienst gemeinsam mit der Wehrpflicht wegfiel. Die Gemeinde bekam zwei Stellen bewilligt, finanziert vom Bund. Seit 2011 leisteten meist männliche Freiwillige ihren Dienst, nur eine Frau war vor Merle dabei. Im Mai 2017 schrieb die Gemeinde die Stelle für September aus - "und wir brauchten lange, um jemanden zu finden", so Forster-Hüttlinger. Im August hatte dann Rabuser ihre Bewerbungsunterlagen eingereicht und schon beim Vorgespräch eine Zusage bekommen. "Merle ist ein Glücksfall", schwärmt Forster-Hüttlinger, "sie macht das ausgezeichnet und ist sehr beliebt." Und tatsächlich, viele Besucher, die in das Café kommen, nicken Merle zu, einige kommen rüber und geben ihr die Hand zur Begrüßung. Viele sind Stammgäste, einige kommen jeden Tag in das ehrenamtlich betriebene Café, das Treffpunkt für Jung und Alt sein soll.

Wieso sie sich für ein Jahr Bundesfreiwilligendienst entschieden hat? "Ich habe erst die Realschule und dann die FOS abgeschlossen. Ich war immer in der Schule, das Ziel war das Abitur. Was ich aber danach machen sollte, das wusste ich im Sommer 2017, als ich fertig wurde, noch nicht." Rabuser wollte arbeiten. Und sie kannte ihren Vorgänger, der im vergangenen Jahr der Bundesfreiwilligendienstler der Gemeinde Oberhausen war. "Ich wollte nicht ins Krankenhaus. Dass die Stelle hier vor Ort ist, hat perfekt gepasst", erklärt die junge Frau, die seit ihrer Geburt in Unterhausen lebt. Deshalb habe sie sich spontan entschieden, "quasi noch mit dem FOS-Zeugnis in der Hand".

Nun ist sie seit September in der Gemeinde unterwegs und "lernt Oberhausen von einer ganz neuen Seite kennen", wie Rabuser erklärt. Zum Beispiel sind die "Kunden" der Nachbarschaftshilfe oft die gleichen. Merle fährt sie zum Arzt, zur Bank oder zu Terminen, putzt aber auch mal Fenster oder hilft im Garten. "Dabei geht es eigentlich viel ums Zuhören", sagt Rabuser, "und es ist auch interessant, was die Menschen zu erzählen haben, die schon viel länger hier leben als ich."

Eine ganz andere Herausforderung sei es hingegen, zusammen mit den drei Angestellten der Mittagsbetreuung auf bis zu 38 Kinder gleichzeitig zu achten - "das ist schon ein ganz anderer Lärmpegel", sagt die junge Frau und schmunzelt. Dabei habe sie aber auch gelernt, sich durchzusetzen, wenn Kinder mal keine Lust auf Hausaufgaben haben. Und in den vergangenen Monaten habe sich etwas verändert: "Jetzt erkennen mich plötzlich viele auf der Straße oder im Supermarkt", erzählt die junge Frau und lacht, "Kinder rufen mir sogar zu."

Reich wird Rabuser mit ihrem Einsatz für die Menschen in der Gemeinde Oberhausen übrigens nicht: 380 Euro zahlt der Bund der jungen Frau monatlich. Das funktioniert finanziell nur, weil Rabuser noch zu Hause wohnt. "Und im Vergleich zum Schüler-Budget war das erst mal viel", sagt die 18-Jährige und zuckt mit den Schultern.

Bis Ende August ist Rabuser noch für die Gemeinde Oberhausen unterwegs. Mittlerweile bewirbt sich die junge Frau übrigens auch auf Stellen ab Herbst 2018. Was genau sie machen will, verrät sie noch nicht, nur so viel: "Dieses Jahr als Bundesfreiwilligendienstlerin macht sich gut im Lebenslauf - und ich habe in dieser Zeit viel gelernt, das ich auch in meinem späteren Job einsetzen kann." Jetzt muss sie allerdings wieder hinter den Tresen im Caféhaus - ein neuer Schwung Cappuccini wird verlangt.