München
Es geht auch ohne Zitronentücher

Weniger Müll, weniger Wasserverbrauch: Auf dem Oktoberfest liegt Nachhaltigkeit im Trend

05.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:34 Uhr
Patrik Stäbler

München (DK) Auf dem Oktoberfest fällt einiges an Müll an, aber es wird immer weniger. Das liegt unter anderem daran, dass im Stiftl-Zelt auf die bislang obligatorischen Zitronentücher zum Brathendl verzichtet wird. Zur Nachhaltigkeit trägt auch bei, wenn Wasser zweimal verwendet wird - erst bei der Reinigung der Maßkrüge und später dann in der Toilettenspülung.

Dass viel von dem, was auf dem Oktoberfest in die Masskrüge geschenkt wird, irgendwann seinen Weg in die rund 1400 Toiletten findet, beziehungsweise in die Rinne unterhalb der einen Kilometer langen Stehplätze für Männer - das ist zunächst mal nichts Besonderes, sondern einem menschlichen Bedürfnis geschuldet. Und doch ist die Verbindung zwischen Bierglas und stillem Örtchen im Falle des Festzelts "Zum Stiftl" durchaus außergewöhnlich. Denn hier fließt das Nachspülwasser aus den Masskrug-Spülmaschinen nicht etwa direkt in die Kanalisation, sondern in einen Tausend-Liter-Tank. Und von dort rauscht es weiter in die Toiletten, sobald dort ein Besucher auf die Spülung drückt.

"Wir verwenden das Wasser also zweimal", sagt Stefan Stiftl, Sohn und rechte Hand von Wiesnwirt Lorenz Stiftl aus Rockolding bei Vohburg. Dadurch spare man Geld - und Ressourcen. Ähnlich verhält es sich bei den wasserlosen Urinalen im Stiftl-Zelt und bei der Beleuchtung, die vor zwei Jahren komplett auf LED-Lampen umgestellt wurde. Überdies fließt hier ausschließlich Öko-Strom, und heuer darf sich der Betrieb sogar erstmals "klimaneutrales Festzelt" nennen, wofür man nicht nur ein Baumpflanzprojekt im Allgäu unterstützt hat, sondern auch auf die bislang obligatorischen Zitronentücher zum Brathendl verzichtet. "Die gibt es jetzt nur noch auf Nachfrage", sagt Stefan Stiftl. "Eigentlich hatten wir damit gerechnet, dass sich der eine oder andere beschwert. Aber bislang ist das kaum der Fall gewesen."

Nun gehört die Familie Stiftl zwar sicher zu den Vorreitern in Sachen Nachhaltigkeit auf der Wiesn, doch alleine ist sie damit beileibe nicht. Vielmehr kommt der ökologischen Komponente schon seit Jahren eine stetig wachsende Bedeutung zu, wofür nicht zuletzt die Stadt München als Veranstalter verantwortlich ist. Sie lässt beispielsweise bei den Bewerbungen fürs Oktoberfest "nachgewiesene Beiträge zu Ökologie und Umweltschutz" einfließen. Bonuspunkte gibt's etwa für den Besitz von Elektroautos, den Verkauf von Bio-Lebensmitteln oder die Nutzung von Ökostrom.

Die ersten Schritte der Stadt in Richtung Ressourcenschonung liegen freilich schon viele Jahre zurück. Mit der wichtigste war dabei das Verbot von Einweggeschirr im Jahr 1991. Seither habe sich die Müllmenge auf der Wiesn um 90 Prozent verringert, sagt Evi Thiermann vom städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Fielen vor dem Verbot noch rund 9000 Tonnen Müll während der Oktoberfestzeit an, so entsorge man aktuell nur mehr 860 Tonnen Restmüll. Dazu kommen 36 Tonnen Papier und Pappe, die auch auf der Wiesn getrennt gesammelt werden, sowie 114 Tonnen Glasbruch, das vor allem von zerdepperten Masskrügen stammt. Umgerechnet auf jeden Wiesnbesucher seien das rund 150 Gramm Müll pro Person, rechnet Evi Thiermann vor. Wobei dazu noch rund 450 Tonnen Speisereste kommen, die von Spezialfirmen entsorgt werden. Und zuletzt sammeln auch die Kehrmaschinen rund 200 Tonnen Kehricht auf, wenn sie des nachts ihre Runden drehen. Schließlich gibt es auf der Wiesn aus Sicherheitsgründen keine öffentlichen Mülleimer.

Neben der Abfallreduzierung bemüht sich das Oktoberfest auch ums Thema Energie. So beziehen rund 60 Prozent aller Schausteller, Marktlaufleute und Wirte Ökostrom; und neben den Stiftls setzen sieben große sowie zwei kleine Wiesnzelte auf Nachspülwasser in ihren Toiletten. Mithin gelte das Oktoberfest "in der ganzen Welt als Vorbild für umweltschonend organisierte Großveranstaltungen", heißt es vonseiten der Stadt. Und dennoch sind die Verbrauchszahlen, nicht nur beim Müll, weiterhin gewaltig. So fließt durch das 43 Kilometer lange Kabelnetz auf der Festwiese eine Strommenge von rund 2,7 Millionen Kilowattstunden während der Wiesnzeit. Zum Vergleich: Damit könnten 1100 Haushalte ein ganzes Jahr lang versorgt werden. Im Weiteren werden rund 100 Millionen Liter Wasser sowie 200000 Kubikmeter Erdgas verbraucht - Letzteres würde 85 Einfamilienhäusern ein Jahr lang zum Heizen und fürs Warmwasser reichen.

Es gibt also durchaus noch Einsparpotenziale auf dem Oktoberfest. Wobei Stefan Stiftl überzeugt ist, dass der Trend zur Nachhaltigkeit anhalten wird: "Sobald die Technologien da sind, wird das auch zum Einsatz kommen." Schließlich schütze man damit nicht nur die Umwelt, sondern oft auch den Geldbeutel. "Man spart Kosten, weil man weniger braucht", sagt Stefan Stiftl. "Und für die Umwelt tut man auch etwas."

Patrik Stäbler